Neuer Europäischer Photovoltaik-Verband ESMC meldet sich zu Wort
In der Die EU wird zurzeit diskutiert, wie die Photovoltaik-Industrie zu mehr Nachhaltigkeit angehalten werden kann: Statt des Primärenergieverbrauchs sollen bei der Produktion von Solarzellen die CO2-Emissionen zum Indikator gemacht werden. Gleichzeitig warnt der eben gegründete Europäische Photovoltaik-Verband ESMC davor, Produkte mit veralteten Daten einzustufen, schreibt Ralph Diermann auf pv magazine. Es geht um Vorschläge aus dem Joint Research Center der EU (JRC), der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU. Als wissenschaftlicher Dienst der Kommission unterstützt sie „deren Politikgestaltung durch unabhängige, faktengestützte wissenschaftliche Beratung“ (JRC).
Derzeit untersucht die JRC, ob und wie Photovoltaik-Module, -Wechselrichter und -Systeme in die bestehenden europäischen Instrumente für nachhaltige, umweltfreundliche Produkte einbezogen werden können: Vertreter aus Industrie und Politik, Wissenschaftler, NGOs und andere Verbände sind aufgefordert, ihre Sichtweise einzubringen. Dementsprechend hat sich das neu gegründete European Solar Manufacturing Council (ESMC) als Repräsentant der europäischen Photovoltaik-Hersteller mit Kritik an den jüngsten Vorschlägen des JRC zu Wort gemeldet. Wörtlich heißt es in der ESMC-Stellungnahme. „Wir sind der Ansicht, dass die vorbereitende Studie die Situation der PV-Entwicklung in Europa so genau wie möglich darstellen muss und als Instrument zur Verbesserung der Umweltqualität von PV-Produkten, aber auch als Mittel zur Sicherstellung einer Neuentwicklung der PV-Produktionsindustrie in Europa eingesetzt werden sollte. Bisher sind wir nicht davon überzeugt, dass die gewählte Richtung zu solchen Verbesserungen führen könnte.“ Vielmehr fürchtet der ESMC, dass die „jüngsten Vorschläge in die falsche Richtung gehen“ und zählt einige der wichtigsten Punkte auf, die Anlass zur Sorge geben.
So hält es das ESMC für falsch, den Primärenergiebedarf der Produktion zum zentralen Indikator für die Nachhaltigkeit der Photovoltaik-Produkte zu machen. „Die EU-Politik sollte zum europäischen Ziel der Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen, daher sollte der Leitindikator so gewählt werden, dass er diesem politischen Ziel Rechnung trägt, d.h. die Kohlenstoff- oder Treibhausgasemissionen direkt als Leitindikator zu messen (möglicherweise zusätzlich zur Primärenergie und auf gleicher Ebene). Die ausschließliche Verwendung des Primärenergieverbrauchs als Frühindikator würde das Bild erheblich verzerren und die bestehenden Akteure in einigen Nischentechnologien begünstigen.“
Auch die Datengenauigkeit ist für den ESMC ein Stein des Anstoßes: Bisher sei als Basisjahr 2016 gewählt worden – die verwendeten Daten stammten teilweise aber aus den Jahren 2010/11 – also in der sich schnell entwickelnden PV-Industrie völlig veraltet und daher natürlich nicht akzeptabel. Denn das „würde bedeuten, dass die meisten Module (>90%) heute das Umweltzeichen erhalten würden, was es fast bedeutungslos und potenziell kontraproduktiv für Innovationen machen würde. Die Daten sollten so aktuell wie möglich sein, und wir empfehlen, 2018 als Basisjahr zu verwenden. Es ist wichtig, dass für alle Technologien das gleiche Jahr verwendet wird, da sie sonst nicht vergleichbar sind. Die Geschwindigkeit, mit der sich die PV-Technologien derzeit weiterentwickeln, würde eine regelmäßige Überprüfung der Daten erfordern, idealerweise alle sechs Monate, zumindest unter qualitativen Gesichtspunkten.
Die JRC schlägt laut ESMC vor, den Installationsort der Module und Systeme zu berücksichtigen, nicht aber die Auswirkungen am Ort der Produktion. „Ziel der Politik sollte es sein, dazu beizutragen, die richtige Produktauswahl für ein bestimmtes Projekt zu treffen, d.h. die Möglichkeit zu geben, ein Produkt mit der geringsten Umweltbelastung auszuwählen.“Wenn der Produktionsort angegeben werden müsse, könne das “ eine positive Differenzierung für die europäischen Hersteller bewirken. Der Kohlenstoffgehalt des Strommixes sollte standardmäßig als Durchschnitt für Europa betrachtet werden, wobei einige Länder die Möglichkeit haben, strengere Vorschriften anzuwenden.“Das würde laut Diermann europäischen Herstellern einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Der ESMC hält weiter die JRC-Ansicht für falsch, das die EU eher den Downstreambereich (die Installation) favorisieren solle:
- „besteht der Hauptzweck der hier betrachteten Politik nicht so sehr darin, das Volumen der PV zu erhöhen, sondern die Auswahl der besten und umweltfreundlichsten Produkte zu erleichtern. Dabei geht es nicht um Downstream-Anlagen, sondern um die Produkte und deren Produktion. Daher sollte die Politik auf Produkte mit einer besseren Umweltqualität drängen, was sowohl für importierte als auch für lokal hergestellte Produkte gilt.“
- „wenn alle Anlagen aus Importen stammen würden, wäre der Druck der Importeure, keine einschränkenden Umweltvorschriften zu erlassen, ziemlich hoch, da sich der PV-Markt auf 92% außerhalb der Europäischen Union konzentriert.“
- „erfordert die Art der Arbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Downstream-Bereich im Allgemeinen eher geringe Qualifikation. Installateure sind Elektriker und Bauarbeiter, während der Upstream-Bereich der Wertschöpfungskette hoch qualifizierte Ingenieure und Wissenschaftler beschäftigt. Der Widerstand vieler politischer Entscheidungsträger in Europa gegen eine verstärkte Entwicklung der Photovoltaik kommt aus der Angst, gut bezahlte und hoch qualifizierte Arbeitsplätze im Upstream-Bereich zu verlieren, die nicht durch Downstream-Jobs ersetzt werden können.“
Zusammenfassung
Nach Ansicht der ESMC sollte die vorbereitende Studie zur Ökodesign-Vorbereitung die Markt- und Technologiesituation besser widerspiegeln und auf den neuesten verfügbaren Daten basieren. Sie sollte sich auch endgültig auf Produkte und deren Herstellung konzentrieren und nicht auf ihren Installationsort, was im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck absolut keinen Sinn ergibt. Schließlich sollte die Frage des CO2-Fußabdrucks im Mittelpunkt der Politik stehen, mit mindestens einem durchschnittlichen europäischen CO2-Emissionsstandard und der Möglichkeit für einige Mitgliedstaaten, strengere Maßnahmen zu ergreifen.
Wie Eicke Weber, vorl. Präsident des ESMC in Gründung, gegenüber Solarify erklärte, ist es wesentliches Ziel des ESMC, in Europa die PV-Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erhalten bzw wieder aufzubauen. Das Herzstück ist die Produktion von Zellen, die zur Zeit aus Asien importiert werden müssen. Europa hat noch einen Technologievorsprung, was die neuesten Technologie Generationen wie TOPcon oder Heterojunction angeht, aber dieses ‚window of opportunity‘ wird sich in wenigen Jahren schließen.“
Der Europäische Solar Manufacturing Council
Der European Solar Manufacturing Council (ESMC) ist nach eigenen Angaben eine neue Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Interessen der europäischen PV-Fertigungsindustrie in Europa zu vertreten. Es wurde auf der 35. EU-PVSEC-Konferenz im September 2018 in Brüssel angekündigt und wird im letzten Quartal 2019 als gemeinnützige Organisation nach belgischem Recht gegründet. Es versammelt die wichtigsten Akteure der Photovoltaik-Produktionsbranche in Europa, insbesondere die meisten Wafer, Zellen, Modulhersteller, Gerätehersteller und Forschungszentren. Einige wichtige Namen, die die Organisation bisher unterstützen, sind EDF Photowatt, Total Solar, Singulus, NorSun, NexWafe, Voltec, Fraunhofer ISE, INES, Cener, Ciemat und andere. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Unternehmens http://europeansolar.org/ Die Organisation hat ihren Sitz in Brüssel und wird vorübergehend vom Becquerel-Institut betreut. Die ESMC ist nicht mit bestehenden Verbänden verbunden, sondern arbeitet eng mit der European Technology & Innovation Platform for Photovoltaics (ETIP-PV) zusammen.
->Quellen: