Wasserverbrauch und -knappheit entlang globaler Lieferketten

Forschungsvorhaben WELLE untersucht Wasserfußabdruck von Unternehmen – Lokale Maßnahmen in Globalen Wertschöpfungsketten – Untersuchung des Wassermengen-Verbrauchs der Industrie

Mit dem Ziel einer optimierten Methode der Bilanzierung von Wasser, sind unter Federführung der Forschungsstelle SEE an der TU Berlin und der  Industrie im Rahmen des Forschungsprojektes WELLE der Wassermengen-Gebrauch von Organisationen entlang ihrer Wertschöpfungsketten untersucht worden. Laut einer Medienmitteilung des Kupferinstituts sollten entsprechende Wasserbilanz-Analysemethoden verbessert und damit einhergehende geeignete Instrumente für Handlungsempfehlungen entwickelt werden. Besonders interessant ist die frei verfügbare Software, die eine systematische Erfassung der Wasserdaten der betrachteten Kette vereinfachend ermöglicht. Dadurch kann – so der (englische) Projektbericht – verhindert werden, dass durch das Thema „Wasser“ ein Problem in der Wertschöpfungskette entsteht.

Kurzfassung

Im Forschungsvorhaben WELLE sollen methodische und praktische Lösungen zur Bestimmung des gesamten Wasserfußabdrucks von Unternehmen entwickelt werden. Neben dem direkten Wasserverbrauch am Produktionsstandort werden in diesem Ansatz auch indirekte Wassernutzungen in den Energie- und Materialvorketten berücksichtigt. Um diese Methode praktisch anwendbar zu machen, wurde ein Leitfaden für Unternehmen entwickelt und eine Wasserinventardatenbank sowie ein Water Footprint Tool zur Berechnung des Wasserfußabdrucks von Unternehmen bereitgestellt. Diese wurden zusammen mit Industriepartnern anhand von Fallstudien getestet und so die ersten Unternehmens-Wasserfußabdrücke für verschiedene Branchen erstellt. Der entwickelte Ansatz kombinierte erstmalig etablierte Methoden zur Bestimmung von Umwelt- und von Wasserauswirkungen. Nach Einschätzung des Wasserrisikos wird WELLE lokale Hot-Spots identifizieren, in denen Water Stewardship-Maßnahmen durchgeführt werden. Diese sind je nach Ergebnis der Fallstudien voraussichtlich bei Zulieferern in Südafrika, USA, Italien, China, Indien und Chile geplant.

Arbeitsschwerpunkte

  • Entwicklung einer Methode zur Messung des Wasserfußabdrucks von Unternehmen auf Grundlage des Produkt Wasserfußabdrucks und der organisationsbezogenen Ökobilanz
  • Bereitstellung einer geografisch expliziten Wasserinventardatenbank
  • Verknüpfung der Methode und Datenbank in einem Water Footprint Tool
  • Erstellung des Wasserfußabdrucks für Fallstudien der Industriepartner
  • Detaillierte Analyse des lokalen Wasserrisikos von relevanten Standorten und Zulieferern
  • Water Stewardship Maßnahmen in Kooperation mit lokalen Stakeholdern
  • Ableiten von Empfehlungen zur Verbindung von Wasserfußabdruck und Water Stewardship

Da Produkte meist in grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten hergestellt werden, findet ein Großteil unseres Wasserbedarfs außerhalb Deutschlands statt. Oftmals wird das Wasser für die Herstellung unserer Produkte dabei in sehr wasserknappen Regionen der Erde verbraucht, z.B. zur Produktion von Baumwolle aus Zentralasien, Getreide aus Nordafrika oder zur Gewinnung von Erz in Wüstenregionen. Gleichzeitig messen und managen Unternehmen ihren Wasserverbrauch meist nur an Produktionsstandorten, obwohl sich hinter Energie- und Materialvorketten oft deutlich relevantere Wassernutzungen verbergen. Dadurch können lokale Auswirkungen des Wassermangels außerhalb der Produktionsstätten nicht identifiziert und reduziert werden. Die Methode des Unternehmens-Wasserfußabdruck wir diese Lücke schließen. Durch die Verbindung der organisationsbezogenen Ökobilanz-Methode, die den Rahmen zur Bewertung von Umweltauswirkungen von Unternehmen bietet, und der wasserspezifischen Fußabdruckmethode werden Unternehmen ein wissenschaftlich fundiertes Werkzeug erhalten, dessen Anwendbarkeit durch eine spezifische Datenbank und ein hiermit verbundenes Tool verbessert wird.
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Planetarische Grenzen für Wasser – Ein Überblick

Der Begriff „planetarische Wassergrenze“ wurde vorgeschlagen, um Grenzen für eine nachhaltige anthropogene Aneignung von Süßwasser zu bestimmen. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, den Entwicklungsstand und die Anwendungen der Wasserplanetengrenze zusammenzufassen, einschließlich ihrer Integration in die Ökobilanz und die umweltbezogene Input-Output-Analyse. Es wurde eine systematische Literaturrecherche nach Studien mit den Stichworten „planetary boundary“ und „water consumption“ durchgeführt. Alle relevanten Studien wurden entweder als Überarbeitung, Kommentar, eigenständige Anwendung, Anwendung im Rahmen der Ökobilanzierung oder Anwendung im Rahmen der Umwelterweiterten Input-Output-Analyse kategorisiert und anschließend zusammengefasst und diskutiert. Insgesamt sind 35 Studien aus dem Zeitraum von 2009 bis Mitte 2020 Gegenstand dieser Überprüfung. Jüngste Weiterentwicklungen wie räumlich differenzierte Schwellenwerte und verfeinerte Untergrenzen haben anfängliche Unzulänglichkeiten des Konzepts einer planetarischen Wassergrenze behoben. Eigenständige Anwendungen der planetarischen Wassergrenze haben entweder lokale Schwellenwerte festgelegt oder faire Anteile der zuvor definierten globalen Schwellenwerte zugewiesen. Mehrere Autoren haben das Konzept der Wasserplanetengrenze in die Ökobilanz integriert, z.B. über Charakterisierungsfaktoren, Gewichtung oder Normalisierung, oft unter Berücksichtigung von Sharing-Prinzipien. Eine Anwendung der Wasserplanetengrenze in der umwelterweiterten Input-Output-Analyse ist weniger vertreten, obwohl einige Autoren ihre Leistungsfähigkeit bei der Untersuchung von Ursachen für die Überschreitung lokaler Schwellenwerte demonstriert haben. Für einige der überprüften Studien bleibt eine Verbindung zur Wasserplanetengrenze eher vage, da diese Studien lediglich die Wasserverfügbarkeit im Vergleich zum Verbrauch untersuchen. Obwohl es mit Vorsicht angewendet werden sollte, kann das Konzept einer planetarischen Grenze für die Süßwassernutzung dazu beitragen, die Grenzen eines nachhaltigen Süßwasserverbrauchs zu verstehen. Viele Studien legten Schwellenwerte für die Wassernutzung fest, verzichteten aber darauf, die ursächlichen Treiber im Detail zu analysieren. Zu den Herausforderungen bei der weiteren Erforschung gehören die Überwindung der räumlichen und zeitlichen Inkongruenz von umweltbezogenen Wirtschaftsrechnungen und hydrogeologischen Daten (siehe: Jonas Bunsen, Markus Berger, Matthias Finkbeiner: Planetary boundaries for water – A review, in: Ecological Indicators, Volume 121, 2021,  doi.org/10.1016/j.ecolind.2020.107022).

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Abstract: „Analyse des Wasserverbrauchs und Minderung der Wasserknappheit entlang globaler Lieferketten“

Süßwasser erhält das Leben auf unserem Planeten, steht aber aufgrund des Bevölkerungswachstums, des erhöhten Wasserverbrauchs, der Verschmutzung und des Klimawandels unter zunehmendem Druck. Die Bewältigung der Süßwasserknappheit ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und wurde 2015 in die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) als grundlegendes Ziel (Nr. 6) der internationalen Gemeinschaft aufgenommen. Auch das Weltwirtschaftsforum hebt die „Wasserkrise“ seit vielen Jahren als eines der globalen Top-Risiken hervor.

Die Wasserressourcen sind ungleichmäßig über den Globus verteilt; das mcht Wasserknappheit an vielen Orten der Welt zu einem lokalen Problem. Gleichzeitig weitet sich der internationale Handel aus, und die Lieferketten haben zunehmend transnationalen Charakter. Wasser, das in den von Knappheit betroffenen Einzugsgebieten, die oft im Globalen Süden liegen, genutzt wird, wird in Produktionsprozesse der Industrieländer integriert. Ein nachhaltiger Umgang mit den begrenzten Süßwasserressourcen der Welt ist somit eine globale Verantwortung, wobei die meisten Organisationen den Wasserverbrauch ihrer eigenen Einrichtungen bisher nur über Umweltmanagementsysteme oder andere interne Buchhaltungsmethoden messen.

Diese Ansätze geben zwar einen Überblick über den Wasserbedarf vor Ort und mögliche Maßnahmen am Standort, berücksichtigen aber nicht den gesamten Einflussbereich einer Organisation auf die Süßwasserressourcen der Welt. Studien zum Wasserfußabdruck von Industrieprodukten haben erneut gezeigt, dass der Wasserverbrauch am Produktionsstandort meist nur die Spitze des Eisbergs ist. Der größte Teil des Wasserverbrauchs eines Produkts und der daraus resultierenden Auswirkungen findet oft in den Lieferketten statt, z. B. bei der Produktion von landwirtschaftlichen Gütern, dem Abbau von Bodenschätzen oder der Erzeugung von Strom aus fossilen Brennstoffen.

Um diese Diskrepanz zwischen wasserbezogenen Hotspots entlang von Wertschöpfungsketten und dem Fokus von Organisationen auf die Wassernutzung in ihren Betrieben zu adressieren, wurde das Forschungsprojekt „Water Footprint for Organizations – Local Measures in Global Supply Chains (WELLE)“ ins Leben gerufen. Es stellt eine Multi-Stakeholder-Forschungskooperation zwischen der TU Berlin, Evonik, German Copper Alliance, Neoperl, thinkstep und Volkswagen dar und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme GRoW (Global Re-source Water) gefördert. WELLE zielt darauf ab, Organisationen dabei zu unterstützen:

  • den Wasserverbrauch und die daraus resultierenden lokalen Konsequenzen „jenseits des Zauns“ entlang von Wertschöpfungsketten zu analysieren, d. h. den organisatorischen Wasser-Fußabdruck zu bestimmen
  • lokale Hotspots in globalen Lieferketten zu identifizieren
  • Maßnahmen zu ergreifen, um den organisatorischen Wasser-Fußabdruck zu reduzieren und
  • die Wasserknappheit in kritischen Einzugsgebieten und in Zusammenarbeit mit Zulieferern und lokalen Stakeholdern abzumildern

Typischerweise wird eine Organisation im weitesten Sinne als eine Einheit definiert, die ein bestimmtes Ziel oder eine bestimmte Aktivität verfolgt, wie z. B. die Produktion von Gütern oder die Bereitstellung von Dienstleistungen, z. B. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, NGOs usw. Im Rahmen des WELLE-Projekts wurde eine Methode zur Analyse des Wasser-Fußabdrucks einer Organisation entwickelt, zusammen mit einer Datenbank und dem WELLE-Tool zur Unterstützung der Anwendbarkeit. Die Methode, die Datenbank und die Präsentation des WELLE-Tools wurden in Fallstudien der Industriepartner getestet und verfeinert. Während die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts sehr detailliert in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden, soll dieses Dokument eine Anleitung für Praktiker bieten, die den Wasserverbrauch und die daraus resultierenden lokalen Konsequenzen entlang der Lieferketten ihres Unternehmens analysieren möchten. Der nächste Abschnitt beschreibt die Vorgehensweise zur Durchführung einer Organizational Water Footprint Studie. Abschnitt 3 stellt das WELLE-Tool vor, das die Anwendung der Methode unterstützt. Schließlich werden in Abschnitt 4 Maßnahmen diskutiert, die ergriffen werden können, um den Wasser-Fußabdruck einer Organisation zu reduzieren und die Wasserknappheit entlang der Lieferketten abzumildern. Praktische Beispiele aus einer Fallstudie, die vom Industriepartner Neoperl durchgeführt wurde, werden in diesem Leitfaden verwendet, um die Anwendung der Methode und des WELLE Tools zu veranschaulichen.

Zusammenfassung

Süßwasser ist eine lebenswichtige Ressource für Menschen und Ökosysteme, doch in vielen Regionen der Welt ist es knapp. Vor diesem Hintergrund wurde das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt „Wasserfußabdruck für Unternehmen – Lokale Maßnahmen in globalen Lieferketten (WELLE)“ von der TU Berlin, Evonik, der Deutschen Kupferallianz, Neoperl, thinkstep und Volkswagen gestartet. Das Projekt zielt darauf ab, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihren gesamten organisatorischen Wasserfußabdruck zu ermitteln, lokale Hotspots in globalen Lieferketten zu identifizieren und Maßnahmen zu ergreifen, um ihren organisatorischen Wasserfußabdruck zu reduzieren und die Wasserknappheit in kritischen Einzugsgebieten zu mindern.Im Rahmen des WELLE-Projekts wurde eine Methode zur Analyse des Wasserfußabdrucks eines Unternehmens entwickelt. Diese Practitioners‘ Guidance soll Stakeholder bei der Durchführung von Studien zum Organizational Water Footprint unterstützen, indem die Methode klar und übersichtlich dargestellt und jeder Schritt mit einem praktischen Beispiel illustriert wird. Des Weiteren wird die WELLE-Datenbank vorgestellt, die Wasserverbrauchsdaten der indirekten Aktivitäten einer Organisation (Material- und Energieeinkauf, Geschäftsreisen, Kantinen, etc.) in einer räumlich expliziten Weise bereitstellt. Um die Anwendung der Methode und der Datenbank zu erleichtern, wurde das WELLE-Tool entwickelt und in diesem Leitfadeneine Anleitung zu seiner Anwendung  vorgestellt. Abschließend werden Möglichkeiten vorgestellt, den Wasser-Fußabdruck einer Organisation zu reduzieren und die lokale Wasserknappheit durch Water Stewardship-Ansätze, nachhaltige Einkaufsstrategien und Ecodesign-Maßnahmen abzumildern.Durch die Analyse ihres Wasser-Fußabdrucks können Organisationen den Wasserverbrauch und die daraus resultierenden lokalen Auswirkungen am Standort und „jenseits des Zauns“ entlang globaler Lieferketten ermitteln. Auf diese Weise können sie Wasserrisiken reduzieren und zu einem nachhaltigeren Umgang mit den begrenzten Süßwasserressourcen der Welt beitragen.

->Quellen: