Corona als Vorwand, Klimaschutz und Energiewende erst einmal zu verschieben
von Klaus Oberzig
„Im Schatten von Corona wird auch beim Thema Energiewende getäuscht und getrickst. Die für viele Solarfreunde erst einmal schlüssig scheinende Auskunft, wegen des Virus habe man in den Ministerien keine Zeit, sich um Erneuerbare Energie und Klimaschutz zu kümmern, stellt sich als Schwindel heraus,“ schreibt Klaus Oberzig auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Solarenergie.
„Betrachtet man den Themenkatalog, der inzwischen auf Eis liegt, wird das Ausmaß der Blockadepolitik deutlich. Von der Schmierenkomödie zwischen CDU und SPD um die angeblich gegenseitige Erpressung in Sachen 52-GW-Deckel contra 1.000-Meter-Abstandsregel einmal abgesehen, legen die Äußerungen aus der Koalition schon nahe, dass deren Politiker genau wissen, was sie tun. Andererseits wird dem Publikum deutlich, wie wichtig eine eigene Energieversorgung für die persönliche Daseinsvorsorge sein kann. Solar- und Windstrom für Haushalt, Wärme und Mobilität sichert im Notfall die Unabhängigkeit vom Netz. Und wirtschaftlich ist eine Eigenversorgung ein Schutz gegen unkontrollierbare Preisentwicklungen und Limitierungen in der Versorgung.
Über laufende Arbeiten zur Veränderung des EEG wissen wir nichts. Da hält die Koalition offenbar dicht. Aber dass den Ü20-Anlagen, die jetzt sukzessive aus dem EEG herausfallen, nicht einmal ansatzweise Hoffnung auf eine Nachfolgeregelung gemacht wird, ist mehr als deutlich. Die Bundesregierung lässt es hier wohl bewusst krachen und nimmt es gelassen hin, dass bei PV- und Windanlagen der Zubau im Keller bleibt. Zudem wird die Übernahme der EE-Richtlinie der Europäischen Union in nationales Recht liegen gelassen, ignoriert und totgeschwiegen, obwohl die Zeit hierfür langsam knapp wird. Diese Bundesregierung kann es sich offenbar gut vorstellen, dass die Erneuerbaren Energien wieder aus Deutschland verschwinden oder zumindest nur noch auf See existieren.
In einem anderen Punkt werden die Aktivitäten aber nicht gebremst. Und auch nicht totgeschwiegen. Bei der ‚Digitalisierung der Energiewende‘, einem Großprojekt der alten Energiewirtschaft, wird fleißig getrommelt und die Botschaft verbreitet, dass dies die zentrale Innovation im Energiesystem sei. Im zentralen Energiesystemen, wohlgemerkt. Ein nach den bekannten Netzausbauplänen erweitertes ‚öffentliches‘ Netz soll mit großer Leistungselektronik zum voluminösen Speicher aufgerüstet werden, der von den E.Ons dieser Republik gesteuert und kontrolliert werden kann. In diesem Zusammenhang ist die Barometer-Studie bekannt geworden, mit welcher der Grad der Digitalisierung des Energiesystems ‚gemessen‘ und populär gemacht werden soll.
Kommentare geben Meinung und Informationen der Kommentierenden wieder, nicht in jedem Fall die von Solarify.
Im zentralen Energiesystem sollen auf Jahre hinaus noch Kohlenmeiler laufen und Stück für Stück große Gaskraftwerke in die Fußstapfen der bisherigen Kohle-KWK hinein wachsen. So jedenfalls die Vorstellungen einer schönen neuen Erdgaswelt. Dieses Modell ist eine Fortschreibung des bestehenden fossilen Energiesystems, das eine Dezentralisierung nicht vorsieht. Der Begriff der Digitalisierung ist hier eine Art Potemkinsches Dorf, denn moderne Leistungselektronik soll es nur auf der Übertragungsebene in den großen Netzbestandteilen geben. Ein innovatives Energiemanagement bis hinunter zum Endverbraucher ist nicht vorgesehen, auch wenn allen Bürgern demnächst schöne neue Smart Meter-Geräte aufs Auge gedrückt werden. Diese seien nutzlos, sagte dazu vor einigen Tagen Andreas Piepenbrink vom Speicherhersteller E3/DC in einem Interview mit Frank Farenski auf Youtube.
Fatal sei eine Beibehaltung des 52-GW-Deckels, da es keinen rechtlichen Rahmen außerhalb des EEG gebe. Damit blockiere man nicht nur den Ausbau der Photovoltaik, sondern auch die Weiterentwicklung der E-Mobilität und der Wärmewende. Denn auch hier spielten elektrische Wärmepumpen bei einer rein regenerativen Wärmeerzeugung der Zukunft eine große Rolle, so Piepenbrink. Für den Eigenverbrauch im Haus brauche es ein dezentrales Energiemanagement, das den PV-Strom vom Dach mit den Batterien, auch denen der E-Autos, und der Wärmepumpe steuere. Er erwarte nicht, so Piepenbrink, dass die fossile Versorgungswirtschaft mit ihren zentralistischen Vorstellungen eines Energiemanagements entsprechende Lösungen hervorbringe, zumal die Gesetze der Energiewirtschaft dies verhinderten. Und die Lobbyisten der alten Energiewirtschaft wollten nach wie vor keinerlei Veränderungen zulassen.“
„Auch wenn die technische und ökonomische Entwicklung längst in eine andere Richtung läuft, nutzt die amtierende Bundesregierung die Gunst der Stunde. Sie fährt den seit Jahren verfolgten Kurs unbeeindruckt weiter und bremst alle Kritiker aus bzw. nimmt ihnen, wie dem Großteil der Bevölkerung, jeglichen Bewegungsspielraum. Die Angst in der sogenannten Corona-Krise tut ein Übriges. Genauso wie der Mittelstand in einer ökonomischen Harakiri-Politik massakriert wird – diesen Kurs werden nur die Großen und „Systemrelevanten“ überstehen – wird mit der Energie- und Klimapolitik bzw. deren Industrien verfahren. Gegen diese Skrupellosigkeit ist kein appellieren angebracht und Verständnis schon gar nicht. Die Solar- und Energiewendefreunde haben bislang überwiegend geschwiegen. Aber sie werden um eine Konfrontation nicht herumkommen. Als erstes dürfte sich das in der Automobilindustrie zeigen. Denn dort stehen die Zeichen bereits auf Sturm.“
->Quelle: dgs.de/tricksen-und-taeuschen-im-zeichen-von-corona