Was wir aus der Finanzkrise lernen können: Klimaorientierte Konjunkturpolitik nützt langfristig
Bereits während der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 wurde diskutiert, ob klimapolitische Maßnahmen kurzfristig Produktion und Nachfrage stimulieren und so auch Teil von Konjunkturpaketen sein können. Obwohl politische Entscheidungsträger in einer Krise dazu tendieren, auf bewährte Mittel zu setzen, wurden damals weltweit klimafreundliche Komponenten in die nationalen Konjunkturpakete eingefügt. Die Erfahrungen der vergangenen Krise zeigen, dass eine solche klimaorientierte Konjunkturpolitik nicht nur kurzfristig zu Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen führt, sondern auch die Grundlage für langfristige Innovationen und eine klimafreundliche wirtschaftliche Entwicklung schafft – argumentieren Mats Kröger, Sun Xi, Olga Chiappinelli, Marius Clemens, Nils May, Karsten Neuhoff und Jörn Richstein in DIW-Aktuell Nr. 39 vom 29.04.2020.
Regierungen können etwa durch die Einführung von Differenzverträgen für CO2-arme Industrieprozesse und für Erneuerbare Energien und Green Public Procurement sicherstellen, dass ihre klimapolitischen Impulse eine transformative Wirkung entfalten. Auch in der Corona-Krise können „grüne Stimuli“ einen wichtigen Beitrag zur Erholung der Wirtschaft leisten – so die DIW-Autoren.
In der Debatte über Konjunkturpakete wird häufig argumentiert, dass diese „zielgerichtet, zeitnah und vorübergehend“ sein sollten. Ihr Ziel ist es, den privaten Konsum und die unternehmerische Investitionstätigkeit kurzfristig anzukurbeln, um eine wirtschaftliche Rezession zu verhindern oder zu überwinden. Die Umwelt- und Klimapolitik soll dagegen, „transformativ“ sein, soll Marktversagen überwinden, indem sie die Struktur der Wirtschaft langfristig verändert. Dies wirft die Frage auf, ob diese beiden Ziele in Konflikt miteinander stehen oder einander verstärken können, so dass ein grünes Konjunkturpaket Synergien zwischen den kurz- und langfristigen Zielen freisetzt. GegnerInnen dieser Idee erklären Konjunkturmaßnahmen als ungeeignet für langfristige Transformation und argumentieren, dass klimafreundliche Komponenten die Effektivität von Konjunkturmaßahmen verringern würden. Ähnliche Argumente zur „Unvereinbarkeit“ von Klimaschutz und wirtschaftlichem Aufschwung wurden in der aktuellen Krise vorgebracht.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe mit dem „European Green Deal“ zwar die Themen Klimaschutz, Ökologie und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihres politischen Programms gerückt und ihre Initiative als neue Wachstumsstrategie zu vermarkten – aber die Verschärfung von Klimazielen verunsichere die Wirtschaftsteilnehmer und sei “Gift für langlebige Investitionen”, so BDI-Präsident Dieter Kempf erst Mitte Dezember einer Medienmitteilung zufolge: „Für die deutsche Industrie ist Nachhaltigkeit schon lange Handlungsmaßstab. Bei den ‚grünen‘ Technologien sind wir bereits Weltspitze – und das seit Langem“, betonte Kempf.
Im Gegensatz dazu sehen BefürworterInnen eines sogenannten Green New Deal (siehe: solarify.eu/green-new-deal) die aktuelle Wirtschaftskrise als eine Möglichkeit, um Konjunktur- und Klimapolitik zu kombinieren. Die Forderung nach einem Klima-Konjunkturprogram wird zurzeit sowohl von grünen Think Tanks als auch von einer breiten Gruppe von Industrieunternehmen formuliert. Darüber hinaus wird sie von Ökonomen unterstützt, die argumentieren, dass ein solches Konjunkturpaket wirtschaftliche Erholung und eine ökologische Transformation der Wirtschaft verbinden kann.
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