Klimaspiel von Max-Planck-Forschern zeigt Möglichkeit globaler Kooperation – wenn auch unter Mühen
2018 sind etwa 16 Millionen Menschen durch Klima-Extremereignisse vertrieben worden. Besonders häufig fliehen Menschen aus ärmeren Ländern vor den Folgen von Klimaereignissen. Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Evolutionsbiologie in Plön und Meteorologie in Hamburg haben nun einer Medienmitteilung vom 25.05.2020 zufolge mithilfe eines Spiels untersucht, wie sich klimatische Extremereignisse zusammen mit Armut auf die Wanderungsbewegungen von Menschen in reiche Länder auswirkten, wenn die Studienteilnehmer zugleich Maßnahmen gegen den Klimawandel finanzieren sollten.
In dem ökonomischen Experiment konnten die Vertreter der wohlhabenden Länder Klimawandel und Migration nur selten aufhalten. Die Vertreter ärmerer Länder sind hingegen bereit, ein Mindestmaß an Klimaschutz durch die Reichen zu unterstützen. Der Klimawandel wird von Extremereignissen wie Überschwemmungen, Hitzewellen oder tropischen Wirbelstürmen begleitet. „Solche Ereignisse werden künftig häufiger und intensiver werden. Damit wird auch die klimabedingte Migration zunehmen“, sagt Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Der Klimawandel mit seinen Extremereignissen betrifft arme Bevölkerungsgruppen am stärksten, der Kampf dagegen ist jedoch eine globale Herausforderung. Dies ist einer der Gründe dafür, warum sich wirksamer Klimaschutz nur schwer umsetzen lässt.
Um den Zusammenhang zwischen Klimaschutzmaßnahmen, klimabedingter Migration und Armut zu untersuchen, haben die Wissenschaftler 410 Studenten der Universitäten Hamburg und Kiel für ein Klimaspiel rekrutiert. Die Spieler repräsentierten dabei jeweils die Bewohner eines wohlhabenden und eines armen Landes. Als Startkapital erhielten die Vertreter des reichen Landes jeweils 40 Euro, die des armen Landes 20 Euro. Dieses und etwaiges durch Ernte verdientes Geld konnten die Teilnehmenden in die Prävention eines im Spiel simulierten „gefährlichen“ Klimawandels investieren. Ein solcher liegt beispielsweise beim Überschreiten einer bestimmten Durchschnittstemperatur vor. Den Restbetrag durften die Teilnehmenden für sich behalten, sofern das Ziel, den „gefährlichen“ Klimawandel abzuwenden, von der jeweiligen Gruppe nach 20 Spielrunden erreicht wurde.
Investionen in Klimaschutz
Jeder Teilnehmende konnte pro Runde entweder zwei oder vier Euro für das Klima einzahlen oder gar nichts. Das Klimaziel ließ sich erreichen, wenn alle im Mittel zwei Euro investieren. (Ein solches System begünstigt Trittbrettfahrer, die nichts für den Klimaschutz aufwenden wollen, aber von erfolgreichem Klimaschutz der anderen profitieren.) Die Vertreter des wohlhabenden Landes erzielten zu Beginn einen doppelt so hohen Ernteertrag pro Runde wie die des ärmeren Landes. In jeder Runde konnten die armen Einwohner versuchen, in das reiche Land zu migrieren. Mindestens vier „reiche“ Probanden konnten zusammen eine festgesetzte Summe erreichen, um die Migration zu blockieren. Auch hier konnten Trittbrettfahrer versuchen, von den Anstrengungen anderer zu profitieren – was aber oft dazu führte, dass die Zielsumme zur Blockade verfehlt wurde und die Migration doch stattfand.
Mit jedem Migranten sank der Ernteertrag im reichen Land und stieg im armen Land, bis bei einer Verteilung von zwei Bewohnern im armen und acht im reichen Land die Erträge pro Einwohner gleich waren und keine Armut-Migration mehr stattfand. Dieses „Nash-Gleichgewicht“, bei dem keiner durch Veränderung seines Verhaltens einen Vorteil erreichen kann, wurde, verzögert durch gelegentliche erfolgreiche Blockierung, immer erreicht.
Im Spiel litten nur die Vertreter des armen Landes mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn oder 20 Prozent unter Klimaereignissen, die für sie in drei Spielrunden einen Ernteausfall zur Folge hatten. Wenn ein Klimaereignis angekündigt wurde, stieg die Zahl der Migranten auch im Gleichgewicht an über die reine Armut-Migration hinaus. Die Vertreter der reichen Länder versuchten, die Migranten aufzuhalten. Während des Klima-Ereignisses sanken die Bemühungen der Armen für den Klimaschutz, die der Reichen stiegen dagegen – allerdings nicht auf das notwendige Maß.
Ziel verfehlt
Die meisten Spielgruppen erreichten das Klimaziel nicht und verloren ihr Geld, obwohl die Reichen weit größere finanzielle Reserven hatten als die Armen. „Solange die Hoffnung besteht, das andere das aufbringen, was man selbst spart, gehen manche Menschen offenbar das Risiko ein, am Ende selbst zu verlieren“, sagte Manfred Milinski vom Plöner Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie.
Erstaunlicherweise sind die Armen ab der Überschreitung eines bestimmten Mindestbeitrags der Reichen aber bereit zumindest zu versuchen, den fehlenden Betrag für das Erreichen des Klimaschutzziels aufzubringen. Eine globale Zusammenarbeit könnte also möglich sein, solange sich die wirtschaftlich Mächtigen bemühen, den Klimawandel zu verlangsamen.
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