Lockdown(s) ohne großen Effekt

Längerfristige Entscheidungen maßgeblich

Obwohl Corona den Treibhausgas-Ausstoß kurzfristig deutlich zu senken geholfen hat, wird der Pandemie-Effekt auf den Klimawandel auf lange Frist verschwindend gering ausfallen. Zwei in Science Advances und Nature Climate Change publizierte Untersuchungen besagen, dass weder die Lockdowns inklusive heruntergefahrener Industrieproduktion noch der Rückgang der Flugreisen einen nachweisbaren Effekt auf das Klima haben werden. Wichtiger seien dagegen längerfristige Reaktionen der Staaten, wenn sie ihre Wirtschaften langsam wieder hochfahren.

Kondensstreifen über Berlin – Foto © Solarify

„Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass sogar größere Absenkungen von Emissionen nur einen kleinen und wahrscheinlich nicht nachweisbaren Effekt auf das Klima haben, wenn sie nur für eine kurze Zeit bestehen“, sagte John Fyfe, wie alle Autoren vom Canadian Centre for Climate Modelling and Analysis am 05.03.2021 in Science Advances. „Die globale Erwärmung zu reduzieren und letztendlich die globalen Durchschnittstemperaturen zu stabilisieren würde voraussetzen, dass kontinuierlich Jahr für Jahr die Netto-Emissionen auf Null gesenkt werden.“

Die Autoren schätzten die möglichen Auswirkungen der kurzfristigen Emissionsverringerungen auf Temperaturen und Niederschläge, indem sie die Reaktion eines Erdsystemmodells auf eine Reihe idealisierter kurzfristiger Emissionspfade analysierten, die in den verfügbaren Modellvergleichsprojekten nicht berücksichtigt worden seien. Die Schätzungen hätten vergleichsweise bescheidene Auswirkungen auf das globale und regionale Klima ergeben. Es habe sich  zwar eine vorübergehende Verbesserung der Erwärmungsrate infolge der Kohlendioxid- und Aerosolemissionsreduktionen gezeigt. Es kam aber auch heraus, dass selbst starke Emissionsreduktionen, wenn sie lediglich kurze Zeit dauern, geringe und wahrscheinlich keine nachweisbare Auswirkungen haben.

Deswegen komme es nun auf die Maßnahmen der einzelnen Länder zur Ankurbelung der Wirtschaft an, die auf lange Sicht entweder negative oder positive Auswirkungen auf die Emissionen haben und so den Verlauf des Klimawandels entscheidend beeinflussen könnten.

7 % Rückgang

Auf sieben Prozent bezifferten Wissenschaftler um Corinne Le Quere von der University of East Anglia im britischen Norwich in einer anderen in Nature Climate Change publizierten Untersuchung den Rückgang der CO2-Emissionen. Die seien 2020 im Vergleich zu 2019 um 2,6 auf 34 Gigatonnen gesunken – die bisher größte beobachtete Reduktion.

Fünf Jahre nach der Verabschiedung des Pariser Klimaabkommens sei die ständige Zunahme der globalen CO2-Emissionen ins Stocken geraten. Die widersprüchlichen Auswirkungen der Post-COVID-19-Investitionen in die auf fossilen Brennstoffen basierende Infrastruktur und die jüngste Verschärfung der Klimaziele müssten mit neuen politischen Entscheidungen angegangen werden, um einen Rückgang der globalen Emissionen in der Post-COVID-19-Ära zu erreichen, so Le Quere et. al.. Es seien Senkungen von 1-2 Gt pro Jahr in den kommenden Jahren und darüber hinaus erforderlich, um ein Überschreiten der Erwärmungswerte im Bereich von 1,5 °C bis deutlich unter 2 °C, der Grenze des Pariser Abkommens, zu vermeiden.

Bei den untersuchten Ländern mit hohen Durchschnittseinkommen seien die Emissionen demnach seit der Verabschiedung des Abkommens bis 2019 durchschnittlich um 0,8 Prozent pro Jahr gesunken, 2020 wegen der Corona-Einschränkungen noch mal um neun Prozent. Ähnlich sah es bei den Ländern mit hohen bis mittleren Durchschnittseinkommen aus, die Emissionen sanken dort 2020 allerdings nur um fünf Prozent. Bei den Ländern mit niedrigen Durchschnittseinkommen stiegen die Emissionen zwischen 2015 und 2019 um 4,5 Prozent und sanken 2020 um neun Prozent. Aber: „Die Unterbrechung der Emissionspfade aufgrund der COVID-19-Pandemie bedeutet, dass strategische Maßnahmen jetzt den Aufschwung minimieren und die Weltweiten Emissionen langfristig verstärken könnten.“

Und Le Quere endet: „2021 könnte den Beginn einer neuen Phase in der Bekämpfung des Klimawandels markieren. Die Aufgabe, den Rückgang der globalen Emissionen in der Größenordnung von einer Milliarde Tonnen CO2 pro Jahr aufrechtzuerhalten und gleichzeitig den wirtschaftlichen Aufschwung und die menschliche Entwicklung zu unterstützen sowie die Gesundheit, die Gerechtigkeit und das Wohlergehen zu verbessern, liegt in aktuellen und zukünftigen Maßnahmen. Der drängende Zeitplan wird durch die rasche Entfaltung extremer Klimaauswirkungen ständig unterstrichen.“

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