EU-Spitzen wollen Klimastrategie bis „Anfang 2020“ fertigstellen
Die Gespräche über eine europäische Klimastrategie bis 2050 sollten bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein, damit der Plan Anfang 2020 endgültig verabschiedet werden kann. So steht es im Entwurf der Schlussfolgerungen für den EU-Gipfel, der Ende kommender Woche in Brüssel stattfindet. Die Staats- und Regierungschefs der EU werden dem kommenden finnischen EU-Vorsitz auf dem Gipfel in der nächsten Woche ein Mandat erteilen, die Gespräche über einen ehrgeizigen Plan zur CO2-Neutralität des Blocks bis 2050 voranzutreiben. In dem von Sam Morgan am 13.06.2019 für EURACTIV eingesehenen Entwurf der Schlussfolgerungen werden die 28 nationalen Regierungen der EU und die Europäische Kommission ersucht, „die Arbeit an den Bedingungen, den Anreizen und dem Rahmen, der geschaffen werden kann, um den fairen Übergang zu einer klimaneutralen EU zu unterstützen, voranzutreiben“.
Weiter heißt es dort: „Der Europäische Rat wird seine Leitlinien vor Ende dieses Jahres fertigstellen; mit dem Ziel einer folgenden Annahme der langfristigen Strategie der EU Anfang 2020.“
Das Datum „Anfang 2020“ sei allerdings keine feste Frist für die EU-Mitgliedstaaten, um eine Einigung zu erzielen, betonte ein EU-Beamter gegenüber EURACTIV. Stattdessen solle eher Druck erzeugt werden, um bereits Dynamik für den wichtigen, letzten Gipfel im Dezember zu schaffen.
Timing ist alles
Gemäß dem Pariser Klimaabkommen muss die EU den Vereinten Nationen „bis 2020“ einen langfristigen Klimaplan vorlegen – was im Prinzip bedeutet, dass der Block bis Dezember 2020 Zeit hätte, um eine Einigung zu erzielen.
Sollte eine Einigung über die Strategie, die die Europäische Kommission im November 2018 erstmals vorgestellt hatte, tatsächlich so lange dauern, wäre dies allerdings ein herber Rückschlag für die Ambitionen der EU als „Klimaführer“.
Japan gehört indes zu den großen Weltmächten, die im September auf einem UN-Gipfel definitiv mit neuen Verpflichtungen aufwarten können: Am Dienstag einigte sich die Regierung in Tokio auf den Plan, bis Mitte des Jahrhunderts die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt CO2-neutral zu machen.
Der Gipfel in Brüssel kommende Woche scheint die letzte Gelegenheit für die EU zu sein, mit einem endgültigen Plan im Gepäck zum UN-Treffen zu reisen. Dass eine Einigung erreicht wird, gilt angesichts der bereits übervollen Tagesordnung – es soll vor allem um die künftigen Top-Jobs in der EU gehen – als eher unwahrscheinlich.
Klimaaktivisten interpretieren dies als Verschleppungstaktik. Der Gipfel kommende Woche sei die „letzte Chance für die Regierungen, zu zeigen, dass sie bereit sind, ihre Ambitionen zu steigern“, erinnert Sebastian Mang von Greenpeace. „Bis 2020 zu warten, wäre eine unverantwortliche Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse,“ sagte er gegenüber EURACTIV.
Mit leeren Händen in New York?
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte die Staats- und Regierungschefs aufgefordert, zum Treffen im September mit „konkreten, realistischen Plänen“ zur Verstärkung ihrer Bemühungen bei der Emissionsreduzierung anzureisen.
Die Regierungen wurden aufgefordert, entweder ihre langfristigen Pläne vollständig vorzulegen oder zumindest zu zeigen, dass sie für eine Veröffentlichung im Jahr 2020 bereit sind. Derzeit sieht es also so aus, dass die EU nur letzteres vorweisen kann.
Ein Punkt, den Brüssel in dieser Hinsicht unterstreichen könnte, ist die Frage der Finanzierung des Energiewendeprozesses – auf globaler sowie auf EU-Ebene. In dem Entwurf der Schlussfolgerungen heißt es, dass sich die Union weiterhin für einen „rechtzeitigen, gut geführten und erfolgreichen Wiederauffüllungsprozess des Grünen Klimafonds“ einsetzt, um die Entwicklungsländer zu unterstützen.
Die Verschiebung der Einigung über den EU-Klimaplan auf Anfang 2020 könnte dann auch dazu führen, dass diese Gespräche mit den laufenden Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) für 2021-2027 zusammenfallen und entsprechend in Einklang gebracht werden können.
Der politische Streit um den Haushalt wird wohl bis Dezember andauern, obwohl EU-Quellen bereits andeuteten, die Kommission dränge auf einen Sondergipfel im September, um die Dinge voranzubringen.
Das geplante Abkommen, laut dem künftig mindestens 25 Prozent des EU-Budgets für Klimamaßnahmen aufgewendet werden sollen, könnte derweil beim UN-Gipfel als „starkes Signal“ verkauft werden, sollte es noch keine komplette EU-Strategie geben. Ein EU-Beamter betonte gegenüber EURACTIV jedoch: „Die Idee ist nicht, sich die Klimaneutralität lediglich zu erkaufen.“
Das ist die Lage
Die Liste der EU-Länder, die sich aktuell ausdrücklich für die Unterzeichnung der EU-Klimastrategie 2050 aussprechen, umfasst zwölf Staaten, auch wenn diese sich in ihrer Unterstützung nach außen hin unterscheiden. Im Mai unterzeichneten beispielsweise Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande, Portugal und Spanien einen gemeinsamen Appell, der ein Netto-Null-Ziel für CO2-Emissionen bis 2050 ausdrücklich unterstützt.
Die neue finnische Regierung hat kürzlich angekündigt, man wolle sogar bis 2035 klimaneutral sein, während Theresa Mays letzter wichtiger Schritt als britische Premierministerin darin bestand, ihr Land bis 2050 auf das gleiche Ziel zu verpflichten. Auch Lettland und Slowenien betonen ihren Ehrgeiz.