Die Unzufriedenheit der australischen Wähler wächst
In Australien müssen fast eine Mio. Menschen in der Tourismusbranche um ihre Arbeitsplätze fürchten. Der Klimawandel gefährdet die Branche. Doch bislang machte Premierminister Morrison Politik für die wenigen Tausend Beschäftigten der Kohleindustrie. Manuel Först berichtete am 13.01.2020 in energiezukunft über die beeindruckende politische Uneinsichtigkeit in Down Under.
Wegen der seit Monaten wütenden Buschbrände, verzichten viele Touristen derzeit auf eine Reise nach Australien. Zwar gibt es noch keine offiziellen Zahlen für das gesamte Land, aber der Hotellerieverband von Australien teilte bereits mit, in Sydney seien die Gästezahlen im Dezember um zehn Prozent eingebrochen. Dichter Rauch, angetrieben durch die Buschfeuer in unmittelbarer Entfernung Sydneys, ließ in der Metropole kein Urlaubsfeeling aufkommen und schreckte wohl viele potenzielle Besucher ab. Im Urlaubsort Mallacoota mussten Touristen derweil vor den herannahenden Bränden an die Strände flüchten und wurden von dort mit Booten evakuiert.
Die australischen Behörden riefen bereits zehntausende Touristen, die die dortigen Sommerferien am Meer verbrachten, dazu auf, die Gegend umgehend zu verlassen. Auch das Auswärtige Amt in Berlin sprach eine Reisewarnung für die entsprechenden Gebiete aus. „Die Feuer und der Rauch haben dem Ruf der Touristenmarke Sydney sehr geschadet“, so der Chef des australischen Tourismusverbandes Dean Long im Spiegel. Und Experten sind sich einig, dass der Klimawandel die verheerenden Feuer im australischen Busch beschleunigt.
Neben den Buschbränden könnte in Zukunft auch das Aussterben des Great Barrier Reefs dazu führen, dass die Touristenströme weniger werden. Auch hier ist die Klimakrise Treiber des Aussterbens. Die globale Erwärmung lässt die Temperatur in den Ozeanen stetig steigen und gefährdet das äußerst sensible Ökosystem. Die Korallen bleichen aus und sterben ab. Und mit ihnen alle anderen Lebewesen im Great Barrier Reef. Rund 70.000 Menschen arbeiten bislang im Tourismusgeschäft rund um das Great Barrier Reef. In ganz Australien sind es 924.000 Beschäftigte in der Tourismusbranche. Sollte der Klimawandel weiter voranschreiten, ist die gesamte Branche gefährdet.
Werden fast eine Millionen Arbeitsplätze für den Erhalt weniger Tausend geopfert?
Doch anstatt entschieden gegen die Klimakrise vorzugehen, hofiert Australiens Premierminister Scott Morrison weiterhin die heimische Kohlewirtschaft. Auch die ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. 32 Prozent der weltweit exportierten Kohle stammt aus Down Under, so viel wie aus keinem anderen Land. Und 74 Prozent des australischen Energiemixes stammte 2018 aus der Kohleverstromung. Dass Australien damit den Klimawandel befeuert, davon wollte Morrison bislang nichts wissen. Andere Generationen seien ebenfalls mit „Naturkatastrophen, Überschwemmungen, Bränden, globalen Konflikten, Krankheiten und Dürre“ fertig geworden, so Morrison in seiner Neujahrsansprache, aus der der Spiegel zitiert. Am Wochenende erkannte Morrison jedoch erstmals den Klimawandel als Grund für Dürre und ungewöhnliche Hitze an, der die Buschbrände befeuert. Ein spezielles Ressort im Innenministerium soll künftig auf entsprechende Gefahren reagieren und diese bereits im Vorfeld reduzieren.
Schärferen Klimazielen hatte er zuvor noch eine Absage erteilt. Man dürfe die traditionellen Industrien nicht aufgeben. Das gefährde Arbeitsplätze. Damit bezog er sich vor allem auf den Kohlesektor. Doch im Vergleich zur Tourismusbranche ist die Zahl der Arbeitsplätze im Kohlebergbau weitaus geringer. 38.000 Menschen arbeiten in den Kohleminen Australiens. Hinter den Kohlebeschäftigten steckt jedoch eine mächtige Lobby, die mit einer starken Stimme auf die Politik Australiens einwirkt. Am Wochenende erklärte er zumindest eine ausgewogenere Politik, „die Australiens breitere nationale Wirtschaftsinteressen und gesellschaftlichen Interessen berücksichtigt“, anzustreben.
Doch die vielen Beschäftigten der Tourismusbranche, die in verschiedenen Bereichen vom Urlaubsgeschäft abhängig sind, finden bei Scott Morrison bislang noch immer kein Gehör. Morrison wurde erst im Mai dieses Jahr wiedergewählt – zu einem Zeitpunkt, an dem die Klimapolitik noch kein wahlentscheidendes Thema war. Das hat sich inzwischen geändert. Bereits Ende November gaben 60 Prozent in einer Umfrage des Guardian unter Australiern an, dass die Regierung mehr im Kampf gegen die Klimakrise tun müsse. Eine Steigerung von neun Prozent gegenüber der letzten Umfrage im März. mf
->Quelle: energiezukunft.eu/wirtschaft/australiens-politik-gefaehrdet-eine-millionen-arbeitsplaetze/mf