Bernreuter Research: 2022/23 droht Überangebot
Nach drei Jahren nahezu stagnierender Nachfrage tritt die Polysilizium-Industrie in eine neue Phase des dynamischen Wachstums ein. „Da Photovoltaik-Kraftwerke zur billigsten Energiequelle geworden sind, werden die weltweiten PV-Installationen in den kommenden Jahren schneller zunehmen, als viele heute denken. Das wird die Nachfrage nach Polysilizium antreiben“, sagt Johannes Bernreuter, Chef von Bernreuter Research und Autor des am 10.12.2020 herausgekommenen Polysilizium-Marktausblicks 2024 unter dem Titel „The Polysilicon Market Outlook 2024“.
Während 2021 Versorgungsengpässe nahezu sicher erwartet werden dürfen, sieht Bernreuter für 2022 das Risiko eines aufkommenden Überangebots voraus, das sich 2023 noch verstärken werde. „Damit der Markt im Gleichgewicht bleibt, müssten die globalen PV-Installationen sowohl 2022 als auch 2023 um 30 % wachsen, um 2023 270 GW zu erreichen. Das ist nicht unmöglich, würde aber eine enorme Beschleunigung des PV-Marktes erfordern“, sagt der Analyst, der für 2020 ein Installationsvolumen von 127 GW erwartet.
Die dafür notwendigen riesigen Polysiliziummengen werden infolge des massiven Kapazitätsausbaus der großen chinesischen Polysiliziumhersteller bereitgestellt werden können – angeführt von Tongwei, das 2020 den deutschen Amtsinhaber Wacker als weltgrößten Produzenten abgelöst hat. Befeuert wird dieser Ausbau durch die stark steigende Nachfrage nach monokristallinem Polysilizium im Allgemeinen und das rasante Wachstum von Longi und Zhonghuan Semiconductor, den beiden größten Herstellern monokristalliner Solarwafer, im Besonderen.
- Infolgedessen wurden zwischen 2017 und 2019 14 kleine und mittelgroße chinesische Polysiliziumunternehmen aus dem Markt gedrängt, die hauptsächlich minderwertigeres Material für multikristalline Wafer produzierten;
- außerdem haben alle drei südkoreanischen Polysiliziumhersteller die Produktion von solarem Material aufgegeben;
- das US-amerikanische Unternehmen REC Silicon hat sein Werk eingemottet und
- Hemlock Semiconductor seine Produktionskapazität halbiert.
Insgesamt hat die zweite Bereinigungswelle in der Polysiliziumindustrie eine Kapazität von rund 275.000 Tonnen (MT) eliminiert, verglichen mit 135.000 MT während der ersten Welle zwischen Ende 2010 und Anfang 2013. Infolgedessen ist der Anteil Chinas an der weltweiten Polysiliziumproduktion – einschließlich der elektronischen Qualität für Halbleiter von 2017 bis 2020 von etwas mehr als 50 auf fast 75 Prozent gestiegen. Unter den großen chinesischen Akteuren setzt GCL-Poly mutig auf die Wirbelschichtreaktor-Technologie (FBR), um in zwei neuen, großen Anlagen Polysilizium-Granulat zu produzieren. „Es bleibt noch abzuwarten, ob GCL seine neuen Kapazitäten reibungslos hochfahren kann. Aber gleich, welches Szenario letztlich eintritt, alle neuen chinesischen Low-Cost-Anlagen werden den Polysilizium-Spotpreis 2011 auf Werte unter 8 oder sogar 7 US-Dollar pro Kilogramm (5,70 €/kg) drücken“, prognostiziert Bernreuter.
Weitere Details zu den Polysilizium-, Solar- und Halbleitermärkten in „The Polysilicon Market Outlook 2024“. Der 76seitige, fast 2.200 Euro teure Bericht enthält ausgefeilte Szenarien zu Angebot und Nachfrage, detaillierte Prognosen zu Polysiliziumpreisen und Cash-Produktionskosten bis 2024 sowie die neuesten Entwicklungen des dominierenden Siemens-Prozesses, der FBR-Technologie und des aufbereiteten metallurgischen Siliziums (UMG).
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