„Treibhausgasminderungs-Quote sehr ambitioniert“
Durch die Anhebung der Treibhausgasminderungs-Quote im Verkehrssektor werden nach Schätzungen der Bundesregierung bis 2030 rund 29 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart. Dies geht aus der Antwort (19/28333) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/27726) der FDP-Fraktion hervor. Die Erhöhung der Quote fördere nachhaltige Optionen für den Verkehr, die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendig seien, schreibt die Bundesregierung weiter. Die Kleine Anfrage zielt auf den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (19/27435).
Dieser dient der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED II) in deutsches Recht. Mit der im Gesetzentwurf für 2030 vorgesehenen Anhebung der Treibhausgasminderungs-Quote auf 22 Prozent werde der Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors signifikant über die EU-Mindestvorgaben der RED II hinaus erhöht, hält die Bundesregierung in ihrer Antwort fest. Die Quote von 22 Prozent sei „sehr ambitioniert“ und berücksichtige, „was naturschutzfachlich vertretbar und technisch umsetzbar ist“. (hib/CHB)
Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Lukas Köhler, Frank Sitta, Jens Beeck,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 19/27726 –
Verfehlung der Klimaschutzziele durch die Treibhausgasminderungsquote
Vorbemerkung der Fragesteller
Technische Innovationen haben den CO2-Ausstoß pro Kilometer im Verkehr seit dem Jahr 2000 um 38 Prozent verringert, aber aufgrund der gleichzeitig deutlich gewachsenen Verkehrsleistung nicht zu einer spürbaren Verringerung der Gesamtemissionen geführt. Im Jahr 2018 waren die CO2-Emissionen im Verkehr in Deutschland mit 162 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten nahezu so hoch wie 1990. Mit einem Anteil von 60,6 Prozent sind Pkw die mit Abstand größte Emissionsquelle im Verkehr, es folgen mit 35,6 Prozent die Straßen-Nutzfahrzeuge inklusive Busse (vgl. www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimaschutz_zahlen_2019_broschuere_bf.pdf). Dieser Anteil von 96,2 Prozent der Emissionen macht den Straßenverkehr zum vorrangigen Problem gegenüber dem nationalen Luftverkehr, der Binnenschifffahrt und dem Schienenverkehr. Laut Bundes-Klimaschutzgesetz dürfen 2026 im Verkehr noch 117 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, im Jahr 2030 noch 95 Millionen Tonnen ausgestoßen werden. Das entspricht einer Minderung gegenüber 2018 um rund 28 Prozent bis 2026 bzw. 41 Prozent bis 2030.
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, gibt es drei Ansatzpunkte: Entweder die Verkehrsnachfrage wird reduziert, das Verkehrsaufkommen wird auf emissionsärmere Alternativen verlagert oder die Antriebsenergie wird defossilisiert. Die Verkehrsverflechtungsprognose konstatiert, dass sowohl das Verkehrsaufkommen als auch die Verkehrsleistung bis 2030 weiter zunehmen. Aus der bisherigen Erfahrung der Verkehrspolitik der letzten 30 Jahre ergibt sich nach Auffassung der Fragesteller weder ein Grund zu der Annahme, dass eine grundsätzliche Verhaltensänderung im Individualverkehr stattfindet noch sind ideologiegetriebene Vorgaben darüber, wie individuelle Mobilität vonstatten zu gehen habe, wünschenswert (vgl. background.tagesspiegel.de/mobilitaet/der-bmu-entwurf-zur-red-ii-ist-klimaschutzfeindlich).
Damit Klimaschutz im Einklang mit dem hohen Gut individueller Mobilität in allen Teilen Deutschlands gelingen kann, ist der richtige Ansatzpunkt nach Ansicht der Fragesteller daher die Defossilisierung der Antriebsenergie. Das beste Instrument hierfür wäre die Einbeziehung des Verkehrs in den EU-Emissionshandel, der zuverlässig zur Klimaneutralität in allen einbezogenen Sektoren führt. Alle Neugestaltungen von Regulierungen sollten die Anschlussfähigkeit zum EU-Emissionshandel als Ziel im Blick haben und geeignete Übergangspfade aufzeigen. Bisher zentrales Instrument der deutschen Klimapolitik ist die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote), die im Jahr 2015 die Biokraftstoffquote abgelöst hat. Wenn diese so ausgestaltet würde, dass sie den Startschuss für den technologieneutralen Wettlauf um die Zukunft gibt und dafür sorgt, dass der notwendige Markthochlauf der zukunftsweisenden Antriebstechnologien nicht länger verschleppt wird, wäre sie aus Sicht der Fragesteller zu begrüßen. Mit dem am 22. September 2020 vorgelegten Referentenentwurf zur Weiterentwicklung der THG-Quote und einer zugehörigen Verordnung, werden diese Aussichten aus Sicht der Fragesteller jedoch zunichte gemacht. Durch die THG-Quote sind die Inverkehrbringer verpflichtet, die durchschnittlich bei der Verbrennung eines Liters Kraftstoff freigesetzte CO2-Menge zu verringern. Die Weiterentwicklung der THG-Quote dient dabei der Umsetzung der Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II), durch welche die Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf einen Mindestanteil erneuerbarer Energien im Verkehr von bisher 10 Prozent im Jahr 2020 auf 14 Prozent im Jahr 2030 angehoben wird.
Der nach langem Hin und Her im Dezember 2020 nachgebesserte Gesetzentwurf sieht nun vor, die THG-Quote bis 2026 auf 10 Prozent und bis 2030 auf 22 Prozent zu erhöhen. Damit ist die Ambitionssteigerung nach Ansicht der Fragesteller unvereinbar mit den Zielen des Bundes-Klimaschutzgesetzes und des Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplans. Der Entwurf ergreift zu-dem die in der RED II vorgesehene Möglichkeit, unterschiedliche Technologien mit verschiedenen Faktoren auf die Mindestanteile erneuerbarer Energie anzurechnen. So entsteht einerseits eine explizite Förderhierarchie, in der bestimmte Technologien bevorzugt, andere benachteiligt werden. Andererseits erfolgt in Konsequenz dieser Förderhierarchie eine um denselben Faktor verminderte tatsächliche Treibhausgasminderung durch die jeweilige Technologie. Die Möglichkeit einer für unterschiedliche Technologien verschiedenen Mehrfachanrechnung ist zwar in der RED II angelegt, ihre konkrete Anwendung und Ausgestaltung in der nationalen Gesetzgebung aus Sicht der Fragesteller aber zumindest fragwürdig.
Neben den eingangs dargestellten Zielen des Bundes-Klimaschutzgesetzes wird im Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan ein indikativer sekto-raler Zielpfad für den Verkehr über den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für den Verkehrssektor angegeben. Hierin wird bis 2025 bereits ein Anteil von 13 Prozent und bis 2030 von 27 Prozent anvisiert. Die Antragsteller haben erhebliche Zweifel, dass die Ziele aus Bundes-Klimaschutzgesetz und Integriertem Nationalen Energie- und Klimaplan mit dem vorliegenden Referentenentwurf erreichbar wären. Verschärft wird der dargestellte Zusammenhang dadurch, dass das EU-Klimaschutzziel auf 55 Prozent THG-Minderung gegenüber dem Jahr 1990 angehoben wurde. Entsprechend sieht das Legislativpaket „Fit für 55“ im Rahmen des Green Deals für Juni 2021 eine Neufassung der RED II vor, um dem neuen Klimaziel Rechnung zu tragen. Damit wird das Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote auch hinsichtlich seiner EU-Konformität bereits in Kürze veraltet und reformbedürftig sein.
1. Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, dass die im Bundes-Klimaschutzgesetz zugelassene Jahresemissionsmenge von 117 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Verkehr im Jahr 2026 nicht überschritten wird?
a Welchen jährlichen Anteil trägt nach Auffassung der Bundesregierung welches Instrument zur Zielerreichung des Bundes-Klimaschutzgesetzes bei?
Die Einhaltung der im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) für den Verkehrssektor sowie die übrigen Sektoren festgelegten Jahresemissionsmengen wird über einen verbindlichen Nachsteuerungsmechanismus sichergestellt. Grundlage hierfür sind die Emissionsdaten, die das Umweltbundesamt jeweils bis zum 15. März eines jeden Jahres für das vorherige Kalenderjahr veröffentlicht (§ 5 Abs. 1 KSG) und die der Expertenrat für Klimafragen anschließend binnen eines Monats prüft und bewertet (§ 12 Abs. 1 KSG). Sollte im Verkehrssektor eine Überschreitung der zulässigen Jahresemissionsmengen auftreten, müsste das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als für den Sektor überwiegend zuständiges Ministerium innerhalb von drei Monaten nach Vorlage der Bewertung der Emissionsdaten durch den Expertenrat für Klimafragen – also in der Regel bis spätestens zum 15. Juli des jeweiligen Jahres – ein Sofortprogramm vorlegen, das die Einhaltung der Jahresemissionsmengen für die folgenden Jahre sicherstellt (§ 8 Abs. 1 KSG). Im Anschluss berät und beschließt die Bundesregierung über die zu ergreifenden Maßnahmen (§ 8 Abs. 2 KSG).
b) Welchen jährlichen Anteil trägt nach Auffassung der Bundesregierung die Weiterentwicklung der THG-Quote zur Zielerreichung des Bundes-Klimaschutzgesetzes bei?
Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie („RED II“) zur Förderung von erneuerbaren Energien im Verkehr und Treibhausgasminderung bei Kraftstoffen. Die Emissionseinsparungen durch die Maßnahmen bei Kraftstoffen für den Straßen- und Luftverkehr betragen nach Schätzungen der Bundesregierung rund 29 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2030. So werden bspw. gem. RED II reale und wirksame Emissionseinsparung erzielt, die nicht vollständig dem Verkehrssektor zugerechnet werden können, beispielsweise die Upstream-Emissionsminderungen oder der Einsatz von grünem Wasserstoff in Raffinerien. Die beschlossenen Regelungen sind daher von der Treibhausgas-Bilanzierung im Rahmen der sektorspezifischen Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes zu unterscheiden, die der Treibhausgas-Inventarlogik der Klimarahmenkonvention (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) (common reporting format) folgen. Wenngleich die Maßnahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote in großen Teilen dazu beitragen, die Emissionsminderungsziele im Verkehrssektor zu erfüllen, ist eine direkte Verknüpfung beider nicht möglich.
2. Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, dass der im Integrierten Nationalen Energie- und Klimaplan anvisierte indikative sektorale Zielpfad von 27 Prozent Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für den Verkehrssektor im Jahr 2030 eingehalten wird?
Mit der Anhebung der Treibhausgasminderungs-Quote auf 22 Prozent im Jahr 2030 wird der Anteil erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch des Verkehrssektors signifikant über die EU-Mindestvorgaben der RED II hinaus erhöht, wodurch nachhaltige Optionen für den Verkehr gefördert werden, die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendig sind. Die Verpflichtung zur Erfüllung der Treibhausgasminderungs-Quote von 22 Prozent entsprechen dabei etwa einem Anteil von 28 Prozent an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch für den Verkehrssektor.
3. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine umfassende Elektrifizierung aller Verkehrssektoren kaum möglich sein wird und deshalb auch langfristig die Notwendigkeit nachhaltiger Kraftstoffe besteht?
Auch die Bundesregierung ist der Auffassung, dass nachhaltige, erneuerbare Kraftstoffe zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich sind. Insbesondere Bereiche, die langfristig technisch nicht elektrifiziert werden können, wie zum Beispiel der Luft- und Seeverkehr, werden auch auf nachhaltige Kraftstoffe an-gewiesen sein.
4. Aus welchen Gründen hat sich die Bundesregierung für einen Anteil von 10 Prozent erneuerbare Energie im Verkehr im Jahr 2026 und 22 Prozent im Jahr 2030 entschieden, statt eines branchen- und verbandsseitig geforderten ambitionierten Zieles von beispielsweise 23 Prozent ohne Mehrfachanrechnung im Jahr 2030 oder bei Einbeziehung der Mehrfachanrechnung von 30 bis 40 Prozent oder mehr im Jahr 2030?
Die Treibhausgasminderungs-Quote von 22 Prozent im Jahr 2030 ist sehr ambitioniert und berücksichtigt, was naturschutzfachlich vertretbar und technisch umsetzbar ist. Zur Festlegung der Quote wurden die voraussichtlich verfügbaren Mengen an nachhaltig nutzbaren biogenen Rohstoffen, Elektrofahrzeugen und Anlagenkapazitäten zur Produktion alternativer Kraftstoffe zu Grunde gelegt.
5. Hat die Bundesregierung eine Prognose, welchen tatsächlichen Gesamtbeitrag jede Technologie zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen im Hinblick auf die Zielvorgaben der RED II für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor im Jahr 2020, im Jahr 2026 und im Jahr 2030 haben wird?
a) Wie vielen vermiedenen Tonnen CO2 entspricht der erwartete tat-sächliche Gesamtbeitrag jeder Technologie?
Durch die Treibhausgasminderungs-Quote sind die quotenverpflichteten Unternehmen verpflichtet, die Treibhausgasbilanz des Kraftstoffes, den sie in Verkehr bringen, zu verbessern. Im Rahmen des sog. Quotenhandels können die Unternehmen (unter bestimmten naturschutzfachlich notwendigen und EU-rechtlich vorgegebenen Einschränkungen) die Erfüllungsoptionen frei wählen. Aus diesem Grund ist eine genaue Abschätzung der Mengen nicht möglich, da die Wahl der Erfüllungsoptionen insbesondere von der Preisentwicklung der jeweiligen Erfüllungsoptionen und den Emissionsfaktoren abhängt.
b) Welchen prozentualen Anteilen erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch im Verkehr entspricht der tatsächliche Gesamtbeitrag ohne Mehrfachanrechnung?
c) Welchen prozentualen Anteilen erneuerbarer Energie am Endenergieverbrauch im Verkehr entspricht der tatsächliche Gesamtbeitrag mit Mehrfachanrechnung?
Die RED II verpflichtet Mitgliedsstaaten unter Berücksichtigen von Mehrfachanrechnungen bestimmter Erfüllungsoptionen im Jahr 2030 einen Anteil von 14 Prozent an erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch im Verkehr zu erreichen. Durch die Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote wird dieser Anteil in Deutschland gem. Berechnungsmethode der RED II schätzungsweise etwa 28 Prozent betragen. Ohne Mehrfachanrechnung entspricht dies einem realen Anteil an erneuerbaren Energien von rund 17,5 Prozent.
6. Welchen zusätzlichen Strombedarf erwartet die Bundesregierung durch jede Technologie zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen im Verkehrssektor im Jahr 2026 und im Jahr 2030?
Für den Betrieb von Wasserstofferzeugungsanlagen für den direkten Einsatz von Wasserstoff und strombasierten Kraftstoffen wurde näherungsweise ein Strombedarf von 24 TWh angenommen. Aufgrund der Importmöglichkeit von Wasserstoff und strombasierten Kraftstoffen ist davon auszugehen, dass nur ein Teil dieses Strombedarfs in Deutschland entsteht.
Die Menge an Strom, die in Elektrofahrzeugen eingesetzt wird, hängt im Wesentlichen von der Anzahl an Fahrzeugen in der Flotte ab. Für das Jahr 2030 wurden maximal rund 88 PJ oder 24 TWh an Strom im THG-Quotenhandel abgeschätzt.
Es wird angenommen, dass die Produktion von Biokraftstoffen keinen wesentlichen zusätzlichen Strombedarf erfordert.
7. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die erwarteten zusätzlichen Strombedarfe im Jahr 2026 und im Jahr 2030 zu decken?
8. Welchen Anteil zur Deckung zusätzlicher Strombedarfe im Jahr 2026 und im Jahr 2030 haben dabei Stromimporte?
Auf welche Art und Weise erwartet die Bundesregierung, im Jahr 2026 und 2030 Strom zu importieren?
9. Die Installation von wie viel zusätzlicher Leistung erneuerbarer Energie, d. h. über die Ziele des Gesetzentwurfs zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften hinausgehende Leistung, wird nach Erwartung der Bundesregierung durch die Weiterentwicklung der THG-Quote induziert?
Die Fragen 7 bis 9 werden wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet.In den letzten Jahren sind eine Reihe von Studien, Prognosen und Szenarien veröffentlicht worden, die die Entwicklung von Stromverbrauch und -erzeugung bis zum Jahr 2030 untersucht haben. Die Ergebnisse zeigen eine erhebliche Bandbreite möglicher Entwicklungen auf und verdeutlichen damit die Unsicherheiten, die bei einem Betrachtungszeitraum von 10 Jahren naturgemäß bestehen. Zu beachten ist dabei, dass es neben verbrauchssteigernden Entwicklungen (insbesondere zunehmende Sektorkopplung) auch gegenläufige Entwicklungen gibt, wie z. B. Effizienzgewinne und ein rückläufiger Kraftwerkseigenverbrauch. Dies spiegelt sich auch in der in den letzten Jahren rückläufigen Entwicklung des Bruttostromverbrauchs wider. Exemplarisch für entsprechende Studien seien hier die Abschätzungen der Gesamtwirkung des Klimaschutzprogramms durch Vorhaben im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit genannt. Sie ermitteln einen Bruttostromverbrauch von 567 bis 591 TWh im Jahr 2030 bei Nettostromimporten von 18 bis 45 TWh. Beide Vorhaben konnten allerdings nicht die Entwicklungen zum European Green Deal berücksichtigen.Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde das Ausbauziel für erneuerbare Energien auf 65 Prozent des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 bereits deutlich angehoben. Die Ausbaupfade berücksichtigen allerdings noch nicht das verschärfte EU-Klimaziel. Die Ausbaupfade sind insoweit im Lichte des höheren EU-Klimaziels für das Jahr 2030 weiter anzuheben. Zudem enthält das EEG in § 98 einen Monitoringmechanismus, der – falls dies erforderlich ist (z. B. wenn aufgrund von Prognosen ein deutlicher Anstieg des Bruttostromverbrauchs bis zum Jahr 2030 zu erwarten ist) – in Verbindung mit § 88c eine Anpassung der im EEG festgelegten Ausbaupfade durch Verordnung ermöglicht, um das Erreichen des aktuellen Ausbauziels von 65 Prozent im Jahr 2030 sicherzustellen.
Auch zu der Frage, inwieweit zur Deckung des Stromverbrauchs im Jahr 2030 Stromimporte beitragen werden, weisen vorliegende Studien eine erhebliche Bandbreite aus. Letztlich hängt dies neben dem Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland insbesondere von der Preiskonstellation für CO2, Gas und Kohle sowie z. B. auch von den Erzeugungskapazitäten und Kostenpotentialen, verfügbaren Flächen und der Kooperationsbereitschaft im Ausland ab.
10. Wie beabsichtigt die Bundesregierung sicherzustellen, dass der steigende Strombedarf im Verkehrssektor zu zusätzlichen Emissionsminderungen führt, die über die bereits bestehenden Ziele des Gesetzentwurfs zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften hinausgehen?
Durch das Bundes-Klimaschutzgesetz wird verbindlich geregelt, wie viel Treibhausgasemissionen der Sektor Energiewirtschaft bis zum Jahr 2030 emittieren darf. Das Sektorziel für die Energiewirtschaft deckt dabei auch zusätzlichen Strombedarf ab, der benötigt wird, um die übrigen Sektorziele zu erreichen (z. B. durch E-Mobilität im Verkehrssektor oder Wärmepumpen im Gebäudesektor).
11. Aus welchen Gründen hat sich die Bundesregierung für eine Mehrfachanrechnung um den Faktor 3 für die Nutzung von erneuerbarer Energie in batterieelektrischen Fahrzeugen entschieden?
Der Betrieb von insbesondere öffentlichen Ladepunkten stellt derzeit noch kein wirtschaftliches Modell dar und wird durch Steuergelder mitfinanziert. Die Förderung von Strom, der für Straßenfahrzeuge bereitgestellt wird, soll langfristig Ladepunktbetreibern die Möglichkeit bieten, die Wirtschaftlichkeit ihrer Ladepunkte durch den Quotenhandel mit der Mineralölwirtschaft zu verbessern. Durch die Mehrfachanrechnung mit dem Faktor 3 wird die Wirtschaftlichkeit des Betriebes von Ladepunkten entsprechend verbessert.
12. Aus welchen Gründen strebt die Bundesregierung die Mehrfachanrechnung um den Faktor 2 auf die Treibhausgasminderungsquote von grünem Wasserstoff an, der in Raffinerien zur Produktion konventioneller Kraftstoffe eingesetzt wird, statt einer Anrechnung in vollem Umfang als erneuerbare Elektrizität, wie Artikel 27 Absatz 3 Unterabsatz 5 und 6 in RED II angelegt?
Die Mehrfachanrechnung für strombasierte Kraftstoffe und Wasserstoff dient dazu, neuartige Kraftstoffe bei ihrer Markteinführung zu unterstützen. Die Doppelanrechnung halbiert in diesem Fall die effektiven Kosten für diese Erfüllungsoption.
13. Wie beabsichtigt die Bundesregierung, die im Gesetzentwurf angestrebte Mehrfachanrechnung um den Faktor 2 auf die THG-Quote von grünem Wasserstoff, der in Raffinerien zur Produktion konventioneller Kraftstoffe eingesetzt wird, umzusetzen?
Abweichend von § 37a Absatz 4 Satz 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wird zur Berechnung des Referenzwertes, gegenüber dem die Treibhausgasminderung zu erfolgen hat, die energetische Menge an Wasserstoff mindestens mit dem Faktor 2 multipliziert. Die Treibhausgasemissionen des elektrischen Stroms werden berechnet durch die Multiplikation der energetischen Menge an Wasserstoff mindestens mit dem Faktor 2 sowie mit dem Wert der für die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen pro Energieeinheit.
14. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Leistung von Energie aus biogenen Quellen ein, absolut und anteilig an der Gesamtleistung aus Bioenergie im Jahr 2021, im Jahr 2026 und im Jahr 2030, die nicht mehr aus dem EEG gefördert werden?
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Leistung von Energie aus biogenen Quellen ein, die von dem Vertriebsweg Wasserstoff Gebrauch machen würden?
Zur Erfüllung der Treibhausgasminderungs-Quote im Jahr 2030 werden schätzungsweise 190 PJ an Biokraftstoffen erforderlich sein. Wasserstoff aus biogenen Quellen wird nach dem Entwurf der Bundesregierung von der Förderung (nicht jedoch von der Verwendung) im Rahmen der THG-Quote ausgeschlossen. Bisher wurde kein Wasserstoff aus biogenen Quellen zur Erfüllung der THG-Quote eingesetzt.
15. Aus welchen Gründen vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass Wasserstoff aus biogenen Quellen den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft gefährden würde?
Aus welchen Gründen vertritt die Bundesregierung die Ansicht, dass ausschließlich Elektrolysekapazitäten, mit denen aus Strom nicht biogenen Ursprungs Wasserstoff gewonnen wird, dem Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft dienlich seien?
Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 110 der Abgeordneten Lisa Badum auf Bundestagsdrucksache 19/26997 verwiesen.
16. Werden Strommengen, die nicht gemäß der 38. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) von Dritten gemeldet werden und von der Bundesregierung durch Auktionierung dem Quotenhandel zugeführt werden, in der Menge der Treibhausgasminderung durch Strom nach § 37h einbezogen, und wenn nein, warum nicht?
Ja.
17. Wie beabsichtigt die Bundesregierung eine Verlagerung des Flugverkehrs und der damit verbundenen Emissionen aufgrund der Kostenwirkung einer nationalen PtL-Beimischungsquote für den Luftverkehr zu verhindern?
Die Bundesregierung unterstützt grundsätzlich die Initiativen der EU und den angekündigten Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einführung einer EU-weiten Mindestquote für strombasierte Flugtreibstoffe (PtL-Kerosin) im Rahmen einer Richtlinie für alternative Flugtreibstoffe in der EU. Damit können Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU sowie Wettbewerbsnachteile für Fluggesellschaften vermieden werden. Sollte bis zum Jahr 2026 keine einheitliche PtL-Quote im Luftverkehr für alle EU-Staaten eingeführt worden sein, wird die Bundesregierung die Auswirkungen prüfen und entsprechende Maßnahmen einleiten, um möglichen durch die nationale Einführung der Mindestquote in Deutschland entstandenen, internationalen Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Luftverkehrswirtschaft entgegen zu wirken.
18. Wie bewertet die Bundesregierung die zusätzlichen Kosten, die aufgrund der notwendigen Vermarktung von synthetischen Komponenten für Benzin- und Dieselkraftstoff als Kuppelprodukt von PtL-Kerosin entstehen?
Bei der Produktion strombasierter Flugturbinenkraftstoffe entstehen prozessbedingt auch strombasierte Otto- und Dieselkraftstoffe. Durch die Anrechnung dieser Kuppelprodukte im Straßenverkehr entstehen den produzierenden Unternehmen Einnahmen, wodurch die PtX-Technologie insgesamt gefördert wird.
19. Aus welchen Gründen strebt die Bundesregierung an, den Mindestanteil für fortschrittliche Biokraftstoffe auf 2,6 Prozent ab 2030 festzulegen, statt auf die in der RED II vorgeschlagenen 3,5 Prozent bis 2030?
Der Mindestanteil an fortschrittlichen Biokraftstoffen beträgt gemäß Artikel 25 Absatz 1 Unterabsatz 4 in Verbindung mit Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe a der RED II 1,75 Prozent. Die Bundesregierung hat sich nach Analyse verfügbaren Rohstoffpotenziale und perspektivisch zur Verfügung stehenden Anlagen zur Produktion fortschrittlicher Biokraftstoffe auf einen Mindestanteil von 2,6 Prozent verständigt.
20. Welche Auswirkung erwartet die Bundesregierung durch die Festlegung der energetischen Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln auf 4,4 Prozent und für Biokraftstoffe aus Altspeiseölen und tierischen Fetten auf 1,9 Prozent auf den Absatz fossiler Kraftstoffe?
Die Bundesregierung erwartet, dass Biokraftstoffe nur bis zu der entsprechen-den festgelegten Obergrenze in Verkehr gebracht werden. Im Falle von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen soll dies die Ausweitung der Anbauflächen begrenzen. Durch die Festlegung der Obergrenze von 1,9 Prozent für tierische Fette und Altspeiseöle, die 0,2 Prozentpunkte über der Obergrenze der RED II liegt und damit der Zustimmung durch die Europäische Kommission bedarf, sollen zusätzliche Mengen an Altspeiseölen bspw. aus haushaltsnahen Sammlungen erschlossen werden.
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