Neuer Klimaschutz-Index: Noch kein Land gut genug
Vor dem EU-Klimaziel-Gipfel veröffentlichten Germanwatch, Climate Action Network International und das New Climate Institute eine neue Rangliste der 58 emissionsstärksten Staaten: Sieben EU-Staaten und die EU selbst erhalten die Note „gut“ im Klimaschutz – aber auch fünf EU-Staaten sind in der schlechtesten Kategorie gelandet – Deutschland dagegen leicht verbessert im oberen Mittelfeld.
Wenige Tage vor Beginn des EU-Gipfels zum Klimaziel 2030 zeichnet der heute veröffentlichte Klimaschutz-Index 2021 ein zwiespältiges Bild der Europäischen Union. Während vor allem die skandinavischen EU-Staaten, Aufsteiger Portugal und die EU selbst mit recht guten Noten in der Top-Region des Index zu finden sind, gibt es mit Ungarn, Polen, Tschechien, Slowenien und Zypern auch Ausreißer nach unten. „Unser Klimaschutz-Index zeigt deutlich, dass die EU am Scheideweg steht“, sagt Jan Burck, Hauptautor des von seiner Organisation Germanwatch in Kooperation mit dem NewClimate Institute erstellten Index. „Die EU kann mit einem grün ausgerichteten Wiederaufbau nach der Corona-Krise, einem ehrgeizigeren neuen Klimaziel für 2030 und einer guten Umsetzung und Weiterentwicklung ihres Green Deal zum Zugpferd beim Klimaschutz werden. Sie kann aber auch schwer ins Straucheln geraten, wenn sie Greenwashing statt Green Recovery betreibt und unzureichende Ziele sowie Instrumente im European Green Deal umsetzt.“
Die wichtigsten Ergebnisse
Seit 2005 bietet der Climate Change Performance Index (CCPI) jährlich ein unabhängiges Kontrollinstrument, um die Klimaschutzbemühungen von 57 Ländern und der EU zu messen. Damit verbessert er die Transparenz in der internationalen Klimapolitik und ermöglicht einen Vergleich der Klimaschutzleistungen und Fortschritte der einzelnen Länder.
Der CCPI analysiert und vergleicht den Klimaschutz in 57 Ländern (plus EU als Ganzes) mit den höchsten Emissionen. Zusammen sind diese Länder für 90 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Der Index soll die Transparenz in der internationalen Klimapolitik erhöhen und einen Vergleich der Minderungsbemühungen und Fortschritte der einzelnen Länder ermöglichen.
Der Climate Change Performance Index (CCPI) 2021 zeichnet ein gemischtes Bild des Klimageschehens der Europäischen Union (EU). Die skandinavischen EU-Länder, Portugal und die EU insgesamt rangieren mit relativ guten Indikatoren ganz oben auf dem Index. Ungarn, Polen und die Tschechische Republik fallen jedoch als Nachzügler beim Klimafortschritt innerhalb des Blocks auf.
In der Gesamtwertung hat sich die EU vom 22. Platz im letzten Jahr auf den 16. Platz in diesem Jahr verbessert, was fast ausschließlich auf eine wesentlich besser bewertete Klimapolitik zurückzuführen ist.
Der jüngste Climate Change Performance Index zeigt deutlich, dass die EU an einem Scheideweg steht. Die EU kann beim Klimaschutz mit grünen Sanierungsmaßnahmen nach der Coronavirus-Krise eine Vorbildfunktion einnehmen, indem sie ein ehrgeiziges Klimaziel für 2030 im Einklang mit der 1,5°C-Grenze und eine gute Umsetzung und Weiterentwicklung ihres Green Deal festlegt. Sie kann aber auch ins Straucheln geraten, wenn sie Greenwashing statt Green Recovery betreibt und unzureichende Ziele und Instrumente im europäischen Green Deal umsetzt.
Nur drei G20-Mitglieder führen die Rangliste an, sechs davon ganz unten
Auch die G20 zeigt ein gespaltenes Bild. Das Vereinigte Königreich (5. Platz), Indien (10. Platz) und die EU schneiden auf dem Index gut ab. Die große Mehrheit der G20-Länder liegt jedoch in der Rangliste zurück. Die USA (61. Platz), Saudi-Arabien (60. Platz), Kanada (58. Platz), Australien (54. Platz), Südkorea (53. Platz) und Russland (52. Platz) werden alle als „sehr niedrig“ eingestuft.
Während ein Wendepunkt bei den globalen Emissionen in Reichweite zu sein scheint, befindet sich fünf Jahre nach dem Pariser Abkommen kein Land auf einem Pfad, der die Ziele des Pariser Abkommens erfüllt. Insgesamt haben die Treibhausgasemissionen leicht zugenommen, sind aber in mehr als der Hälfte der untersuchten Länder (32) sogar rückläufig. In zwei Dritteln der Länder (38) stammen inzwischen mehr als zehn Prozent des gesamten Primärenergiebedarfs aus erneuerbaren Quellen, und in zwölf Ländern beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien mehr als 20 Prozent.
„Umso entscheidender ist es jetzt, dass die weltweite wirtschaftliche Erholung nicht nur die sich belebenden Volkswirtschaften unterstützt, sondern gleichzeitig auch die Vorbereitung auf eine kohlenstofffreie Weltwirtschaft vorantreibt. Ob die Mehrzahl der für den Index untersuchten Erholungsmaßnahmen zu einer Verringerung oder Erhöhung der Treibhausgasemissionen führt, ist noch unklar. Aber es gibt immer noch Raum für die Gestaltung der Konjunkturpakete, und viele gute Massnahmen sind in der Diskussion“, sagt Prof. Niklas Höhne vom NewClimate Institute.
Rückgang der Klimaleistung in Spanien, Belgien und Griechenland
Schweden (4. Platz, Kategorie „hoch“) bleibt zum vierten Mal in Folge internationaler Spitzenreiter im Klimaschutz. Allerdings ist Schweden auch kein „Klima-Vorbild“. Wie bisher jedes andere Land ist es noch nicht auf dem Weg, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen (weshalb auch die ersten drei Plätze der CCPI unbesetzt bleiben). Auf der anderen Seite setzt Schweden Standards in den Bereichen Treibhausgasemissionen, erneuerbare Energien und Klimapolitik (jeweils in der Spitzengruppe). Der sehr hohe Energieverbrauch pro Kopf (Platz 49) verhindert eine noch bessere Bewertung des Landes. In der Gesamtwertung folgen das Vereinigte Königreich (5. Platz) und Dänemark (6. Platz). Portugal (von Platz 25 auf Platz 17) und Neuseeland (von Platz 37 auf Platz 28) gehören zu den größten Aufsteigern. Auch Japan kletterte um sechs Plätze nach oben (von Platz 51 auf Platz 45), erhält aber immer noch die Bewertung „niedrig“ (im Vorjahr: „sehr niedrig“). Den stärksten Rückgang verzeichnen hingegen Slowenien (von Platz 44 auf Platz 51), Spanien (von Platz 34 auf Platz 41), Belgien (von Platz 35 auf Platz 40) und Griechenland (von Platz 28 auf Platz 34).
Marokko, Chile und Indien: drei Entwicklungsländer unter den ersten zehn
Drei Entwicklungsländer befinden sich ebenfalls unter den ersten zehn in der Rangliste: Marokko (7.), Chile (9.) und Indien (10.). Stephan Singer, Senior Advisor, Netzwerk Globale Energiepolitiken des Klimaaktionsnetzwerks: „Die größten Länder, die fossile Brennstoffe exportieren und produzieren und weniger als 10% der Weltbevölkerung ausmachen, sind die Vereinigten Staaten, Russland, Saudi-Arabien und Australien, die zu Recht am unteren Ende der Tabelle stehen. Sie gehören zu den größten Kohlenstoffverschmutzern und den größten Energieverbrauchern. Keines dieser Länder verfügt über eine brauchbare föderale Klimapolitik zur Verringerung der Kohlenstoffverschmutzung. Das zeigt die einflussreiche Macht der fossilen Brennstoffindustrien in diesen Ländern. Auf der anderen Seite sehen wir viele kleinere Nationen wie Portugal, Marokko, Chile und andere in Europa, die viel besser abschneiden. Um die Klimakrise wirksam zu bekämpfen, müssen wir als Zivilgesellschaft das Geschäftsmodell der Unternehmen für fossile Brennstoffe weltweit abbauen“.
USA, Saudi-Arabien und Iran: die schlechtesten Ergebnisse
Wieder einmal ist die Leistung der USA katastrophal: Das letzte Jahr unter Präsident Trump ist das zweite Mal in Folge, dass die USA auf dem letzten Platz hinter Saudi-Arabien rangieren. In allen vier Kategorien mit Ausnahme der erneuerbaren Energien („niedrig“) landen die USA am Ende am unteren Ende der Tabelle („sehr niedrig“) und erhalten als einziges Land neben Australien und Algerien sowohl in der nationalen als auch in der internationalen Klimapolitik die schlechteste Bewertung „sehr niedrig“. Die Pläne des designierten Präsidenten Biden bieten große Chancen, diese Bewertung deutlich zu verbessern, aber nur, wenn die Versprechen aus dem Wahlkampf auch tatsächlich eingelöst werden. Angesichts der noch unklaren Mehrheitsverhältnisse im Senat ist es ungewiss, wie viel davon umgesetzt wird.
Die Veröffentlichung des Globalen Klima-Risiko-Index‘ 2021 ist für den 25. Januar – kurz vor Beginn des UN Climate Adaptation Summit – geplant.
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