„Wenn es hier gelingt, gelingt es überall“ – Interdisziplinäres EU-Projekt „Energysystems in Transition“
Jaqueline de Godoy stammt aus Brasilien und schreibt ihre Doktorarbeit über die Nordsee. Sie ist eine von 15 Doktorandinnen und Doktoranden aus insgesamt elf Ländern, die in dem interdisziplinären Projekt „Energy Systems in Transition (ENSYSTRA)“ untersuchen, wie die Energiewende in der Nordsee gelingen könnte. „Dieses Projekt wird Nordeuropa verändern“, ist die junge Umweltingenieurin überzeugt, die an der Universität Aalborg arbeitet. Die erste Septemberwoche hat sie mit Kollegen aus der ganzen Welt in Deutschland verbracht – bei der ersten „Summer School“ des ENSYSTRA-Projekts an der Europa-Universität Flensburg.
Die Nordsee ist von enormer Bedeutung für das europäische Energiesystem
„Um den Klimawandel zu bekämpfen, müssen wir dringend unser Energiesystem transformieren“, sagt Olav Hohmeyer, Professor für Energie- und Ressourcenwirtschaft an der Europa-Universität Flensburg. „Das ENSYSTRA-Projekt gibt uns die Möglichkeit, uns innerhalb der Europäischen Union auf die besondere Region der Nordsee zu konzentrieren, die von enormer Bedeutung für das europäische Energiesystem war und künftig sein wird. Sie war ein Knotenpunkt der Öl- und Gasförderung und kann in der Zukunft ein Knotenpunkt nachhaltiger Energiesysteme werden – etwa durch den massiven Ausbau der Offshore-Windtechnologie, durch neue Strom-Übertragungsleitungen zwischen den Anrainerstaaten und durch die Umnutzung vorhandener Infrastruktur.“
Der Weltenergierat hat der Nordsee als Infrastrukturplattform bereits 2017 enormes Potenzial für die Energiewende im Nordwesten Europas zugesprochen und schätzt, dass Einsparungen von Treibhausgasemissionen über 5.500 Megatonnen und eine nachhaltige Wertschöpfung von über 100 Milliarden Euro möglich wären.
Das wäre eine große Sache für die ganze Welt
„Das ist der Grund, warum wir Doktoranden aus Ländern wie Brasilien, Indien, Chile oder Kolumbien uns für die Nordsee interessieren“, sagt Abhinav Bhaskar aus Indien, der an der Universität Stavanger in Norwegen zu energieeffizienter Produktion und Abwärmenutzung forscht. „Wenn es hier ökonomisch erfolgreich gelingt, nachhaltige Energiesysteme zu implementieren, dann bedeutet das, dass das überall gelingen kann. Das wäre eine große Sache für die ganze Welt.“
Ein integrierter und umfassender Ansatz – interdisziplinär und international
Das ENSYSTRA-Projekt ist interdisziplinär angelegt – der Ausstieg aus den fossilen und der Umstieg auf Erneuerbare Energien wird auf keinen Fall allein durch technologischen Fortschritt entschieden, sagt André Faaij, Direktor der niederländischen Energie Akademie Europa und Professor für die Analyse von Energiesystemen an der Universität Groningen. „Um die Energiewende durchzusetzen, brauchen wir einen integrierten und umfassenden Ansatz, der zwingend interdisziplinär und international sein muss. Gute wissenschaftliche Arbeit und eine offene und kritische Debatte bilden die Basis für notwendige neue politische Instrumente.“
Vier Millionen Euro für sechs Universitäten aus Nordseeanrainer-Staaten
In dem Projekt ENSYSTRA arbeiten 15 Doktoranden aus den Bereichen Anthropologie, Chemie, Ökonomie, Ingenieurswissenschaften, Geographie, Rechtswissenschaften und Umweltwissenschaften, Soziologie und Politikwissenschaften gemeinsam an diesem integrierten Ansatz in der Energiewende. Die Forschung in ENSYSTRA basiert auf den Prinzipien von „open science and –knowledge“, denn das Projekt möchte dazu beitragen, die Arbeiten der Energiewissenschaften besser zugänglich zu machen.
Partner im Projekt sind Universitäten von sechs Nordsee-Anrainerstaaten: Die Rijksuniversiteit Groningen in den Niederlanden, die Aalborg Universitet in Dänemark, die University of Edinburgh in Schottland, die Universitet Stavanger in Norwegen, Chalmers Tekniska Hoegskola AB in Schweden und die Europa-Universität Flensburg in Deutschland.
Finanziert wird das vierjährige Projekt durch die Marie-Sk?odowska-Curie-Förderung (MSCA) der Europäischen Kommission. Es hat ein Budget von insgesamt 4 Mio. €, davon entfallen 450.000 € auf die Europa-Universität Flensburg. Die EUF untersucht im Rahmen des Projekts Szenarien zur Kopplung des Strom-, Wärme- und Transportsektors für ein 100% Erneuerbares Energiesystem der EU-28.
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