Sonst wird Klimavorgabe verfehlt
Trotz neuer Technologien und Zielvorgaben steigen die weltweiten CO2-Emissionen im Straßengüterverkehr. In einer Studie für Nature Climate Change schreiben drei Autoren aus Deutschland und Kanada am 25.08.2020, dass die aktuellen und angekündigten Politikmaßnahmen nicht ausreichen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Ihr Fazit: Es braucht deutlich strengere und integrierte Maßnahmen zur Reduktion sowie höhere Preise für Emissionen.
Der Verkehr ist weltweit für fast ein Viertel der Treibhausgasemissionen verantwortlich, 72 Prozent davon verursacht allein der Straßenverkehr. Der Verkehrssektor ist der einzige Bereich, in dem die Emissionen noch steigen – obwohl Politikmaßnahmen ergriffen und angekündigt wurden, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen: Im Vergleich zu 2019 müssen die Emissionen bis 2030 um 30 bis 40 Prozent sinken, bis 2050 um 60 bis 80 Prozent – und danach sollen sie bei nahezu null liegen.
Eine gemeinsame Studie von Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und seinen kanadischen Kollegen Jonn Axsen (Simon Fraser University, Burnaby) und Michael Wolinetz (Navius Research, Vancouver) analysiert, welche nationalen und regionalen Politikmaßnahmen die Treibhausgasemissionen des Straßengüterverkehrs langfristig reduzieren können.
Hauptergebnis nach ihrer Auswertung von mehr als 150 Quellen: Ein einzelnes Politikinstrument reicht niemals aus, stattdessen ist ein integrierter Mix strenger Maßnahmen nötig. Zu den wichtigsten gehören CO2-Flottengrenzwerte, Mindestquoten für Nullemissionsfahrzeuge sowie Quoten für CO2-arme Kraftstoffe. Diese Maßnahmen können von geeigneten Preisen und Anreizen begleitet werden.
Beispiele, die bereits in den USA, in Kanada und China erfolgreich umgesetzt wurden, sind strenge Vorgaben, um wieviel die Emissionswerte aller verkauften Fahrzeuge insgesamt bis zu einem festgelegten Zeitpunkt sinken müssen, und verbindliche Marktanteile für Nullemissionsfahrzeuge wie Elektroautos. Letztere fehlen in Europa bisher. Die Autoren empfehlen, die Maßnahmen dieser drei Länder auch in weiteren Staaten einzuführen. Sie betonen aber, dass es stets Anpassungen an die nationalen und regionalen Gegebenheiten braucht und Wechselwirkungen einbezogen werden müssen. Zu den möglichen negativen Wechselwirkungen gehört beispielsweise die doppelte Anrechenbarkeit von Elektrofahrzeugen in Flottengrenzwerten und in Quoten für Nullemissionsfahrzeuge.
Bei der nationalen Umsetzung von Maßnahmen zeigte sich, dass beispielsweise eine Kaufprämie für Elektroautos nur Erfolg hat, wenn sie relativ hoch ist und für mindestens zehn Jahre gilt: Norwegen fördert seit 20 Jahren Elektroautos mit 10.000 bis 15.000 Euro, dort haben diese Fahrzeuge einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent.
Auch fahrzeugbezogene Emissionsstandards für verbrennungsmotorische Fahrzeuge helfen umgehend dabei, Treibhausgasemissionen zu reduzieren – und tun das auch auf lange Sicht. Als besonders ambitioniert führen die Autoren die Europäische Union an, die bis 2030 einen Emissionswert von maximal 59 Gramm CO2 pro Kilometer für jedes Fahrzeug vorschreibt. Dies befördert den Umstieg auf alternative Antriebe, wodurch die Emissionen im Jahr 2030 um 40 Prozent unter denen von 2010 liegen dürften. Allerdings fehlt es in Europa noch an Mindestquoten für Elektrofahrzeuge, die der Industrie langfristige Planungssicherheit bringen würden. Da elektrische Fahrzeuge bisher vor allem von Privatpersonen gefahren werden, empfehlen die Autoren dringend, diese Maßnahmen auch auf den Güterverkehr auszuweiten, beispielsweise durch Mindestanteile für Elektro-Lkw in den Neuzulassungen der Hersteller, wie Kalifornien es vor kurzem als weltweit erste Region beschlossen hat.
Plötz betont: „Für einen langfristigen Erfolg ist es wichtig, Schlupflöcher wie unrealistische Testzyklen zu schließen und ungewollte Effekte wie extragroße Elektroautos zu vermeiden. Dies kann unter anderem durch strenge Kontrollen und zusätzliche Preisanreize gelingen.“
Quellen und weitere Informationen