Antwort aus dem BMWi auf grüne Anfrage
Die Zahlen sind kaum misszuverstehen: Der Onshore-Windkraft-Zubau wird einbrechen – von 5.300 MW 2017 auf schätzungsweise 3.000 bis 3.500 in diesem und 1.500 bis 2.000 MW 2019 – ein Rückgang um rund zwei Drittel. Die Zahlen stammen aus einer jüngst veröffentlichten Antwort der Bundesregierung (von Wirtschaftsstaatssekretärin Claudia Dörr-Voß) auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag (Nr. 19/4013 „Bedrohte Arbeitsplätze in der deutschen Windindustrie“).
Mehr als 160.000 Personen waren 2016 in der deutschen Windenergie-Industrie beschäftigt – etwa 75 Prozent mehr als 2008, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Der weitaus größere Teil (132.975) davon arbeitete in der Onshore-Windenergie. Neuere Zahlen lägen noch nicht vor. Inwieweit Arbeitsplätze „durch Entscheidungen einzelner Unternehmen gefährdet“ seien, kann die Bundesregierung nicht einschätzen. Indes verweist sie bei der Frage nach Stabilisierungsmaßnahmen für die Branche auf geplante Sonderausschreibungen, zusätzliche Beiträge von Offshore-Windenergie und eine geplante Erhöhung der Anteile von Erneuerbaren Energien im Strombereich auf 65 Prozent bis zum Jahr 2030.
Wie die Bundesregierung dennoch einräumt, könne der Einbruch aber noch massiver ausfallen: Denn von den 2.800 MW Onshore, welche die Ausschreibungen für 2019 gewannen, seien etwa 90 Prozent an angebliche Bürgerenergieprojekte gegangen, die „eine Realisierungsfrist von 54 Monaten haben und deshalb vermutlich erst in den Jahren 2020/2021 in Betrieb genommen werden“.
[note Wallstreet-Online nennt Zahlen: „Doch erst einmal leiden die deutschen Hersteller unter der heimischen Flaute im boomenden Weltmarkt. Firmen wie Senvion und Nordex , Enercon oder Siemens Gamesa haben mit sinkenden Umsätzen zu kämpfen und Mitarbeiter entlassen. Nach Angaben der IG Metall Küste sind seit dem Beginn des vergangenen Jahres mindestens 2000 Arbeitsplätze in der Branche in Norddeutschland verloren gegangen. Dazu kommen viele Jobs in den Zulieferindustrien. „]
Auf die Antwort der Bundesregierung erklärt Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen: „Die Bundesregierung rechnet damit, dass der Ausbau der Windenergie an Land im kommenden Jahr gegenüber 2017 auf ein Drittel einbricht. Deutschlandweit erwartet die Regierung nur noch neue Windenergieanlagen mit einer Leistung von 1.500 bis 2.000 Megawatt. Auch 2020 wird der Windenergieausbau deutlich unter dem Niveau der vergangenen Jahre bleiben. Mit dem bevorstehenden Einbruch bei der Windenergie werden nicht nur Klimaschutz und Energiewende massiv ausgebremst. Es drohen auch umfangreiche Kündigungen bei Herstellern und Zulieferern der High-Tech-Branche Windenergie.
Besonders drastisch werden die Auswirkungen in Niedersachsen sein. Hier sind nach Angaben der Regierung mit 36.600 Beschäftigen bundesweit die meisten Arbeitsplätze in Windbranche und Zulieferunternehmen vorhanden. Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Althusmann müssen jetzt den Druck auf den Bundeswirtschaftsminister erhöhen und ihn zu einer Kurskorrektur in der Energiepolitik drängen. Altmaier muss endlich einen stetigen und klimagerechten Ausbaupfad für die Erneuerbare Energien vorlegen. Die Beschäftigten dieser Zukunftsbranche brauchen eine verlässliche Perspektive. Altmaier verfehlt seine Aufgabe, wenn er stattdessen wie bei der Kohle krampfhaft an alten, klimaschädlichen Strukturen festhält.“
[note Unter der kalauernden Überschrift „Vom Winde verschmäht“ stellte Notker Blechner auf ARD-Börse am 25.09.2018 trocken fest: „Flaute herrscht auf dem deutschen Markt. Erst war es das unbeliebte neue Auktionsverfahren, das den großen deutschen Windanlagenbauern das Geschäft vermasselte. Dann sorgte der internationale Handelskonflikt mit den USA für Verunsicherung. Und nun bremste auch noch das Wetter die Windstromproduktion. Wegen des wochenlang stabilen Hochdruckgebiets über Nordeuropa drehten sich die Windräder kaum noch, zeitweise standen sie sogar still. Im Juli produzierten die 30.000 Windräder, die in Deutschland installiert sind, 20 Prozent weniger Strom als im Vorjahresmonat. Der Hitzesommer hat die Krise in der deutschen Windenergie-Branche weiter verschärft. Denn von der Politik kommt Gegenwind. Die Bundesregierung hat das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) reformiert und die Vergütungen drastisch gesenkt. Durch das Auktionssystem bei den Ausschreibungen für neue Anlagen sind die Preise für Windenergie eingebrochen.“]
Folgt: Dokumentation: Die Anfrage samt Antworten in Ausschnitten