Konzept für EU-Wasserstoffnetz

Europäisches H2-Netz: „So kann es gehen!“

Im Sommer 2020 haben sowohl die Bundesregierung als auch die EU vielfach geforderte erste Schritte auf dem langen Weg in eine wasserstoffbasierte Energiezukunft getan. Mit den jeweiligen Wasserstoffstrategien wurden die Rahmenbedingungen, wie der Markthochlauf für die Wasserstofftechnik erfolgen soll, festgelegt. Denn zum einen möchten alle Energiesektoren von den klimaneutralen Eigenschaften des grünen Wasserstoffs profitieren, zum anderen sind Stand heute weder ausreichend Erzeugungskapazitäten vorhanden, noch können die nötigen, großen Mengen allesamt leitungsgebunden transportiert werden.Die ASUE – Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e. V., legte am 30.07.2020 ein Konzept für ein funktionierendes europäisches Wasserstoffnetz vor.

Es wird erwartet, dass die spezifischen Kosten für die zur Wasserstoff-Erzeugung notwendigen Elektrolyseure fallen werden und so entwickeln die Ferngasnetzbetreiber Grundlagen, wie der grüne Wasserstoff in Europa verteilt werden kann.

Europa: Neues H2-Netz zu 75 % aus umgewidmeten Erdgasleitungen

Die Herstellung von grünem Wasserstoff muss auf Basis erneuerbarer Energien erfolgen. In Europa sind die erneuerbaren Energiequellen aber sehr ungleich verteilt. Während in Südeuropa vor allem Solaranlagen grünen Strom bereitstellen, so ist dies in den nördlichen EU-Ländern vor allem Windenergie. Seit Langem punkten die Gasnetzbetreiber in diesem Zusammenhang mit der Möglichkeit, die kaum planbar anfallenden erneuerbaren Energiemengen in ihrem Gasnetz und den angeschlossenen Gasspeichern aufzunehmen. Durch diese Pufferfunktion kann erneuerbares Gas bedarfsgerecht zu Verbrauchern aus Industrie, Verkehr und auch Immobilien geliefert werden.

Derzeit sind in Deutschland Wasserstoffbeimischungen von weniger als 10 % zulässig. Einige Netzbetreiber reduzieren die maximalen Gehalte wegen unklarer Materialien in gewachsenen Strukturen auf geringere Werte. Denn nicht in jeder Gasleitung kann einfach Wasserstoff an Stelle von Erdgas oder Biomethan transportiert werden. Aber neuere, seit Mitte der 1990er-Jahre erstellte Leitungen sind aus Stählen gefertigt, die als wasserstoffdicht zertifiziert sind.

Auch ist Wasserstoff nicht so einfach zu verdichten wie Methan, dafür hat er pro kg den größeren Energiegehalt und er kann zudem mit größeren Strömungsgeschwindigkeiten transportiert werden. In Summe folgt daraus, dass in vorhandenen Erdgasleitungen nach einer Umwidmung auf Wasserstoff etwa 80 % der vorherigen Energiemenge transport werden kann.

Um eine Grundlage für die zukünftige Wasserstoffwirtschaft zu schaffen, haben sich elf Gasnetzbetreiber aus neun EU-Ländern zusammengetan. Im Juli 2020 haben Swedegas (Schweden), Energinet (Dänemark), OGE und ontras (beide Deutschland), Fluxys (Belgien), Gasunie (Niederlande), GRTgaz und Terega (beide Frankreich), Net4Gas (Tschechien), Snam (Italien) und Enagas (Spanien) ihren gemeinsamen Plan für ein Europa von Nord nach Süd und Ost nach West durchquerendes Wasserstoffnetz vorgestellt. Dabei sollen bis zu 75 % der Strecke aus umgewidmeten Erdgasleitungen bestehen, was im Vergleich zum Leitungsneubau deutlich weniger Aufwand in Kosten und Genehmigungsplanung bedeutet. Ein erster Schritt soll bis 2030 knapp 7.000 km Wasserstoffnetz umfassen, bis 2040 sind 23.000 km geplant.

Zunächst werde es kleinere Inselnetze, wie zum Beispiel den GET H2 Nukleus in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen oder den Industriestandort Rotterdam geben, die zunächst auch noch größere Anteile von blauem oder türkisem Wasserstoff transportieren werden. Später werde der Anteil des grünen Wasserstoffs nach Möglichkeit erhöht und es würden schrittweise weitere Verbindungen zwischen Erzeugern und Verbrauchern hergestellt. Dann sollen auch die Netztransportkosten für Wasserstoff bei überschaubaren 9 bis 17 Cent pro kg und 1.000 km liegen. Die grob geschätzten Investitionen dafür lägen für die untersuchten Netze im Bereich von 27 bis 64 Milliarden Euro bis 2040.

Die Autoren zeigen sich aber offen für zukünftig möglichst viele weitere Teilnehmer aus allen betroffenen Branchen. Denn es sei klar geworden, dass nur ein pan-europäisches Wasserstoffnetz, das parallel zu einem Methannetz mit Erdgas und Biomethan aufgebaut wird, zum Erfolg führen könne. Ein hoher Grad an Standardisierung sei dabei anzustreben, könne wegen der regional stark unterschiedlichen Rahmenbedingungen verschiedene Anpassungen ergeben.

Die Studie wurde unter anderem von der ontras erstellt. Dort kann die pdf-Datei kostenlos heruntergeladen werden.

Die Wasserstoffzukunft wird konkreter

Mit der Studie haben die Autorinnen und Autoren eine den zukünftigen Anforderungen an Klimaschutz, Flexibilität und Versorgungssicherheit entsprechende Diskussionsgrundlage geschaffen. Es wurden erste Rahmenbedingungen formuliert, mit denen auch die zukünftigen Erzeuger und Verbraucher von grünem, blauem und türkisem Wasserstoff kalkulieren können. Hiervon geht hoffentlich ein weiterer Impuls an mögliche Betreiber:innen und Entwickler:innen von Elektrolyseuren, Pyrolyseuren und Plasmalyseuren aus, ihre Projekte und Technologien weiter zu entwickeln und in die Tat umzusetzen. Über eine Abnahme des erzeugten Wasserstoffs brauchen sie sich derweil keine Gedanken zu machen, da viele Endgeräte wie KWK-Anlagen schon heute Wasserstoff ohne große Umbauten als Beimischung oder auch im reinen Betrieb nutzen können (Ein Beispiel dazu aus Haßfurt in unserem YouTube-Kanal: https://youtu.be/9DWX3RpoZa4).

->Quellen: