UN-Weltwassertag am 22. März – Report und Stimmen der Verbände
Das Trinkwasser wird knapper: Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) warnen in ihrem neuesten Weltwasserbericht vom 22.03.2020 vor einer drastischen Ausdehnung von Trockengebieten in der Welt. Weltweit fehlt 2,2 Milliarden Menschen schon jetzt der Zugang zu sauberem Wasser. Der Klimawandel verschärfe die Situation und gefährde die Wasserversorgung von weiteren Milliarden. Die Autoren des UNESCO-Berichts fordern, dass Staaten wesentlich klarer gegen die zunehmende Wasserknappheit und sinkende Trinkwasserqualität vorgehen.
„Wir reden oft über Wassermangel und drohende Wasserkonflikte, aber zu wenig darüber, dass Wasser Teil der Lösung der Klimakrise ist“, sagte Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Der Klimawandel führe zu weniger Wasser und schlechterer Wasserqualität. Im Gegenzug wirke nachhaltiges Wassermanagement dem Klimawandel positiv entgegen. Sämtliche Lebensbereiche seien davon abhängig, dass ausreichend sicheres Wasser verfügbar sei: Ernährung, Gesundheit, Haushalte, Energie, Industrie und Ökosysteme. Der Klimawandel verändere den Wasserkreislauf und führt zu großen Herausforderungen in all diesen Lebensbereichen. Insbesondere der Zugang zu sicherem Trinkwasser und sanitären Anlagen – ein Menschenrecht – sei für Milliarden Menschen zusätzlich gefährdet. Gleichzeitig trage die nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser zur Bewältigung des Klimawandels bei. Das geht aus dem diesjährigen Weltwasserbericht „Wasser und Klimawandel“ hervor, den die UNESCO im Auftrag der Vereinten Nationen erstellt hat. Die deutschsprachige Zusammenfassung des Weltwasserberichts fasst die Kernbotschaften des Berichts zusammen.
Der UNESCO-Bericht: Wasserressourcen wesentlicher Teil der Lösung des Klimawandelproblems
Vorstellung des UN-Weltwasserentwicklungsberichts am 22. März
Der Klimawandel wird die Verfügbarkeit, Qualität und Menge des für die menschlichen Grundbedürfnisse benötigten Wassers beeinträchtigen und damit die Wahrnehmung der Grundrechte auf sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen für Milliarden von Menschen untergraben, warnt der jüngste UN-Weltwasserentwicklungsbericht. Die Autoren fordern die Staaten auf, konkretere Verpflichtungen einzugehen, um diese Herausforderung zu bewältigen. Eine solche Verschlechterung der Situation würde die Erreichung des Ziels 6 der nachhaltigen Entwicklung, das Teil der Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030 ist und wonach der Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen für alle innerhalb von zehn Jahren gewährleistet sein muss, nur behindern. Dies wird eine beträchtliche Herausforderung sein – 2,2 Milliarden Menschen haben derzeit keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser, und 4,2 Milliarden, d.h. 55% der Weltbevölkerung, haben keine sichere Abwasserentsorgung.
Der Wasserverbrauch hat sich im letzten Jahrhundert versechsfacht und steigt um etwa 1% pro Jahr. Es wird jedoch geschätzt, dass der Klimawandel zusammen mit der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen – Stürmen, Überschwemmungen und Dürren – die Situation in Ländern, die bereits jetzt unter „Wasserstress“ leiden, noch verschärfen und ähnliche Probleme in Gebieten erzeugen wird, die nicht schwer betroffen sind. Darüber hinaus betont der Bericht die Tatsache, dass ein schlechtes Wassermanagement die Auswirkungen des Klimawandels nicht nur auf die Wasserressourcen, sondern auf die Gesellschaft als Ganzes verstärkt.
Die Generaldirektorin der UNESCO, Audrey Azoulay, betont, „dass Wasser kein Problem sein muss – es kann Teil der Lösung sein. Wasser kann die Bemühungen um die Eindämmung des Klimawandels und die Anpassung an den Klimawandel unterstützen“.
Der Vorsitzende der UN-Wasserbehörde und Präsident des Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), Gilbert F. Houngbo, sagt: „Wenn wir es mit der Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf unter 2°C und der Erreichung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung bis 2030 ernst meinen, müssen wir sofort handeln. Es gibt Lösungen für einen besser koordinierten Umgang mit Wasser und Klima, und jeder Bereich der Gesellschaft muss eine Rolle spielen. Wir können es uns einfach nicht leisten zu warten“.
Gesundheitliche Auswirkungen, Bedrohung der Biodiversität
Tatsächlich wird die Wasserqualität durch erhöhte Wassertemperaturen und einen Rückgang des gelösten Sauerstoffs beeinträchtigt, was zu einer Verringerung der Selbstreinigungskapazität der Süßwasserbecken führt. Wir werden ein erhöhtes Risiko der Wasserverschmutzung und der Kontamination mit Krankheitserregern durch Überschwemmungen oder höhere Schadstoffkonzentrationen in Dürreperioden erleben. Zusätzlich zu den Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion werden die Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit – in Verbindung mit Krankheiten, Verletzungen, finanziellen Verlusten und der Vertreibung von Menschen – daher wahrscheinlich erheblich sein.
Viele Ökosysteme, insbesondere Wälder und Feuchtgebiete, sind ebenfalls bedroht, was die biologische Vielfalt verringert. Die Wasserversorgung wird nicht nur für die Landwirtschaft – die 69% der Süßwasserentnahme ausmacht – sondern auch für die Industrie, die Energieerzeugung und sogar für die Fischerei beeinträchtigt werden.
Am meisten gefährdete Gebiete: Schären, Berge, Tropen und der hohe Norden
Ein Großteil der Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserressourcen wird sich in den Tropen manifestieren, wo sich die meisten Entwicklungsländer befinden, mit potenziell apokalyptischen Folgen für kleine Inselstaaten, von denen einige von der Landkarte verschwinden könnten. Berggebiete sind auch durch die Auswirkungen auf Gebirgsgletscher und Schneekappen, die fast überall auf der Welt eine abnehmende Tendenz aufweisen, besonders verwundbar. Die Autoren erkennen jedoch an, dass eine Reihe von Unsicherheiten bestehen bleiben, insbesondere auf lokaler Ebene und aufgrund der saisonalen Variabilität der Niederschlagsmuster.
Lösungsvorschläge: Anpassung und Abschwächung
Angesichts dieser Bedrohungen hebt der Bericht die beiden komplementären Strategien hervor, die umgesetzt werden müssen – Anpassung und Minderung:
- Die Anpassung umfasst eine Kombination aus natürlichen, technischen und technologischen Optionen sowie soziale und institutionelle Maßnahmen, um Schäden zu mindern und die wenigen positiven Folgen des Klimawandels zu nutzen. Sie wird wahrscheinlich sehr schnell Vorteile bringen, vor allem auf lokaler Ebene.
- Die Minderung besteht aus den menschlichen Maßnahmen, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen (THG) erforderlich sind, während gleichzeitig Kohlenstoffsenken genutzt werden, um die Menge an CO2 und anderen THG in der Atmosphäre zu verringern. Sie kann große geographische Gebiete betreffen, aber mit Gewinnen, die sich über Jahrzehnte verteilen können. Die Möglichkeiten der Minderung im Wassermanagement bleiben jedoch weitgehend unerkannt.
Verbesserte Abwasserentsorgung
Auch die Abwasserbehandlung trägt zum Klimawandel bei, da sie Treibhausgase erzeugt, die schätzungsweise 3 bis 7% aller Emissionen ausmachen. Diese Emissionen entstehen sowohl durch die für die Abwasserbehandlung erforderliche Energie als auch durch die eingesetzten biochemischen Prozesse. Aber aufgrund der Zersetzung der darin enthaltenen organischen Substanz ist unbehandeltes Abwasser auch eine Hauptquelle für Methan, ein starkes Treibhausgas. Der Bericht weist darauf hin, dass Abwasser mehr Energie enthält, als für seine Behandlung benötigt wird, vorausgesetzt natürlich, dass es nutzbar gemacht wird. Es wird geschätzt, dass weltweit zwischen 80% und 90% des Abwassers ohne jegliche Behandlung in die Umwelt eingeleitet werden.
Konkret bedeutet die optimale Bewirtschaftung der Wasserressourcen Investitionen in moderne Behandlungstechniken, die die Gewinnung von Methan aus organischem Material ermöglichen und dieses Biogas dann zur Erzeugung der für den Betrieb des Prozesses erforderlichen Energie nutzen, wie dies bereits in wasserarmen Ländern wie Jordanien, Mexiko, Peru und Thailand geschieht. Diese Techniken haben es den betreffenden öffentlichen Versorgungsunternehmen ermöglicht, die Emissionen um Tausende von Tonnen CO2 zu reduzieren und gleichzeitig finanzielle Einsparungen zu erzielen und die Qualität der Dienstleistung zu verbessern.
Der Bericht erwähnt auch innovative Eingriffe in das Wassermanagement, wie z.B. das Auffangen von Nebel oder traditionellere Maßnahmen wie den Schutz von Feuchtgebieten, sowie bewährte Techniken der „konservierenden Landwirtschaft“. Diese ermöglichen es, die Bodenstruktur, die organische Substanz und die Feuchtigkeit trotz geringerer Niederschläge zu erhalten. Ebenso ist die „Wiederverwendung“ von teilweise gereinigtem Abwasser für Landwirtschaft und Industrie, ohne dass es unbedingt trinkfest wird, ein weiterer interessanter Ansatz.
Priorisierung von Wasser
Leider, so die Autoren, wird die Notwendigkeit, den Klimawandel durch ein besseres Management des Wasserkreislaufs zu bekämpfen, zwar gut erkannt, aber nicht in die Realität umgesetzt. „Das Wort ‚Wasser‘ taucht in internationalen Klimaabkommen nur selten auf“, stellt Azoulay immer wieder fest.“ Die ’national bestimmten Beiträge‘, die von den Staaten im Rahmen des Pariser Abkommens vorgelegt werden, bleiben allgemein gehalten, ohne spezifische Pläne für Wasser vorzuschlagen.“ Während die Mehrheit der Länder Wasser in ihrem „Portfolio von Aktionen“ anerkennt, haben nur wenige von ihnen die Kosten für diese Aktionen tatsächlich berechnet und noch weniger haben spezifische Projekte vorgeschlagen. Inzwischen werden die Möglichkeiten für Synergien zwischen Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen oft vernachlässigt.
Der Weltwasserentwicklungsbericht der Vereinten Nationen ist der Vorzeigebericht von UN-Water zu Fragen der Wasser- und Sanitärversorgung, der sich jedes Jahr auf ein anderes Thema konzentriert. Der Bericht wird vom UNESCO-Weltwasserbewertungsprogramm koordiniert und von der UNESCO im Namen von UN-Water veröffentlicht.
Wir sehen, dass der Wassersektor unmittelbar von den Folgen des Klimawandels betroffen ist, aber wir wissen auch, dass gerade im Wasser- und Abwasserbereich Lösungen für Anpassungsmaßnahmen liegen,“ sagt ISOE-Wasserexpertin Martina Winker. In mehreren Forschungsprojekten hat sich die Wissenschaftlerin mit städtischen Wasserinfrastrukturen im Klimawandel beschäftigt und weiß: „Wasserinfrastrukturen können dazu beitragen, Städte klimagerechter zu gestalten.“ Hierfür müssten Kommunen Planungsprozesse so verändern, dass ein dezentrales Regenwassermanagement als auch die Nutzung alternativer Wasserquellen frühzeitig einbezogen wird. Neben technischen und organisatorischen Anpassungsmaßnahmen seien aber auch die Stadtbewohner gefragt, weil sich unser Umgang mit Wasser insgesamt ändern müsse.
Möglichkeiten der Trinkwasserschonung liegen etwa in der Verwendung von Betriebswasser, gereinigtem Grau- oder auch Regenwasser. „Wir beobachten, dass die Akzeptanz beim Thema Wasserwiederverwendung in der Bevölkerung steigt, etwa im häuslichen Bereich, zum Beispiel zum Spülen der Toilette,“ so Winker. Aber auch der gezielte Einsatz von alternativen Wasserquellen anstelle von Trinkwasser zur Bewässerung von städtischen Grünflächen werde zunehmend als notwendige Maßnahme verstanden. „Den Menschen wird zunehmend klar, dass unsere Wasserquellen auch in Deutschland endlich sind und wir sorgfältiger damit umgehen müssen“. Kommunen sollten deshalb noch stärker den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Folgen des Klimawandels suchen und über alternative Möglichkeiten im Umgang mit Wasser informieren.
BUND zum Weltwassertag: Klimakrise ist Wasserkrise – 10 Forderungen für verstärkten Gewässerschutz
Der Weltwassertag hat in diesem Jahr das Thema „Wasser und Klimawandel“. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat zehn Forderungen veröffentlicht, um Gewässer besser zu schützen und auf die Folgen der Klimakrise vorzubereiten.
„Die Klimakrise zieht auch Wasserkrisen nach sich. Sowohl Hochwasser als auch Dürren werden wahrscheinlicher“, sagt BUND-Gewässerexpertin Laura von Vittorelli. „Die letzten zwei Jahre zeigen, welche Herausforderungen die Zukunft noch bringen wird. Daher muss insbesondere der Wasserrückhalt in der Fläche verbessert werden.“ Selbst in einer Tiefe von 1,80 Meter haben sich die Böden in Deutschland noch immer nicht von Dürre erholt, wie der Dürremonitor des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung zeigt. Von Vittorelli weiter: „Wasser in der Fläche zu halten bedeutet, dass Regenwasser vor Ort versickern soll, sodass sich Grundwasserspeicher auffüllen können und Böden, Pflanzen und der Trinkwassergewinnung langfristig zur Verfügung stehen. Dazu gehört auch, dass Auen an Flüssen und Bächen renaturiert werden, denn sie halten wie kein anderer Landschaftstyp Wasser in der Fläche.“
Die weltweiten Auswirkungen der Klimakrise begünstigen Gewässerprobleme. Sich häufende Extremwetterereignisse wie Jahrhunderthochwasser und extremes Niedrigwasser, alarmierend tiefe Grundwasserstände oder starke Regenfälle in kürzester Zeit haben drastische Auswirkungen auf unsere aquatischen Ökosysteme: So bringt eine extreme Dürre, die zum Austrocknen eines Gewässers führt, auch starke Populationsrückgänge von Fischen, Muscheln und Amphibien mit sich. Aufgrund von Niedrigwasser und Wassermangel können regionale Nutzungskonflikte vermehrt auftreten, zum Beispiel zwischen Trinkwassernutzung, landwirtschaftlicher Bewässerung und dem Wasserbedarf der Industrie.
Von Vittorelli: „Wir müssen jetzt handeln, bevor es für die deutschen Gewässer zu spät ist. Bund und Länder müssen endlich verstehen, welche zentrale Rolle dem Schutz unserer Gewässer für den Erhalt unserer Wasserressourcen zukommt. Der Gewässerschutz muss in allen Politikbereichen mitgedacht werden.“ Würden die Forderungen des BUND zeitnah umgesetzt, könnten Gewässer widerstandsfähiger gemacht werden und die Auswirkungen – die schon bei einer Temperaturerhöhung von 1,5 Grad bestehen – abgedämpft. Überwiegend sind dies Aufgaben, denen Deutschland aufgrund seiner gesetzlichen Verpflichtungen, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie, ohnehin nachkommen muss. „Deutschlands zögerliche Umsetzung, insbesondere an den Bundeswasserstraßen, ist angesichts der zusätzlichen Bedrohung durch die Klimaerhitzung nicht nachvollziehbar“, so die BUND-Gewässerexpertin.
Die BUND-Forderungen zum Gewässerschutz:
- Wasserrahmenrichtlinie umsetzen
- Den Flüssen mehr Raum geben
- Versiegelung stoppen
- Abbau von Querbauwerken
- Aufwertung vielfältiger Lebensräume
- Vorsorge- und Verursacherprinzip durchsetzen
- Wasser in der Fläche halten
- Wassernutzungskonflikte gerecht und nachhaltig lösen
- Binnenschifffahrt anpassen
- Grundwasser vor Nähr- und Schadstoffen schützen
siehe: http://www.bund.net/forderungen-weltwassertag
BBU: Hochwasser und Niedrigwasser abmildern! Land- und Forstwirtschaft müssen wie ein „Schwamm“ wirken
Zum diesjährigen Weltwassertag stellt der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) fest:
Alle Vorhersagen der Klimawissenschaftler legen nahe, dass als Folge des Klimawandels Hochwasser- und Niedrigwasser-Perioden künftig noch ausgeprägter verlaufen könnten. Der BBU fordert deshalb, dass Äcker, Wiesen und Wälder künftig wie ein „Schwamm“ wirken müssen. Das Wasseraufnahmevermögen der Landschaft („Landeswasserhaushalt“) sollte deshalb nach Auffassung der Gewässerexperten im BBU deutlich verbessert werden. Die Böden in der Land- und Forstwirtschaft könnten dann bei reichlich Regen mehr Niederschlagswasser speichern. In Dürreperioden könnte das gespeicherte Wasser wieder langsam an Bäche und Grundwasser abgegeben werden. Für die Verbesserung des Landeswasserhaushaltes sei insbesondere der Ökologische Landbau geeignet, so der BBU: Durch eine geringere Bodenverdichtung im Ökolandbau und beispielsweise mehr Regenwurmlöcher könnten ökologisch bewirtschaftete Äcker deutlich mehr Regenwasser aufnehmen als konventionell bewirtschaftete Böden. Wenn das Wasseraufnahmevermögen der landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Bundesrepublik Deutschland nur um zehn Prozent erhöht werden könnte, würden sich damit mehrere 100 Mio. m3 Wasser zusätzlich speichern lassen. Das wäre ein größeres Volumen, als es alle Hochwasserückhaltepolder am Rhein zusammengenommen aufweisen.
DUH: Schadstoffe aus Klimaanlagen, Altmedikamenten und zu viel Düngemittel reduzieren
Deutsche Umwelthilfe: Chemische Kältemittel, Altmedikamente und Nitrat gefährden zunehmend die Qualität von Gewässern; die Aufbereitung von Grundwasser und Oberflächengewässern zur Trinkwassernutzung wird zunehmend teuer und teilweise unmöglich.
Die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Es besteht dringender Handlungsbedarf, um den Eintrag schädlicher Substanzen in Gewässer zu reduzieren. Deutschland gewinnt zwei Drittel seines Trinkwassers aus Grundwasser. Um unsere Gesundheit und die Artenvielfalt zu schützen, brauchen wir dringend ein verpflichtendes einheitliches Medikamenten-Sammelsystem in Apotheken. Auch Nitrateinträge können nur dann sinken, wenn die Dünge-Verordnung Anfang April tatsächlich deutlich verschärft wird. Automobilhersteller müssen endlich auf den Einsatz chemischer Kältemitteln verzichten, zumal ausreichend natürliche Alternativen zur Verfügung stehen. Damit geltende Grenzwerte für Schadstoffe konsequent eingehalten werden, fordert die DUH von den zuständigen Behörden wirksame Kontrollen und Maßnahmen“.
Ein besonderes Risiko für Mensch und Umwelt stellen Abbaustoffe chemischer Kältemittel aus Klimaanlagen dar: Sie können über herkömmliche Reinigungsmethoden nicht aus den Abwässern entfernt werden und reichern sich so immer weiter an. An immer mehr Messstellen in der Luft und in Gewässern weisen Forscher den Schadstoff Trifluoressigsäure (TFA) nach. TFA dient als Grundstoff für verschiedene Arznei- und Pflanzenschutzmittel und entsteht als Abbauprodukt bei der Herstellung und Nutzung des chemischen Kältemittels R1234yf, das seit einigen Jahren in PKW-Klimaanlagen verwendet wird. Das chemisch instabile Produkt zerfällt in der Atmosphäre und bildet die Säure, die wiederum sehr stabil ist. TFA ist extrem wasserlöslich, algengiftig und in der Umwelt schwer abbaubar. Über Niederschläge gelangt die Säure in Gewässer und reichert sich hier über die Zeit an. Die DUH fordert deshalb ebenso wie das Umweltbundesamt, das Kältemittel R1234yf nicht weiter in Fahrzeugklimaanlagen zu verwenden.
Dazu Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung der DUH: „Die Gefährdung von Oberflächengewässern und Trinkwasser durch TFA nimmt zu. Die möglichen negativen Folgen für Mensch und Tier sind nicht absehbar. Wir fordern eine Neubewertung des Kältemittels R1234yf unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit. Es gibt genug Alternativen ohne negative Folgen für die Umwelt, wie natürliche Kältemittel oder Propan.“
Eine weitere große Belastung für die Gewässer in Deutschland sind Arzneimittelrückstände. Allein auf dem deutschen Arzneimittelmarkt sind etwa 3.000 Wirkstoffe verfügbar. Rund 43 Prozent der Deutschen entsorgen zumindest gelegentlich flüssige Arzneimittel in der Toilette oder dem Waschbecken. Bei Tabletten nutzen rund 15 Prozent gelegentlich die Toilette zur Entsorgung. Die meisten Medikamente können von den Kläranlagen nicht gefiltert werden. Die Folge ist ein Arzneimittelcocktail im Wasser. Vielen Menschen sind die negativen Folgen für den Wasserkreislauf nicht bewusst. Bislang nachgewiesene Langzeitrisiken sind beispielsweise Antibiotikaresistenzen.
Dazu Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft der DUH: „Wir fordern die verpflichtende Einführung eines bundesweit einheitlichen Medikamenten-Sammelsystems in Apotheken. Die Pharmaindustrie muss die Kosten für ein solches System übernehmen, damit deutlich mehr abgelaufene Medikamente als bisher ordnungsgemäß zurückgenommen und vernichtet werden. Dieses Prinzip der Produktverantwortung wird in verschiedenen Bereichen der Umweltpolitik seit vielen Jahren angewandt und hat sich bewährt. Durch den Klimawandel führen Flüsse oder Seen weniger Wasser und die Wirkstoffkonzentration erhöht sich. Deshalb ist es wichtig, dass Altmedikamente gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen.“ Deutschland ist gemäß der europäischen Richtlinie 2004/27/EG (Artikel 127B) zur Einführung eines flächendeckenden und bundeseinheitlichen Sammelsystems für abgelaufene oder ungenutzte Medikamente verpflichtet, weil nur so eine geeignete Sammlung sichergestellt werden kann.
Die intensive Landwirtschaft führt in vielen Regionen zur Überdüngung – vor allem in denen mit intensiver Viehwirtschaft, mit der ein Anstieg der Nitratkonzentration im Boden einhergeht. Das Nitrat, das Pflanzen nicht mehr aufnehmen können, gelangt ins Grundwasser. An über 27 Prozent der Grundwassermessstellen in Deutschland wird der Grenzwert von 50 mg/l überschritten. Nitrat im Trinkwasser birgt gesundheitliche Risiken. Deshalb hat die DUH in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen im November 2019 Klage für sauberes Wasser eingereicht.
Dazu Peer Cyriacks, Stellvertretender Leiter Naturschutz der DUH: „Der Schutz des Trinkwassers vor Nitrat ist aufwändig und teuer: Unbelastetes Grundwasser aus Fernleitungen muss beigemischt werden oder tiefere Brunnen für Wasservorkommen mit weniger Nitrat gebohrt werden. Die überarbeitete, strengere Dünge-Verordnung ist deshalb ein Schritt in die richtige Richtung und muss Anfang April verabschiedet werden. Es kann nicht sein, dass die Massentierhaltung die Qualität unseres wichtigsten Lebensmittels – Trinkwasser – gefährdet.“
Angesichts der Corona-Pandemie stellen wir für diesen Tag die Frage in den Fokus, wie Verbraucher die kommunale Wasser- und Abwasserwirtschaft im Alltag unterstützen bzw. genauer entlasten und so zu einer sicheren Abwasserentsorgung beitragen können.
VKU: Toilette ist kein Mülleimer
Der Umgang mit dem Corona-Virus und den sich dynamisch ändernden Lagen ist auch für die kommunalen Unternehmen als Eckpfeiler der Daseinsvorsorge und Betreiber kritischer Infrastrukturen eine Herausforderung – so der VKU in einer Medienmitteilung. Ziel ist es, die Menschen auch im Krisenfall sicher mit Strom, Wärme, Wasser und schnellem Internet zu versorgen und ihren Abfall und das Abwasser sicher zu entsorgen. Gegenwärtig ist die Versorgung und Entsorgung nicht gefährdet.
Die Corona-Pandemie zeigt, welche Bedeutung die Daseinsvorsorge für unsere Gesellschaft hat: Immer und überall werden Menschen mit grundlegenden, lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen versorgt – unabhängig vom Wohnort oder Geldbeutel. Diese Leistungen der Daseinsvorsorge nutzen wir alltäglich. Sie sind elementar für unsere Gesellschaft und Wirtschaft. Daseinsvorsorge ist als Begriff vielleicht bei vielen in Vergessenheit geraten und klingt geradezu verstaubt. Die Lage zeigt aber, wie wichtig sie ist: Es geht darum, in der Krise für die Menschen da zu sein und für sie zu sorgen.
Hintergrund – Der Weltwassertag findet seit 1993 jedes Jahr am 22. März statt. Er wurde in der Agenda 21 der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro vorgeschlagen und von der UN-Generalversammlung in einer Resolution am 22.12.1992 beschlossen.Jedes Jahr hat der Weltwassertag ein anderes Motto. 2020 steht unter dem Motto „Wasser und Klimawandel“. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich in allen Ländern der Erde immer deutlicher. Die Ressource Wasser nimmt mit ihrer enormen Kraft eine besonders wichtige Rolle ein – als Lebensgrundlage für Mensch und Natur, aber auch im Hinblick auf Dürre oder Hochwasser.
->Quellen und weitere Informationen:
- unesco.de/publikationen#row-3595
- deutsche Zusammenfassung – unesco.de/UN-Weltwasserbericht2020-web.pdf
- en.unesco.org/themes/water-security/wwap/wwdr/2020
- UN World Water Development Report 2020: Water and Climate Change
- Executive Summary
- Facts and Figures
- Institut-für sozial-ökologische Forschungwie-staedte-und-bewohner-den-folgen-begegnen-koennen
- vku.de/tagdeswassers
- bund.net/forderungen-weltwassertag
- duh.de/projekte/kaeltemittel