Grüner Wasserstoff Schlüssel zur Emissionsreduzierung
Um die nationalen Klimaziele zu erreichen, wird eine teilweise Umstellung des deutschen Straßenverkehrs auf Wasserstoff diskutiert. Ein Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) hat den Umstieg auf Wasserstoffantriebe anhand mehrerer Szenarien untersucht. Das Fazit: Wasserstoffbetriebene Mobilität könnte Treibhausgasemissionen reduzieren und die Luftqualität deutlich verbessern helfen – vor allem bei schweren Nutzfahrzeugen hätte das große Auswirkungen.
„Wasserstoff-Brennstoffzellen-Fahrzeuge bieten im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen Wettbewerbsvorteile hinsichtlich schwerer Lasten, längerer Reichweiten und kürzerer Betankungszeiten – was sie für das Segment der schweren Nutzfahrzeuge besonders attraktiv macht“, erklärt Hauptautorin Lindsey Weger: „Darüber hinaus könnte durch die Umstellung der schweren Nutzfahrzeuge auf grünen Wasserstoff bereits heute eine erhebliche Emissionsminderung erreicht werden – unsere Ergebnisse zeigen ein Potenzial von -57 MtCO2eq jährlich. Dies entspricht unter den derzeitigen Bedingungen einer Senkung der deutschen Treibhausgasemissionen um sieben Prozent.“
Dementsprechend seien mit Wasserstoff-Brennstoffzellen ausgerüstete schwere Nutzfahrzeuge (zu denen hier nicht nur Lkw, sondern auch Nutzfahrzeuge und Busse gehören) eine erwägenswerte Möglichkeit auf dem Weg zur Dekarbonisierung des Straßenverkehrs, resümiert die Wissenschaftlerin.
Straßenverkehr sorgt für besonders hohe Emissionen
Verkehr sei einer der emissionsintensivsten Sektoren sowohl für Klima- als auch für Luftschadstoffe. 2017 sei der deutsche Verkehr für 18,4 Prozent der CO2eq-Emissionen verantwortlich gewesen, davon seien 96 Prozent auf den Straßenverkehr entfallen.
Während Deutschland seine Emissionen seit 1990 in den meisten Wirtschaftsbereichen habe senken können, seien im Verkehrssektor kaum Fortschritte erzielt worden. Der Verkehr sei es, der Deutschlands Ziel einer (dauerhaften) 40-prozentigen Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 vereitle, sagt Weger.
Hauptgründe dafür:
- steigende gefahrene Kilometer
- anhaltende Dominanz fossiler Brennstoffe im Verkehr
- hohe durchschnittliche CO2-Emissionen der Fahrzeuge
Aufgrund außerordentlicher Umstände – einschließlich der Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie – werde Deutschland nun sein ursprüngliches Reduktionsziel für 2020 doch erzielen. Es werde jedoch nicht erwartet, dass es sich dabei um eine dauerhafte Reduzierung handle. So seien beispielsweise die Emissionen des Verkehrssektors Mitte Juni nahezu auf seinem ursprünglichen Niveau geblieben, so die an der Studie beteiligten Wissenschaftler.
Die Gesamtemissionswirkung hänge von der Art der Wasserstoffproduktion ab: Nach der Analyse änderten sich die Emissionen ab dem vollständigen Übergang zum Wasserstoffverkehr jährlich zwischen -179 und +95 MtCO2eq. Wobei die größte Emissionsreduktion durch die umweltfreundliche Wasserstoffproduktion (d.h. kohlenstofffreier Wasserstoff auf der Basis der regenerativ betriebenen Wasserelektrolyse) erreicht werde, während der größte Emissionsanstieg durch die Elektrolyse mit dem fossilen brennstoffintensiven Strom-Strommix entstehe. Somit könne insbesondere grüner Wasserstoff einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der deutschen Treibhausgasminderungsziele leisten, heißt es in der Pressemeldung des IASS.
Das Szenario des grünen Wasserstoffs verspreche die größte Reduzierung der Luftschadstoffe – bis zu 42 Prozent für NMVOCs, NOx und CO – im Vergleich zu den Emissionen des deutschen Energiesektors unter den derzeitigen Bedingungen. Allerdings würde die Herstellung von Wasserstoff mit dem derzeitigen fossil-brennstoffintensiven Strommix zu einem Anstieg oder minimalen Effekt (d.h. kein Nutzen) der Emissionen einiger Schadstoffe führen.
Allein die Umstellung von schweren Nutzfahrzeugen auf grünen Wasserstoff würde bereits eine große Reduktion der Emissionen (-57 MtCO2eq) bewirken. „Nach unseren Berechnungen würden wir, wenn lediglich das Segment der schweren Nutzfahrzeuge diesen Übergang vollziehen würde, bereits fast ein Drittel der möglichen Gesamtreduktion erreichen, wobei nur ein Drittel des gesamten Wasserstoffbedarfs fürs Betanken der gesamten Fahrzeugflotte benötigt würde – eine eindeutig tief hängende Frucht“, sagt Wissenschaftlerin Weger.
Abschließend argumentiert das Autorenteam, dass wasserstoffbetriebene Nutz- und Großfahrzeuge einen schnellen und substanziellen Beitrag zur Gesamtreduktion der Emissionen in Deutschland leisten könnten.
Hintergrundinformation Wasserstoff:
Wasserstoff ist ein ungiftiges, farbloses und geruchloses Gas. Es wird seit Jahrzehnten sicher produziert, kommt in Industrie und Weltraumforschung zum Einsatz. Es besitzt die höchste Energiedichte nach Masse unter den üblichen Kraftstoffen (wenn auch nicht nach Volumen bei Standardatmosphärendruck), und – was wichtig ist – seine Betankungsinfrastruktur ist vergleichbar mit der von konventionellen Straßenkraftstoffen.
Darüber hinaus kann Wasserstoff aus einem breiten Spektrum von Energieformen hergestellt werden, einschließlich erneuerbarer Elektrizität. Er lässt sich leicht speichern etwa komprimiert oder verflüssigt in reiner Form, in einer Mischung mit Erdgas oder gebunden mit größeren Molekülen. Er kann leicht per Pipeline, Lastwagen oder Schiff transportiert werden. Darüber hinaus ist die Verwendung von Wasserstoff in Fahrzeugen sicher und in vielerlei Hinsicht sogar noch sicherer als von Benzin und Diesel.
->Quelle und mehr:
- IASS-Potsdam.de/Wasserstoff-Schwerlaster
- Publikation: Lindsey B. Weger, Joana Leitão, Mark G. Lawrence: Expected impacts on greenhouse gas and air pollutant emissions due to a possible transition towards a hydrogen economy in German road transport, in: International Journal of Hydrogen Energy 12/2020. DOI: https://doi.org/10.1016/j.ijhydene.2020.11.014