Mit Biokohle das Klima retten

IWB will CO2 im Boden speichern

Mit innovativer Technik und jahrtausendalter Tradition wollen die  Industriellen Werke Basel (lWB) CO2 in der Atmosphäre reduzieren – mittels Pflanzenkohle . Die Basler Energieversorgerin will dazu auf ihrem Betriebsgelände eine Pyrolyse-Anlage bauen. Ab 2020 soll sie Wärme ins Fernwärmenetz einspeisen und gleichzeitig Pflanzenkohle produzieren. Eingesetzt in der Landwirtschaft speichert diese aktiv und langfristig CO2 im Erdboden und dient so dem Klimaschutz. Solarify berichtete bereits 2012 über erste Techniken ähnlicher Art (HTC).

Waldreste-in-Berlin-Foto-©-Gerhard-Hofmann-Agentur-Zukunft für Solarify

Waldreste – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Nicht erst seit dem Beschluss des Schweizer Bundesrates zur Klimaneutralität bis 2050 ist klar: Die Reduktion des CO2-Ausstoßes muss zum Schutz des Klimas aktiv und rasch angegangen werden. Als erste Energieversorgerin in der Schweiz will IWB eine Pyrolyse-Anlage zur Produktion von Pflanzenkohle bauen und betreiben. Diese liefert nicht nur klimaneutrale Wärme, sie ermöglicht zusätzlich auch die langfristige Speicherung von CO2 im Boden. Peter Baumstark, Leiter Integrierte Energielösungen und Mitglied der Geschäftsleitung bei IWB, dazu: „Mit dieser zukunftsweisenden Anlage gelingt es uns, nicht nur klimaneutrale, sondern sogar klimapositive Wärme zu produzieren.“ Die Anlage leistet nämlich nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstoßes in der Basler Fernwärmeproduktion, sondern sie entzieht auch das klimaproblematische Gas zum Teil der Atmosphäre.

Die Idee ist bestechend einfach: In einer modernen Anlage wird bisher ungenutzte minderwertige Biomasse wie zum Beispiel Grünschnitt unter Sauerstoffausschluss verkohlt. Die bei der sogenannten Pyrolyse entstehende Wärme heizt das lokale Fernwärmenetz, die Kohle wird als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft eingesetzt. Dabei bleibt das in der Kohle gespeicherte CO2 im Boden und wird nicht wieder an die Atmosphäre abgegeben, es wird dem Kreislauf aktiv entzogen.

Wie bereits Ureinwohner im Amazonas vor mehreren tausend Jahren wussten, trägt Biokohle zur Fruchtbarkeit des Bodens bei. Sie speichert Wasser, bietet Lebensraum für wichtige Mikroorganismen und bindet auch schädliche Stoffe. Baumstark dazu: „Mit dieser Anlage gelingt es uns, vier Ziele gleichzeitig zu erreichen: Wir verwerten energetisch ungenutztes Grüngut, wir produzieren CO2-negative Wärme und gleichzeitig unterstützen wir nach alter Tradition die Bodenverbesserung in der Landwirtschaft. Und schlussendlich helfen wir unserem Klima durch den Entzug von Kohlenstoffdioxid.“

Klimaschutz für den Großraum Berlin

Mit Hilfe der sogenannten hydrothermalen Karbonisierung (HTC, s.a. solarify.eu/brenngas-aus-biokohle) kann Biomasse in Biokohle (auch HTC-Kohle genannt) umgewandelt werden. Die eignet sich sowohl zur Einzelverbrennung in Blockheizkraftwerken als auch zur Mitverbrennung in konventionellen Kohlekraftwerken. In ihrer Studie “Klimaschutz durch Biokohle: Potenziale und Kosten für den Großraum Berlin” haben Jakob Medick, Isabel Teichmann und Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW-Berlin), das Treibhausgas-Vermeidungspotenzial und die dazugehörigen Kosten berechnet, wenn Laub und Grasschnitt aus dem Großraum Berlin für die Herstellung von HTC-Kohle genutzt würden. (siehe: solarify.eu/diw-biokohle-potenziale-und-kosten)

Der Bau der Anlage soll noch in diesem Jahr starten. Bereits ab Winter 2020/2021 soll sie jährlich rund 2.7 GWh Wärme in das Fernwärmenetz der IWB speisen. Dies reicht für die Versorgung von rund 300 durchschnittlichen Haushalten. Zudem produziert die Anlage ab diesem Zeitpunkt rund 570 Tonnen Pflanzenkohle pro Jahr. Jährlich werden der Atmosphäre somit rund 1.500 Tonnen CO2 entzogen und langfristig gebunden. Die IWB investieren in den Bau der Pyrolyse-Anlage einen mittleren einstelligen Millionenbetrag.

2012: Hydrothermale Carbonisierung startet – weltweit erste HTC-Anlage nahm Probebetrieb auf
Das Schweizer Unternehmen AVA-CO2 hat am 30.10.2012 die weltweit erste Industrieanlage zur hydrothermalen Carbonisierung (HTC) in Betrieb genommen. Zwei Jahre nach der Inbetriebnahme der weltweit ersten HTC-Demonstrationsanlage im industriellen Maßstab in Karlsruhe setzt die Firma AVA-CO2 mit der HTC-1 einen weiteren Meilenstein bei der industriellen Umsetzung der hydrothermalen Carbonisierung. Anlass für den Startschuss war die feierliche Eröffnung des Technologiezentrums Ost-Vorpommern in Relzow im Beisein von MdB Hans-Josef Fell (energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen), des weltweit ersten Zentrums seiner Art für systemfähige, regenerative Hybrid-Kraftwerke. Neben Technologien wie Lithium-Ionen-Batteriespeicher, Kleinwindanlagen und Photovoltaik setzt der Betreiber des Hybrid-Energieparks TZO auch auf die HTC-Lösungen der AVA-CO2.Die HTC-Reaktoren arbeiten bei Temperaturen von rund 220°C und einem Druck von 22 bar. Nach Abschluss des Probebetriebes sollen in der Anlage jährlich rund 8000 Tonnen AVA cleancoal für die Erzeugung von Strom und Wärme produziert werden – Foto © AVA-CO2

Die HTC-Anlage verarbeitet unterschiedliche regionale biogene Reststoffe in wenigen Stunden zu CO2-neutraler Biokohle: AVA cleancoal. Die produzierte Biokohle kann dank ihrer hohen Energiedichte und Stabilität einfach gelagert und transportiert werden. Einer der Vorteile von AVA cleancoal im Vergleich zu Wind- oder Photovoltaikanlagen ist die Grundlastfähigkeit.

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