Nationale Wasserstoffstrategie hat Vorbildfunktion

Zahlreiche Maßnahmen im Verkehrssektor – Antwort der Regierung

Nach Auffassung der Bundesregierung stellt die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) eine wesentliche Grundlage für den Hochlauf klimafreundlicher Wasserstoffmobilität dar. Die NWS stoße in der EU und auch international auf große Resonanz und habe in vielen Ländern Vorbildfunktion, heißt es in der 14seitigen Antwort der Bundesregierung (19/31213) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/30063).

Wasserstoff im Verkehrssektor: Clean Energy Partnership an Zapfsäule in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie werde ein jährlicher Monitoringbericht als Basis für Empfehlungen und Entscheidungen des Wasserstoffrats und des Staatssekretärs-Ausschusses erstellt, schreibt die Regierung. Der erste Monitoringbericht solle voraussichtlich Mitte 2022 vorgelegt werden. „Auf der Grundlage der Monitoringberichte wird alle drei Jahre ein erweiterter Bericht erstellt, in dem die Strategie und der Aktionsplan insgesamt evaluiert sowie Vorschläge für deren Weiterentwicklung erarbeitet werden“, heißt es in der Antwort. (hib/HAU)

Im Wortlaut: Ausschnitte aus der Antwort

„…Auch der Verkehrssektor wurde als ein Schwerpunktbereich für Wasserstoff und die NWS identifiziert. Wasserstoff bietet für Antriebe verschiedener Verkehrsträger eine Alternative sowohl zu konventionellen Verbrennungsmotoren als auch zu batterieelektrischen Modellen. Nach Ansicht der Fragesteller bestehen hier Chancen für den Standort Deutschland sowohl in wirtschaftlicher als auch ökologischer Hinsicht. Neben der Erforschung von Anwendungen und der Herstellung des Energieträgers benötigt es dafür allerdings auch eine ausreichende Tankinfrastruktur sowie kompatible Fahrzeuge.

    • 1. Welche Beschlüsse der Nationalen Wasserstoffstrategie in Bezug oder mit Wirkung auf den Verkehrssektor sind bisher angefangen, bzw. wie weit sind diese fortgeschritten (bitte aufschlüsseln und erläutern)?
      Der Verkehrsbereich ist im Aktionsplan der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) bei den Maßnahmen 5 bis 13 und 21, 25, 31 adressiert. Seit der Verab-schiedung der NWS im Juni 2020 konnten im Verkehrssektor bereits zahlreiche Maßnahmen angefangen bzw. fortgeführt werden:
    • Maßnahme 5:
      Die EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) wird durch die Treibhausgasminderungsquote von 25 Prozent im Jahr 2030 in Deutschland ambitioniert umgesetzt. Die hohe Treibhausgas-Quote erhöht den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr über das Ziel der RED II hinaus und fördert die Nutzung aller Erfüllungsoptionen. Durch die Doppelanrechnung von Wasserstoff und Power-to-X-Kraftstoffen im Straßenverkehr wird ein An-reiz für diese Erfüllungsoption geschaffen.
    • Maßnahme 6:
      Die Förderung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Verkehr erfolgt zum einen über das seit 2016 bestehende Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP). Das Programm wird bis 2026 fortgeführt; die hier genannten Fördermaßnahmen im Bereich der Marktaktivierung sowie Forschung und Entwicklung werden weiterhin umgesetzt. Die Verlängerung der beiden Förderrichtlinien für Maßnahmen der Forschung und Entwicklung sowie zur Marktaktivierung ist aktuell in Bearbeitung und wird zeitnah erwartet. In diesem Rahmen erfolgt ebenfalls die Fortführung des Förderkonzepts „HyLand“. Die ersten beiden Aufrufe für „HyLand“ (Stufe 1 „HyStarter“ und Stufe 2 „HyEx-perts“) wurden dieses Jahr bereits veröffentlicht, ein dritter Aufruf (3. Stufe „HyPerformer“) folgt voraussichtlich im 4. Quartal. Darüber hinaus wird die Förderung der Beschaffung von Fahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb mit neuen technologieoffenen Förderrichtlinien für Schienenfahrzeuge, Busse im Personenverkehr und Nutzfahrzeugen gestärkt. Mit der technologieoffenen „Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe im Schienenver-kehr“ vom 17. Februar 2021 unterstützt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) die Beschaffung von Brennstoffzellenzügen sowie den Aufbau der Betankungsinfrastruktur. Ein erster Aufruf steht unmittelbar vor der Veröffentlichung. Für die Richtlinien zur Förderung von alternativen Antrieben bei Bussen und Nutzfahrzeugen steht das Notifizierungsverfahren für höhere Förderquoten bei der EU-Kommission kurz vor dem Abschluss. Eine Genehmigung der EU-Kommission wird kurzfristig erwartet.
    • Maßnahme 7:
      Zur Förderung von erneuerbaren Kraftstoffen stehen dem BMVI ca. 1,54 Mrd. Euro für den Zeitraum 2021 bis2024 und weitere Verpflichtungsermächtigungen bis 2036 zur Verfügung. Derzeit werden verkehrsträger-übergreifende Fördermaßnahmen für strombasierte Kraftstoffe und fortschrittliche Biokraftstoffe erarbeitet. Rund 640 Mio. Euro sind für anwendungsorientierte Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben eingeplant. Dafür hat das BMVI am 11. Mai 2021 die „Förderrichtlinie für Maßnahmen zur Entwicklung regenerativer Kraftstoffe“ veröffentlicht. Ein Förderaufruf für eine Power-to-Liquid – Entwicklungsplattform mit Fokus auf dem Luft-verkehr ist in Planung. Insgesamt 900 Mio. Euro sind für die Erzeugung und den Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe eingeplant. Entsprechende Fördermaßnahmen werden aktuell erarbeitet und sollen voraussichtlich im 2. Halbjahr 2021 veröffentlicht werden. Dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) stehen zudem zur Förderung der Produktion und des Einsatzes nachhaltiger strombasierter Kraftstoffe für den Luft- und Seeverkehr 600 Mio. Euro bis 2027 zur Verfügung. Das BMU fokussiert seine Förderung auf strombasierte Kraftstoffe für den Luft- und Seeverkehr, um auch in diesen Sektoren perspektivisch Energieversorgungsoptionen zu etablieren, die zu einer Reduzierung der klimarelevanten Emissionen führen. Entsprechende Fördermaßnahmen werden aktuell erarbeitet.
    • Maßnahme 8:
      Der koordinierte Aufbau einer bedarfsgerechten Tankinfrastruktur zur Ver-sorgung der Fahrzeuge auch im schweren Straßengüterverkehr, im Öffentlichen Personennahverkehr und im Schienenpersonennahverkehr wird gefördert. Der Schwerpunkt liegt auf der Erweiterung der Wasserstofftankstellen mit dem Fokus auf schweren Nutzfahrzeugen, der sich an dem Hochlauf dieser Fahrzeuge orientieren soll. Ein Aufruf zur Förderung des Aufbaus öf-fentlicher Tankstellen mit dem Schwerpunkt auf der Betankung von Nutz-fahrzeugen im Rahmen des NIP ist für Mitte 2021 geplant. Der geplante Aufruf wird voraussichtlich bis Ende Januar 2022 geöffnet sein. Das Thema Wasserstoffinfrastruktur ist eines der Schwerpunkte im Rahmen der Priorisierung des BMVI beim „International Project of Common European Inte-rest“ (Wasserstoff-IPCEI). Hierzu wird auf die Ausführungen zu Maßnahme 31 verwiesen.
    • Maßnahme 9:
      Das BMVI hat im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft die inhaltliche Diskussion zur Novelle der Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vorangetrieben. Die EU-Kommission plant die Vorlage eines Gesetzgebungsvorschlags im Juli 2021.
    • Maßnahme 10:
      Die erste Stufe des Standortwettbewerbs für das Technologie- und Innovationszentrum Wasserstofftechnologie (ITZ) wurde bereits abgeschlossen. Im ersten Schritt wurden drei Standorte ausgewählt, für die nun eine Machbarkeitsstudie durchgeführt wird. Diese soll die Grundlage für die finale Standortentscheidung bilden. Die zweite Stufe mit der Erstellung von Machbarkeitsstudien hat bereits begonnen. Bei den finalen Standorten dieser Runde handelt es sich um Pfeffenhausen im Landkreis Landshut, Chemnitz und Duisburg. Für die drei weiteren Standorte Stade, Bremerhaven und Hamburg wird eine gemeinsame Machbarkeitsstudie für ein thematisches Cluster im Bereich Schiff- und Luftfahrt erstellt. Durch das vom BMVI beauftragten Dienstleisterkonsortium um die Prognos AG werden im weiteren Verlauf durch intensive Dialogprozesse sowie Workshops und Analysen die rechtlichen Rahmenbedingungen und der notwendige Mitteleinsatz für die Umsetzung untersucht. Eine Entscheidung zur Umsetzung wird im Laufe des 2. Halbjahres 2021 erwartet.
    • Maßnahme 11:
      Das Gesetzgebungsverfahren zum Gesetzentwurf über die Beschaffung sau-berer Straßenfahrzeuge zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1161 (Clean Vehicles Directive) wurde abgeschlossen.
    • Maßnahme 12:
      Die Einführung einer CO2-Differenzierung der Lkw-Maut macht zunächst eine entsprechende Änderung der Richtlinie 1999/62/EG (Eurovignetten-Richtlinie) erforderlich. Detaillierte Angaben zum Zeitplan bezüglich einer Umsetzung dieser Maßnahme können vor dem Hintergrund, dass die Revi-sion der Richtlinie noch nicht abgeschlossen ist, derzeit nicht gemacht wer-den.
    • Maßnahme 13:
      Hinsichtlich des Betankungsprozesses gibt es in internationalen Normen Betankungsprotokolle. Wasserstoff-Pkws werden nach dem Betankungspro-tokoll SAE 2601 – jetzt ISO 19880 – betankt. Betankungsprotokolle für mittlere und schwere Nutzfahrzeuge hat das europäische Protocol for heavy-duty hydrogen refuelling Projekt entworfen, welches stetig weiterentwickelt wird. Hierzu hat in der ISO/TC 197 bereits die Arbeit an einem sogenannten New Work Item begonnen. Die Clean Energy Partnership (siehe Foto oben) als Zusammenschluss diverser Automobilhersteller und Industrieunternehmen befasst sich auf Industrieseite mit dem Thema der Betankungsstandards für Nutzfahrzeuge und erarbeitet dabei einen Konsens der verschiedenen Akteure. Das BMVI begleitet diese Prozesse über die bundeseigene Programmgesellschaft Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie NOW GmbH, die mit der Koordination der Förderprogramme im Bereich Wasserstoff beauftragt ist. Aufgabe des ITZ (Maßnahme 10) soll zudem auch sein, eine Testeinrichtung zu etablieren, um Standardisierungsprozesse voranzutreiben.
    • Maßnahme 21:
      Die Verzahnung von Strom-, Wärme- und Gasinfrastrukturen wird weiter vorangetrieben. Das Ergebnis einer vom Bund beauftragten Langfriststudie liegt im 2. Halbjahr 2020 vor).
    • Maßnahme 25:
      In einer neuen ressortübergreifenden Forschungsoffensive „Wasserstoff-technologien 2030“ werden die Forschungsmaßnahmen an Wasserstoff-Schlüsseltechnologien strategisch gebündelt (Umsetzung seit dem 2. Quartal 2020): Vorhaben im Verkehrssektor, um mit Hilfe von Forschung, Entwicklung und Innovation die Kosten der Technologien zur Nutzung von Wasserstoff weiter zu reduzieren. So legt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit dem Ideenwettbewerb „Wasserstoffrepublik Deutschland“ die Grundlage für eine langfristige Markt- und Technologieführerschaft deutscher Technologieausstatter und Systemdienstleister bei Lösungen rund um grünen Wasserstoff. Dabei werden im Rahmen der Wasserstoff-Grundlagenforschung u. a. Fragestellungen zum Einsatz von Wasserstoff im Verkehrsbereich adressiert, etwa bei Brennstoffzellen für Nutzfahrzeuge.
    • Maßnahme 31:
      Auf Initiative der deutschen EU-Ratspräsidentschaft wurde im Dezember 2020 zusammen mit 21 weiteren EU-Mitgliedstaaten und Norwegen beschlossen, für den Bereich Wasserstofftechnologien und -systeme ein „Important Project of Common European Interest (IPCEI)“ anzugehen. Von Januar bis Februar 2021 lief das Interessenbekundungsverfahren des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des BMVI. Ziel ist es, mit grenzüberschreitenden Vorhaben zwischen EU-Partnern maßgeblich zur Umsetzung der NWS unter Berücksichtigung der Zielsetzungen auf EU-Ebene hinsichtlich Erzeugung, Infrastruktur sowie Nutzung beizutragen. Im Verkehrsbereich werden Schwerpunktthemen von der Entwicklung und Herstellung von Brennstoffzellensystemen und Komponenten über die Entwicklung und Herstellung von Fahrzeugen bis hin zur Errichtung einer transeuropäischen Betankungsinfrastruktur adressiert. Das BMWi und das BMVI haben im Mai 2021 62 Wasserstoff-Großprojekte, davon zwölf im Verkehrsbereich ausgewählt. Es folgt das sog. EU-“Matchmaking“, in dem Partner-Unternehmen aus Mitgliedstaaten der EU gesucht werden. Über die Beihilfefähigkeit der einzelnen IPCEI-Projekte wird anschließend die EU-Kommission entscheiden.
    • 2. Wie viele Mittel hat die Bundesregierung für das Jahr 2021 sowie jeweils für die Folgejahre für die Umsetzung der Beschlüsse der Nationalen Wasserstoffstrategie mit Bezug auf den Verkehrssektor bereitgestellt?
      Dem BMVI wurden im Rahmen des Konjunkturpakets zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie insgesamt 1,6 Mrd. Euro zur Umsetzung der NWS für die Bereiche Wasserstoff- und Brennstoffzellenanwendungen im Verkehr, Tankstellen und Elektrolyseure für Verkehrsanwendun-gen zur Verfügung gestellt. Diese Mittel sind im aktuellen Haushaltsjahr im Energie- und Klimafonds veranschlagt. Haushaltsmittel für die folgenden Haushaltsjahre werden im Rahmen des jährlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens verabschiedet. Darüber hinaus stehen dem BMU zur Förderung der Pro-duktion und des Einsatzes nachhaltiger strombasierter Kraftstoffe für den Luft- und Seeverkehr 600 Mio. Euro bis 2027 zur Verfügung. Auch diese Mittel sind im aktuellen Haushaltsjahr im Energie- und Klimafonds veranschlagt und wer-den für die folgenden Haushaltsjahre im Rahmen des jährlichen Haushaltsaufstellungsverfahrens verabschiedet.

->Quellen: