Topologische Isolatoren – Eine Klasse für sich

DPG-Physikkonkret zu Potenzialen der neuen Materialklasse

Quanteneffekte machen es möglich – im Kern isolierende Materialien können durch geschickte Anordnung (Topologie) an ihren Oberflächen und Grenzschichten zu Leitern werden, in denen sich Elektronen verlustfrei bewegen können. Das ist ein Meilenstein in der Forschung, denn es eröffnen sich damit enorme Möglichkeiten der Energieeinsparung bei IT-Hardware. Zugleich bietet die vollkommen neue Materialklasse große Potenziale für die künftige Quantentechnologie. Ob die topologischen Isolatoren halten, was sie versprechen, ist noch nicht abzusehen. Ihr großes Potenzial ist alle Mühen intensiver Forschung wert.

Physik-Konkret, Nr. 37 – Titel – © dpg-physik.de

„Neben mikroelektronischen Bauelementen mit extrem geringen Verlusten erwartet die Wissenschaft die Entwicklung von neuen Materialien mit herausragenden Eigenschaften, z. B. für Anwendungen in der Quantentechnologie“, sagt Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). Topologische Isolatoren könnten damit die nächste Generation an elektronischen Geräten einläuten und haben demzufolge großes wirtschaftliches Potenzial. Sichtbares Zeichen für die Bedeutung dieser neuen Materialklasse war nicht zuletzt der Nobelpreis für Physik im Jahr 2016.

Das Physikkonkret wörtlich: „Transistoren sind die Basis aller modernen Elektronik. In jedem Smartphone sind mehrere Milliarden dieser Halbleiterbauelemente verbaut. Angesichts des steigenden Energiebedarfs der Informationstechnologie – Schätzungen gehen von einem Anteil von über 20 Prozent am Energieverbrauch in den nächsten zehn Jahren aus – ist die Entwicklung energiesparender Elektronik nicht nur aus Kostengründen, sondern auch für die globalen CO2-Klimaziele wichtig.“

Topologische Isolatoren seien hierfür vielversprechende Kandidaten. Sie bilden eine konzeptionell neue Materialklasse (Abb. 1, unten). Obgleich in ihrem Kern isolierend, verfügen topologische Isolatoren über leitfähige Oberflächen und Grenzschichten („topologische Randzustände“), bei denen sich die Elektronen den quantenmechanischen Gesetzen folgend frei bewegen können – und das verlustfrei, also ohne Abwärme zu erzeugen. Streuprozesse, die einen Widerstand verursachen könnten, würden dort unterdrückt. Dies erlaube die Konstruktion elektronischer Bauteile mit beispielloser Effizienz.

Zwei Namen sind mit der Entwicklung dieser neuen Materialklasse eng verbunden: Der Physiknobelpreisträger Klaus von Klitzing entdeckte 1980 den Quanten- Hall-Effekt, als er sogenannte III-V-Halbleiter wie Galliumarsenid bei tiefen Temperaturen und starken Magnetfeldern untersuchte. Sein wissenschaftlicher Nachfolger an der Universität Würzburg, Laurens Molenkamp, entdeckte 2007 eine quantisierte Hall-Leitfähigkeit in einer IIVI- Halbleiterstruktur aus Quecksilbertellurid und Cadmiumtellurid (Abb. 2, unten). Diese benötigt kein äußeres Magnetfeld mehr, was eine breite Anwendung als elektronisches Bauteil erst möglich macht. Solche II-VI-Heterostrukturen sind nun der Ausgangspunkt intensiver Forschung, die die künftige Festkörperphysik und damit den Bau leistungsstarker Elektronik entscheidend prägen könnte.

Deutsche Wissenschaftler sind bei der Forschung ganz vorn mit dabei. Laurens Molenkamp von der Universität Würzburg erhielt vor zwei Jahren die höchste Auszeichnung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der experimentellen Physik erhielt – die Stern-Gerlach-Medaille. Seitdem wächst das Forschungsfeld dynamisch.

Mit den Ausgaben von Physikkonkret bietet die Deutsche Physikalische Gesellschaft in kompakter und allgemeinverständlicher Form Fakten zu aktuellen wissenschaftlichen und wissenschaftspolitischen Fragen. Zugleich möchten sieallen Menschen die Faszination physikalischer Phänomene näher bringen und auf die Relevanz der Physik für Wirtschaft,Politikund Gesellschaft hinweisen.

->Quelle: dpg-physik.de/topologische-isolatoren-eine-klasse-fuer-sich