Studie: Versorgungssicherheit in kalten Wintern sinkt bis 2030

Wärmepumpen werden ineffizienter, je kälter es wird

Mit Grünstrom betriebene Wärmepumpen sollen die Energiewende im Gebäudesektor vorantreiben. Doch bei Kälte treiben sie die Lastspitzen nach oben. Um Versorgungslücken in Nordwesteuropa zu vermeiden, sind robuste und gut koordinierte Ausbaupläne gefragt. In kalten Wintern, wie zuletzt im Jahr 2012, könnte künftig eine Lücke von bis zu 3,2 TWh Strom auftreten. Das zeigt die Studie „2030 Peak Power Demand in North-West Europe“ des Energiewirtschaftlichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln und des französischen Beratungsunternehmens E-CUBE Strategy Consultants im Auftrag des französischen Energieversorgers ENGIE.

 

Bei Kälte treiben Wärmepumpen die Lastspitzen nach oben – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

EWI und E-CUBE haben untersucht, wie das Stromsystem in Deutschland, Frankreich, Dänemark und den Benelux-Staaten auf Kälteperioden im Jahr 2030 reagieren könnte. Die Autoren haben drei Szenarien für die Stromnachfrage definiert, die von unterschiedlichen Elektrifzierungsgraden im Gebäude- und Verkehrssektor ausgehen. Das Ergebnis: Das Risiko von Lücken in der Stromversorgung bei Kälte steigt bis zum Jahr 2030.

„Wärmepumpen sind eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende“, sagt Eglantine Künle, Managerin und Chief Modeller am EWI. „In der Studie haben wir untersucht, wie sie am besten ins System integriert werden können.“ Denn Wärmepumpen spielen in kalten Wintern eine besondere Rolle. „Zum einen müssen sie dann besonders viel Raumwärme bereitstellen. Zum anderen sinkt der Wirkungsgrad von Wärmepumpen, je kälter es wird. Es muss also überproportional viel Strom zum Heizen eingesetzt werden.“ Für die Versorgungssicherheit sei es zentral, wie groß dieser Effekt genau ist. Doch die Abschätzung sei mit vielen Unsicherheiten verbunden, so Künle weiter.

  • Es hänge von mehreren Parametern ab, wie leistungsfähig Wärmepumpen tatsächlich seien. Ihre reale Effizienz sei in der Regel geringer als die Effizienz, die während der Zertifizierung festgestellt werde. Das liege u.a. an sich ändernden Betriebspunkten, Über- oder Unterdimensionierung von Wärmepumpen, Feuchtigkeit, Über- oder Unterladung des Arbeitsmittels.
  • Es sei wichtig, welche Wärmepumpen genau eingesetzt würden, da der Wirkungsgrad und somit die benötigte Strommenge je nach Situation und Technologie variiere. So beeinflussten Erdwärmepumpen die Spitzenlast weniger als Luftwärmepumpen, da ihre Effizienz weniger empfindlich auf die Außentemperatur reagiere. Hybrid-Wärmepumpen senkten den Strombedarf bei niedrigen Temperaturen, indem ein gekoppelter Gaskessel oder eine Pellet-Heizung einen Teil des Wärmebedarfs decke.
  • Es spiele eine Rolle, welche Flexibilität Wärmepumpen bieten könnten, also wieviel Last innerhalb eines Tages verschoben werden könne, erklärt Eglantine Künle.

Drei Wege für mehr Versorgungssicherheit

„Da die Investitionszyklen insbesondere im Gebäudesektor sehr lang sind, hängt die Versorgungssicherheit bei Kälte  im Jahr 2030 von Entscheidungen ab, die heute getroffen werden. Bis zum Jahr 2050 könnte sich das Problem der Spitzenlast in kalten Wintern noch verschärfen“, so Künle.

Neben der Erhöhung der disponiblen Kapazität, etwa durch Gas-Kraftwerke, ergäben sich drei zentrale Handlungsoptionen:

Erstens müssten Szenarien auch sehr kalte Winter sowie die reale Effizienz von Wärmepumpen besser abbilden. Das gelte insbesondere für Szenarien in der Netzplanung.

Zweitens könne die Spitzenlast gezielt durch einen bestimmten Mix von Heiztechnologien gesenkt werden. So könnten weniger elektrische Widerstandsheizungen und mehr Hybrid-Wärmepumpen mehr Flexibilität liefern.

Drittens seien Koordinierungsmechanismen wichtig, um das Flexibilitätspotenzial von Wärmepumpen zu entfalten. Intelligente Zähler und zeitvariable Strompreise könnten unter anderem für weitere Flexibilität sorgen. Dann reduziere sich das Risiko einer Versorgungslücke in sehr kalten Wintern, so das Resümé der Studie.

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