Kosten für Klimaschutz senken
Der Luft CO2 direkt zu entziehen – dieser Ansatz kann die Kosten für die Vermeidung gefährlichen Klimawandels grundlegend verändern. Damit könnte etwa der Ausstoß von CO2 in der Transportwirtschaft, bei der eine Abkehr von fossilen Brennstoffen schwierig und deshalb teuer ist, etwas verlängert und die finanzielle Last der Emissionsreduktion für zukünftige Generationen verringert werden, so zeigt eine jetzt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) veröffentlichte Studie. Sie untersucht die Rolle der CO2-Entnahme aus der Luft am Beispiel der Energieerzeugung aus Biomasse, kombiniert mit der Abspaltung und Einlagerung von Kohlenstoff (Carbon Capture and Storage, CCS). Die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre kann unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten des Klimaschutzes senken, weil sie ein Ausgleich ist für die Emissionen, deren Verringerung am teuersten wäre. Sie kann aber keinesfalls den Großteil der nötigen Emissionsreduktionen ersetzen, so die Wissenschaftler.
Energiepflanzen entnehmen der Luft CO2
„Wenn der Atmosphäre CO2 entzogen wird, so erlaubt dies eine Trennung der Reduktionsmaßnahmen von Zeitpunkt und Ort der Entstehung der Emissionen – und diese Flexibilität kann sehr wichtig sein für den Klimaschutz“, sagt Leit-Autor Elmar Kriegler. „Man muss dann nicht mehr in jeder Fabrik oder jedem Lastwagen den Ausstoß von Treibhausgasen verhindern, sondern kann zum Beispiel Energiepflanzen anbauen. Die nehmen beim Wachsen CO2 aus der Luft auf – und werden später in Bioenergieanlagen verwertet, wo das CO2 dann unterirdisch verpresst wird.“
Ökonomisch gesehen ermöglicht diese Flexibilität eine Kostensenkung, weil sie jene Emissionen ausgleicht, deren Vermeidung besonders teuer wäre. „Dies bedeutet, dass ein Auslaufen aller CO2-Emissionen bis zum Ende unseres Jahrhunderts – und genau das wäre nötig, um das international vereinbarte Zwei-Grad-Ziel zu halten – nicht das Beseitigen wirklich jeder Emissionsquelle erfordern müsste“, so Kriegler. „Die Entscheidungen, ob und wie zukünftige Generationen vor gefährlichem Klimawandel geschützt werden sollen, müssen heute getroffen werden, aber die Vermeidungsanforderungen für das Erreichen der Ziele werden mit der Zeit wachsen. Die Kosten für zukünftige Generationen könnten deutlich verringert werden, wenn die Technologien zum Entziehen von CO2 aus der Luft langfristig verfügbar werden.“
Die Finanzlast über die Generationen hinweg verteilen
Erstmals wird dies in der nun veröffentlichten Studie quantifiziert. In Szenarienrechnungen, in denen Bioenergie plus CCS nutzbar wird, halbierten sich die Gesamtkosten für den Klimaschutz in diesem Jahrhundert. In Szenarien ohne eine solche Strategie der CO2-Entnahme aus der Luft, stiegen die Kosten für künftige Generationen deutlich – bis hin zu einer Vervierfachung im Zeitraum 2070 bis 2090. Berechnet wurde dies mit einer Computer-Simulation des Wirtschaftssystems, der Energiemärkte und des Klimas.
Die Optionen für das Entziehen von CO2 aus der Atmosphäre umfassen auch Aufforstung oder chemische Verfahren zum Einfangen des Gases oder für dessen Reaktion mit Mineralien zu Karbonat. Allerdings ist der Einsatz von Biomasse plus CCS weniger kostenträchtig als die chemischen Optionen, solange hinreichend Biomassematerial verfügbar ist, erklären die Forscher.