Autobauer machen immer noch falsche Verbrauchsangaben

Unterschied zwischen offiziellem und realem Kraftstoffverbrauch für neue Pkw in Europa stagniert erstmals

Neue Pkw liegt verbrauchen heute durchschnittlich 39 Prozent mehr Benzin oder Diesel, als ihre Hersteller als Testverbrauch angeben. Kaum zu glauben: Aber das ist geringfügig weniger als 2016. Zu diesem Ergebnis gelangte eine am 10.01.2018 in Berlin vorgestellte Studie der unabhängigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT).

Aral-Zapfsäule in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Zum ersten Mal, seit wir 2012 mit unserer jährlichen Auswertung der Kraftstoffverbrauchsdaten begannen, stellen wir einen leichten Rückgang der Kluft zwischen offiziellem und tatsächlichen Verbrauch fest,“ sagte ICCT-Forscher Uwe Tietge, einer der Autoren der Studie. „Zuvor stieg die Abweichung von Jahr zu Jahr an.“

Der neue Bericht des ICCT basiert auf einer statistischen Auswertung von Daten für mehr als 1,3 Millionen Fahrzeuge in acht europäischen Ländern aus 15 unterschiedlichen Quellen: der Webseiten Spritmonitor.de (Deutschland), honestjohn.co.uk (Großbritannien) und Fiches-Auto.fr (Frankreich), Leasingfirmen wie LeasePlan (Deutschland), Travelcard (Niederlande), Cleaner Car Contracts (Niederlande und Belgien) und Allstar (Großbritannien), Automagazinen wie AUTO BILD (Deutschland), auto motor sport (Deutschland und Schweden), km77.com (Spanien), des Testinstituts Emissions Analytics (Großbritannien), Messdaten des Fahrzeugclubs TCS (Schweiz), sowie der Umfrage Mobilitätspanel (Deutschland).

Auf dem Papier doppelt soviel CO2 eingespart wie 2001 tatsächlich

Trotz des jüngsten leichten Rückgangs liegt die Abweichung zwischen offiziellem und tatsächlichem Verbrauch heute mehr als viermal so hoch wie 2001. Die Mehrausgaben für Sprit betragen für einen durchschnittlichen Autofahrer rund 400 Euro pro Jahr. Da Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen eines Fahrzeugs direkt zusammenhängen, wurden somit auch nur in etwa die Hälfte der auf dem Papier erbrachten CO2-Reduktionen seit dem Jahr 2001 tatsächlich verwirklicht.

Der Kraftstoffverbrauch von Pkw wird unter einheitlichen Bedingungen in Testlabors ermittelt. Seit September 2018 gilt für alle neuen Fahrzeuge ein neues Testverfahren, der Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure (WLTP) (siehe: solarify.eu/wltp-bringt-verlaesslichere-co2-pruefwerte). Die ICCT-Forscher vermuten, dass das verstärkte öffentlichen Interesse an den realen Emissionen von Fahrzeugen in der Folge des Dieselgate-Skandals zu dem beobachteten leichten Rückgang der Abweichung geführt haben könnte. „Ein Grund könnte jedoch auch sein, dass die Hersteller ihre jeweiligen CO2-Zielwerte des Jahres 2015 erfüllt haben und derzeit nur wenig Druck von Seiten des Gesetzgebers verspüren, ihre CO2-Werte weiter zu drücken, da der nächste Zielwert erst ab 2020 gilt,“ sagte ICCT-Europa-Geschäftsführer Peter Mock.

EU-Reduktionsziele

Ende Dezember 2018 einigten sich Europäische Kommission, EU-Parlament und -Mitgliedsstaaten auf verbindliche CO2-Werte von Neufahrzeugen für 2025 und 2030. Als Teil der Vereinbarung müssen die CO2-Emissionen neuer Pkw zwischen 2021 und 2030 um 37,5 Prozent sinken. „Der Gesetzgeber hat aus früheren Fehlern gelernt“, kommentierte Mock, und verwies auf einen Passus der neuen Regelung, wonach die Hersteller ab 2021 verpflichtet werden, den realen Kraftstoffverbrauch sowie die realen CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge mittels Verbrauchsmessgeräten zu protokollieren. „Nun ist es wichtig, dass diese Daten des realen Alltagsbetriebs sowohl Verbrauchern als auch Wissenschaftlern transparent zugänglich gemacht werden,“ forderte Mock. „Zudem sollte die EU-Kommission möglichst bald eine Methode entwickeln, um Hersteller, die sich durch unrealistisch niedrige Angaben zum Verbrauch einen Vorteil verschaffen wollen, zu bestrafen. Nur so kann es gelingen, die Abweichung zwischen offiziellen und realen Werten in den kommenden Jahren endlich wieder deutlich abzusenken.“

Folgt: Aus dem Vorwort der ICCT-Untersuchung: Forderungen