„Regierung ist Marionette für Öllobby!“

Norwegen erlaubt Ölbohrungen in der arktischen Randeiszone

In krassem Gegensatz zu allen wissenschaftlichen Empfehlungen gab die norwegische Regierung (schon Ende April) bekannt, dass sie Ölbohrungen in der Arktis innerhalb der marginalen Eiszone zulassen wird. Friends of the Earth Norwegen hat die Entscheidung als Schande bezeichnet: „Die Regierung ist eine Marionette für die norwegische Öl-Lobby!“ sagte Silje Ask Lundberg, Leiterin von Friends of the Earth Norway.

Lundberg weiter: „Die Randeiszone ist das wichtigste Gebiet in der Arktis, und muss geschützt werden. Ich kann nicht glauben, dass die Regierung jetzt bereit ist, alle wissenschaftlichen Beweise zu ignorieren und die arktische Tierwelt zu gefährden. Dies führt Norwegen zum Zeitpunkt eines klimatischen Notstands in eine völlig falsche Richtung“.

Die marginale Eiszone ist das Gebiet in der Arktis, wo der offene Ozean und das Meereis aufeinander treffen. Das Gebiet ist ein ökologischer Hotspot und spielt eine entscheidende Rolle im Ökosystem der Arktis, denn es bietet Wildtieren wie Eisbären, Belugawalen, Narwalen und Walrossen ein Zuhause. Es bietet anderen Tieren wichtige Nahrung zum Überleben. Die Forschung zeigt, dass nicht nur das Eis selbst wichtig für das Leben in der Arktis ist. Die gesamte Region ist entscheidend für das Ökosystem und sein Überleben. Norwegische wissenschaftliche Experten haben der Regierung daher geraten, die südliche Grenze der marginalen Eiszone mit maximaler Wahrscheinlichkeit mit Eis zu versehen. Das heißt, eine Eishäufigkeit von 0,5%.

Eine solche Grenze stünde im Widerspruch zu den norwegischen Ölbohrlizenzen, die bereits im Norden der Barentssee erteilt wurden. Deshalb hat die norwegische Regierung jetzt einen „Kompromiss“ geschlossen. Obwohl dies von der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht unterstützt wird, hat sich die Regierung dafür entschieden, die marginale Eiszone mit einer Eishäufigkeit von 15% zu definieren. Infolgedessen wird die südliche Grenze der marginalen Eiszone weiter nördlich, direkt über den bereits erteilten Öllizenzen, platziert.

„Wir können nicht glauben, dass die norwegische Regierung meint, sie könne sich über wissenschaftliche Fakten hinwegsetzen und ihre eigene Definition der Eisrandzone vornehmen, nur um sicherzustellen, dass sie weiterhin in der Arktis nach Öl bohren kann. Diese Politik zeigt, dass die Regierung ihre Entscheidungen nicht auf Wissenschaft oder Forschung stützt. Vielmehr seien sie Marionetten für die norwegische Öllobby“, sagt Lundberg.

Die von Greenpeace und weiteren Umweltschützern eingereichte Klage gegen Ölbohrungen in der Arktis kommt dem Internetportal enorm-magazin.de zufolge in Norwegen Ende des Jahres vor den Obersten Gerichtshof. Das Gericht wird sich ab dem 4. November an insgesamt sieben Anhörungstagen mit der Klimaklage befassen, wie die Klägerparteien am Dienstag mitteilten.

Nicole Allé in energiezukunft: „In der Tiefe der Nordsee vor Norwegens Küste liegen 2,7 Milliarden Barrel Öl – was laut Unternehmen etwa einem Wert von gut 100 Milliarden US Dollar entspricht. Dafür kann man sich im eigenen Land schön viel Klimaschutz leisten – mit Elektroautos für jeden und Wasser- sowie Windkraft für die landeseigene Energieversorgung. Und für die Dieselschiffe in Norwegens atemberaubenden Fjorden findet sich sicherlich auch bald eine nette, nachhaltig aussehende Lösung. Das ist besser als nichts, jedoch ziemlich doppelmoralig.“

Das norwegische Paradox

Die norwegische Regierung nennt laut dem schweizerischen Internet-Portal watson („Drei Punkte zeigen, weshalb Norwegens Verhältnis zum Erdöl paradox ist“) die kommerzielle Erdölförderung „umweltsicher, erwünscht und notwendig“. Kein Land bohre umweltschonender. Norwegen will gar Vorbild für andere Ölstaaten sein. Equinor schreibt, das Ölfeld Johan Sverdrup sei „nicht nur gut für Investoren, sondern auch für das Klima“. Kaum zu glauben, aber dem Konzern zufolge setze die norwegische Öl-Förderung bis zu 90 Prozent weniger Emissionen frei als herkömmliche Bohrinseln. watson: „Das Engagement für den Klimaschutz auf der einen Seite und der Enthusiasmus über die Erschließung neuer Ölfelder auf der anderen verdeutlichen das norwegische Paradox. Kritik kommt derweil auch aus der Wissenschaft. „Die norwegische Regierung ist sich ihres Paradoxes sehr wohl bewusst. Das Eröffnen neuer Ölfelder im Norden in Zeiten des Klimawandels ist laut dem früheren Außenminister Jonas Gahr Stør aber nicht ein norwegisches oder regionales Paradox, sondern ein globales. Dementsprechend sei es keine norwegische Aufgabe, dieses Paradox zu lösen, sondern eine globale.“

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