Gastbeitrag von Stefan Rahmstorf im SPIEGEL (Lesehinweis)
Nicht alles CO2, das wir in die Luft pusten, bleibt dort. Ozeane und Wälder schlucken mehr als die Hälfte davon. Das hilft uns – aber wie lange noch?, fragt der Potsdamer Klimawissenschaftler und Meeresforscher Stefan Rahmstorf am 02.07.2020 im SPIEGEL. Waldbrände seien ein Beispiel für die wichtige Rolle des Kohlenstoffkreislaufs im Klimawandel. Verlust von Wald sei eine Quelle von CO2 – ob der Wald nun abbrenne, durch Schädlingsbefall verrotte oder abgeholzt werde.
„Die anhaltende, extreme Hitzewelle in Sibirien hat nicht nur wahrscheinlich zu einem neuen Hitzerekord von 38 Grad Celsius innerhalb des Polarkreises geführt, sondern auch Böden und Vegetation ausgetrocknet und dadurch zu massiven Waldbränden beigetragen. Ähnliches haben wir erst vor einigen Monaten bei den großen Feuern in Australien erlebt, die auf das wärmste und trockenste Jahr in der australischen Geschichte folgten. Oder letztes Jahr, als riesige Waldgebiete in Alaska, Kanada und Sibirien brannten. Die Auswertung von Holzkohle in Sedimentbohrkernen legt nahe, dass die Zunahme der Feuer in den borealen Wäldern ein seit mindestens 10.000 Jahren einmaliges Niveau erreicht hat.
Eine Folge dieser Flächenbrände ist die Freisetzung von Kohlendioxid – wichtigstes Verbrennungsprodukt und Ursache der Erderwärmung. Inzwischen haben wir – vor allem durch Verbrennung fossiler Energieträger – die CO2-Menge in der Luft um 45 Prozent erhöht, auf ein Niveau, das unser Planet seit mehreren Millionen Jahren nicht erlebt hat. Doch ohne die Hilfe der Natur wäre es noch viel schlimmer: Von dem CO2, das wir in die Luft geblasen haben, wurde bislang ein Drittel von den Wäldern aufgesogen und ein Viertel vom Ozean. Nur weniger als die Hälfte ist in der Atmosphäre geblieben. Ohne diesen Effekt wäre die Erderwärmung bereits doppelt so stark ausgefallen….