MIT-Forschungserfolg -„wichtiger erster Schritt, aber noch keine ausgereifte Lösung“
US-Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben ein elektrisches Verfahren zur Herstellung des wichtigen Baustoffs entwickelt, schreibt Pamela Dörhöfer am 27.09.2019 in der Frankfurter Rundschau. Als Baustoff sei Zement zwar unverzichtbar, denn kein Haus, keine Brücke, kein Tunnel komme ohne ihn aus. Doch seine Herstellung verursache erhebliche Freisetzungen von CO2. Mit acht Prozent der globalen CO2-Emissionen belegt die Zementproduktion derzeit sogar Platz eins unter den industriellen Verursachern des Treibhausgases. (Wäre die Zementindustrie ein Land, käme sie hinter den USA und China auf Platz drei).
Den Wissenschaftlern ist es im Labor gelungen, eine elektrochemische Methode für den Herstellungsprozess zu entwickeln. Ließe sich dieses Verfahren im großen Stil auch in der industriellen Produktion anwenden, so würde das nach Ansicht der US-Forscher die CO2-Emissionen entscheidend reduzieren. Veröffentlicht wurde ihre Arbeit in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) in einem Beitrag von MIT-Professor Yet-Ming Chiang et al. (PNAS-Text s.u.).
Ein Hauptgrund für den hohen CO2-Ausstoß liegt in der Gewinnung des für die Produktion von Zement notwendigen Calciumoxids (Branntkalk) aus dem Grundrohstoff Calciumcarbonat (Kalkstein). Die Rohstoffe werden zunächst in Brechern vorzerkleinert und dann in einer Mühle vermahlen. Das dabei entstehende Rohmehl wird anschließend bei Temperaturen bis 1450 °C zu Zementklinker gebrannt. Dabei wird CO2 aus dem Kalkstein ausgetrieben und freigesetzt. Die notwendigen hohen Temperaturen werden zudem größtenteils fossil erzeugt.
PNAS: Neuer Ansatz schlägt Weg zu emissionsfreiem Zement vor
MIT-Forscher finden einen Weg, um die Kohlenstoffemissionen aus der Zementproduktion zu eliminieren – eine der wichtigsten globalen Quellen für Treibhausgase – von David L. Chandler, MIT-News (16.09.2019)
Die Herstellung von Zement – weltweit führendes Baumaterial – ist eine der Hauptursachen für Treibhausgasemissionen, die etwa 8 Prozent aller Emissionen ausmacht. Wäre die Zementproduktion ein Land, wäre es der drittgrößte Emittent der Welt. Ein Forscherteam am MIT hat eine neue Art der Herstellung des Materials entwickelt, die diese Emissionen vollständig eliminieren und dabei sogar einige andere nützliche Produkte herstellen könnte.
Die Ergebnisse werden am 16.09.2019 in der Zeitschrift PNAS in einem Beitrag von Yet-Ming Chiang, dem Kyocera-Professor für Materialwissenschaft und -technik am MIT, mit Postdoc Leah Ellis, Doktorand Andres Badel und anderen berichtet.
„Für jedes Kilogramm Zement, das heute hergestellt wird, wird etwa 1 kg CO2 freigesetzt“, sagt Chiang. „Das entspricht 3 bis 4 Gigatonnen Zement und CO2-Emissionen, die heute jährlich produziert werden, und diese Menge wird voraussichtlich steigen. Es wird erwartet, dass sich die Zahl der Gebäude weltweit bis 2060 verdoppeln wird, was ‚dem Bau einer neuen New York City alle 30 Tage‘ entspricht“, sagt er. Und die Ware ist jetzt sehr billig zu produzieren: Es kostet nur etwa 13 ct/kg, was es seiner Meinung nach billiger macht als Wasser in Flaschen.
Es ist also eine echte Herausforderung, Wege zu finden, die Kohlenstoffemissionen des Materials zu reduzieren, ohne es zu verteuern. Chiang und sein Team haben das vergangene Jahr damit verbracht, nach alternativen Ansätzen zu suchen und sind auf die Idee gekommen, das bisherige fossile brennstoffabhängige System durch einen elektrochemischen Prozess zu ersetzen.
Gewöhnlicher Portlandzement, die am weitesten verbreitete Standardsorte, wird hergestellt, indem Kalkstein gemahlen und dann bei hoher Hitze, der durch Verbrennung von Kohle entsteht, mit Sand und Ton gebrannt wird. Das Verfahren produziert CO2 auf zwei verschiedene Arten: durch die Verbrennung der Kohle und durch die Gase, die während der Erwärmung aus dem Kalkstein freigesetzt werden. Jeder dieser Faktoren trägt etwa zu gleichen Teilen zu den Gesamtemissionen bei. Der neue Prozess würde beide Quellen eliminieren oder drastisch reduzieren, so Chiang. Obwohl sie den grundlegenden elektrochemischen Prozess im Labor demonstriert haben, wird der Prozess noch mehr Arbeit erfordern, um ihn in den industriellen Maßstab zu bringen.
Erstens könnte der neue Ansatz auf die Verwendung fossiler Brennstoffe für den Heizprozess verzichten und Strom aus sauberen, erneuerbaren Quellen ersetzen. „In vielen Regionen ist erneuerbarer Strom der kostengünstigste Strom, den wir heute haben, und seine Kosten sinken immer noch“, sagt Chiang. Darüber hinaus produziert das neue Verfahren das gleiche Zementprodukt. Das Team erkannte, dass es ein harter Kampf wäre, sich für eine neue Art von Zement durchzusetzen – etwas, das viele Forschungsgruppen auf unterschiedliche Weise verfolgt haben -, wenn man bedenkt, wie weit verbreitet das Material auf der ganzen Welt ist und wie widerstrebend Bauherren sein können, neue, relativ ungetestete Materialien auszuprobieren.
Folgt: Elektrolyseur im Mittelpunkt