Kraftstoff aus Abwasser

Neuartiges Verfahren: Plasmalyse

Das Berliner Technologie-Unternehmen Graforce Hydro GmbH präsentierte am 17.10.2018 in Berlin ein nach eigenen Angaben „einzigartiges Verfahren“: Der Plasmalyse genannte Prozess erzeuge ressourcenschonend und mit hohem Wirkungsgrad Wasserstoff. Mit Biogas gemischt, entsteht einer Medienmitteilung zufolge E-Gas, ein kostengünstiger, umweltfreundlicher Kraftstoff für Fahrzeuge sowie Brennstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung.

Mit außergewöhnlich niedrigen Wasserstoff-Herstellungskosten, der Verwendung verschiedenster Abwässer und deutlich reduzierten Emissionen leistet die Plasmalyse einen wesentlichen Beitrag für die Verkehrswende. Graforce kooperiere mit den Berliner Wasserbetrieben, die das zur Energiegewinnung nötige Abwasser zur Verfügung stellen. Weiterer Partner sei die Audi Industriegas GmbH: Das Unternehmen prüfe, ob die Plasmalyse-Technologie am Standort Werlte nutzbringend eingesetzt werden kann, um Wasserstoffausbeute und  Gesamteffizienz zu erhöhen.

„Die Klimaziele bis 2020 werden deutlich verfehlt. Es ist also höchste Zeit, alle Chancen zu ergreifen, die zu einer Reduktion von Schadstoffemissionen führen“, erklärt Graforce-Gründer Jens Hanke. „Sich auf eine einzige Technologie wie derzeit den Elektroantrieb zu fokussieren, ist dabei nicht zielführend. Es bedarf der Vielfalt und eines gesunden Wettbewerbs innovativer Ansätze, um eine erfolgreiche Verkehrswende herbeizuführen. E-Gas kann hierzu einen maßgeblichen Beitrag leisten.“

Klimaneutrale Kraftstofferzeugung möglich

Bereits seit 2010 arbeitet Graforce an der Zukunft der Energieversorgung: In der Demonstrationsanlage im Technologiepark Berlin-Adlershof stellt man  im selbst entwickelten Plasmalyse-Verfahren Wasserstoff her. Dabei wird Schmutzwasser, das beispielsweise bei Produktionsprozessen in Biogas-, Klär- oder Industrieanlagen anfällt, wie bei der Elektrolyse mit Hilfe von elektrischem Strom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Anschließend wird der so gewonnene Wasserstoff mit Biogas gemischt, und es entsteht E-Gas, das als Kraftstoff in Erdgasfahrzeugen sowie als Brennstoff in Blockheiz- und Gaskraftwerken eingesetzt werden kann.

Da für das Verfahren regenerativer Strom genutzt wird, ist die Wasserstoff-Herstellung vollständig klimaneutral und schadstofffrei, ebenso wie die anschließende Verwendung des Wasserstoffs. So reduziert das Verfahren die Schadstoffemissionen der Fahrzeuge (CO2, CO, HC) um 30 bis 60 Prozent. Der Stickoxid-Ausstoß sinkt ebenfalls bis 60 Prozent. Auch entsteht während des Verfahrens kein schädliches Abfallprodukt, sondern wiederum nur gereinigtes Wasser und Sauerstoff. Während die Kosten für die Wasserstoff-Herstellung in herkömmlichen Verfahren bei sechs bis acht Euro pro Kilogramm Wasserstoff liegen, sind mit dem Plasmalyzer lediglich drei Euro (Basis: 0,08 Euro Stromkosten pro kWh).

Berliner Wasserbetriebe heben Umweltschutz-Potenziale

Die Berliner Wasserbetriebe stellen Graforce als Kooperationspartner Zentrat- und Brüdenwasser (aus der Abwasserbehandlung) zur Verfügung, um die darin enthaltenen chemischen Bestandteile zur Kraft- und Brennstoffgewinnung zu nutzen. Aufgrund der vielversprechenden Vorversuche ist eine Pilotanlage auf einem Berliner Klärwerk geplant. Dort soll der aus den Abwässern gewonnene Kraftstoff unter anderem von der eigenen Fahrzeugflotte genutzt werden. Während der kommunale Bereich bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen verstärkt auf Elektroantriebe setzt, gibt es – außer den noch in Entwicklung befindlichen synthetischen Kraftstoffen – für größere Fahrzeuge bislang keine Alternative zu herkömmlichen Kraftstoffen. Die Berliner Wasserbetriebe prüfen, ob diese Lücke künftig mit umgerüsteten Großfahrzeugen und selbst erzeugtem E-Gas geschlossen werden kann. Außerdem soll untersucht werden, ob sich das E-Gas auch als Brennstoff für die betriebseigenen Blockheizkraftwerke zur Emissionsreduktion eignet. „Im Rahmen der vielfältigen Aktivitäten der Berliner Wasserbetriebe ist die Umwandlung der in den Abwässern enthaltenen Schadstoffe in Kraft- und Brennstoff und die gleichzeitige Reinigung eine Chance für uns“, kommentiert Jörg Simon, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe, „weil sie eine Lösung für die hochkonzentrierten und schwer behandelbaren Prozesswässer bei der Abwasserreinigung bieten kann.“

Audi prüft Abwassernutzung von Methanproduktion bei E-Fuels

Auch Audi setzt seit Jahren auf alternative, synthetische Kraftstoffe (E-Fuels, E-Gas, E-Diesel). Eine der größten Herausforderungen bei der E-Gas-Produktion ist das in Bio-Gas-Anlagen anfallende Abwasser. Während dieses bislang zur Düngung in der Landwirtschaft verwendet wurde, muss das Abwasser aufgrund einer EU-Verordnung zukünftig teuer gereinigt oder entsorgt werden. Durch die Integration der Plasmalyse-Technologie von Graforce in Audis E-Gas-Anlagen wird das anfallende Schmutzwasser zur Herstellung von Wasserstoff genutzt und gleichzeitig gereinigt. Auf diese Weise könnten die Anlagen von Audi künftig effizienter eingesetzt werden. „Für eine klimaschonende, emissionsarme Mobilität erforschen wir im Rahmen unserer E-Fuels-Strategie unterschiedliche Antriebsarten und Kraftstoffe“, erklärt Hermann Pengg, Leiter Projektmanagement erneuerbare Kraftstoffe bei Audi und Geschäftsführer der Audi Industriegas GmbH. „Die Plasmalyse von Graforce ist ein wichtiger Beitrag für die Herstellung von emissionsarmem Kraftstoff und kann gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit und Effizienz von Biogas- und Power-to-Gas-Anlagen erhöhen.“

Hintergrund: Funktionsweise Plasmalyse

Die Abwässer aus Klärwerken, Biogas- oder Industrieanlagen enthalten einen hohen Anteil an Stickstoffverbindungen. Durch den Plasmaprozess wird das Wasser (H2O) sowie darin enthaltene Stickstoffverbindungen (Harnstoff, Aminosäuren, Nitrate und Ammonium) in einzelne N-, H- und O-Atome aufgespalten. Diese verbinden sich anschließend neu. Das nun gereinigte Wasser kann wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt werden, während Wasser-, Sauer- und Stickstoff in eine Gasmembran geleitet und dort sortiert werden. Stick- und Sauerstoff entweichen in die Luft, der verbleibende Wasserstoff wird in einen Tank gefüllt. Anschließend wird der Wasserstoff mit Biogas gemischt. Das dabei entstehende Endprodukt ist E-Gas: ein umweltfreundlicher Kraft- und Brennstoff mit hohem Wirkungsgrad, der in handelsüblichen Erdgasfahrzeugen der neuesten Generation sowie in Kraftwerken zur Strom- und Wärmegewinnung zum Einsatz kommen kann.

Graforce in Berlin-Adlershof arbeitet seit 2010 an der Zukunft der Energieversorgung. Die Plasmalyse-Technologie von Graforce ist in der Lage, umweltschädliche Emissionen zu vermeiden und innerhalb der Energiewirtschaft einen auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Kreislauf „Wasser – Wasserstoff – Wasser“ zu realisieren. Das Unternehmen liefert damit eine zentrale Schlüsselkomponente für die erfolgreiche Einführung von Energiespeicher- und Brennstoffzellen-Technologien.

->Quelle: graforce.de/news