Fünf Milliarden zugesagt
Mit der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes, mit der unter anderem der Erhöhung des EU-Klimaziels für 2030 Rechnung getragen wird, werden laut Bundesregierung auch die Jahresemissionsmengen des Industriesektors bis 2030 angepasst – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. Damit erhöhe sich das Ambitionsniveau für sämtliche Industriebranchen, einschließlich der Stahlbranche, heißt es in der Antwort der Regierung (19/31598) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/31373).
Die Liberalen hatten nach den Auswirkungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes auf die Stahlbranche in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf Rentabilität, Arbeitsplätze und die Auswirkungen auf Wertschöpfungsketten gefragt. (hib/HAU)
Im Wortlaut: Ausschnitte aus Frage und Antwort
Die Stahlindustrie hat begonnen, ihre Produktion von Koks auf Wasserstoff umzustellen. So hat beispielsweise die Dillinger Hütte im August 2020 den ersten Hochofen in Betrieb genommen, der mit wasserstoffreichem Kuppelgas betrieben wird. Auch andere Stahlproduzenten in Deutschland sind diesbezüglich aktiv. Allerdings ist eine Umstellung der Energieversorgung bzw. Produktion sehr kapitalintensiv und benötigt zudem Zeit, um neue Abläufe und Technologien erfolgreich und sicher umzusetzen.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier hat nach einem Treffen mit Vertretern der deutschen Stahlbranche am 3. Mai 2021 zugesagt „für den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie von 2022 bis 2024 zusätzlich mindestens fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen“ (Stahlindustrie: klimaneutral werden mit staatlicher Hilfe – Wirtschaft – SZ.de (sueddeutsche.de)). Insgesamt werden die Kosten für eine erfolgreiche Transformation der deutschen Standorte bis 2030 auf 10 Mrd. Euro, bis 2050 auf 35 Mrd. Euro geschätzt (msn.com/altmaier-umbau-zu-grüner-stahlindustrie-wird-35-mrd-euro-kosten).
- Plant die Bundesregierung, in Anbetracht der Aussage von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier „für den klimafreundlichen Umbau der Stahlindustrie von 2022 bis 2024 zusätzlich mindestens fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen“ (Stahlindustrie: klimaneutral werden mit staatlicher Hilfe – Wirtschaft – SZ.de (sueddeutsche.de)), eine Überarbeitung bzw. Ergänzung der Nationalen Wasserstoffstrategie?
Der Ausschuss der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre für Wasserstoff der betroffenen Ressorts begleitet laufend die Umsetzung der Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS). Zeichnet sich eine Verzögerung der Umsetzung oder eine Verfehlung der Ziele der Wasserstoffstrategie ab, ergreift der Staatssekretärsausschuss in Abstimmung mit dem Bundeskabinett umgehend korrigierende Maßnahmen und passt den Aktionsplan den neuen Erfordernissen an. Ziel ist es, den fortlaufenden Einklang der NWS mit den Entwicklungen auf dem Markt und die Zielerreichung insgesamt zu gewährleisten.Die im Rahmen der NWS eingerichtete Leitstelle Wasserstoff erstellt jährlich einen Monitoringbericht, der sowohl dem Wasserstoffrat als auch dem Staatssekretärsausschuss als Basis für Empfehlungen bzw. Entscheidungen dient. Neben den wesentlichen Fortschritten zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft legt der Bericht darüber hinaus dar, welche bislang nicht absehbaren Herausforderungen im Berichtszeitraum aufgetreten sind, und identifiziert den Handlungsbedarf. Dabei berücksichtigt er in besonderem Maße auch die europäische und die internationale Perspektive. Für den Monitoringbericht werden kontinuierlich relevante Indikatoren in den verschiedenen Handlungsfeldern (z. B. die in Deutschland, Europa und in anderen relevanten Staaten installierte Elektrolyseleistung oder die Menge und Herstellungsart von Wasserstoff in den verschiedenen Anwendungsbereichen) erhoben und ausgewertet. Auf der Grundlage dieser Monitoringberichte wird alle drei Jahre ein erweiterter Bericht erstellt, in dem die Strategie und der Aktionsplan insgesamt evaluiert sowie Vorschläge für deren Weiterentwicklung erarbeitet werden. Ziel ist es, auf dieser Grundlage die laufende Anpassung der NWS an Marktentwicklungen und die Zielerreichung zu gewährleisten. - Ab wann sollen diese mindestens 5 Mrd. Euro konkret wofür zur Verfügung stehen?
- Wie sollen diese Mittel im Bundeshaushalt abgebildet werden?
Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet.Die gut 5 Mrd. Euro für die Unterstützung der Transformation sind bereits im Finanzplan bis 2025 abgebildet und verteilen sich auf mehrere Förderprogramme:
– Im Förderprogramm „Dekarbonisierung in der Industrie“ unter der Feder-führung des Bundesministeriums für Umwelt und nukleare Sicherheit stehen von 2022 bis 2025 insgesamt rund 3,4 Mrd. Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Darunter fällt auch das „Pilotprogramm für Klimaschutzverträge nach dem Ansatz von Carbon Contracts for Difference“, das im Rahmen des Klima-Investitionsprogramms 2022 um 650 Mio. Euro aufgestockt wurde.
– Für den Wasserstoffeinsatz in der Industrie stehen insgesamt 1,6 Mrd. Euro Bundesmittel zur Verfügung (davon 1,1 Mrd. Euro von 2022 bis 2025), die u. a. über das IPCEI Wasserstoff ausgereicht werden und im Wege einer Kofinanzierung durch Mittel der Bundesländer verstärkt werden sollen. Die Auswahl der 62 nationalen Projektskizzen (darunter 6 Stahlprojekte) wurde am 28. Mai 2021 bekannt gegeben. Die Bewilligung der ersten Förderbescheide ist ab 2022 vorgesehen.
– Außerdem stellt die Bundesregierung beispielsweise Mittel für Leitmärkte für grünen Stahl sowie für Forschungsprogramme zu grünem Wasserstoff bereit, so dass insgesamt mehr als 5 Mrd. Euro für die Transformation bereitstehen. - Welche konkreten Maßnahmen im Hinblick auf die angekündigten Investitionen hat die Bundesregierung aus dem „Handlungskonzept Stahl“, welches am 15. Juli 2020 im Bundeskabinett verabschiedet wurde, abgeleitet?
- Wann wird die Bundesregierung, auch im Hinblick auf die angekündigten Investitionen, welche Schritte des „Handlungskonzepts Stahl“ umsetzen?
Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet.
Die Verabschiedung des „Handlungskonzept Stahl“ durch das Bundeskabinett im Sommer 2020 war ein wichtiger industriepolitischer Meilenstein. Es setzt einen umfassenden Rahmen für die Dekarbonisierung der Stahlbranche und zeigt die dafür erforderlichen Maßnahmen. Ein Großteil der Vorschläge ist für die energieintensiven Branchen insgesamt relevant. Dies betrifft insbesondere die Maßnahmen zur langfristigen Transformation (Leitmärkte für CO2-arme Technologien, Kreislaufwirtschaft, Carbon Contracts for Difference, Entwicklung eines Marktes für Wasserstofftechnologien, Förderung der Umstellung auf Wasserstoff, z. B. durch IPCEI H2), zum Carbon Leakage Schutz (freie Zuteilung von Emissionszertifikaten, Strompreiskompensation, CO2-Grenzausgleich) aber auch im Außenhandel (u. a. handelspolitische Spannungen, fehlendes Level-Playing-Field).
In einem Dialogprozess haben Stahlunternehmen, Wirtschaftsvereinigung Stahl, IG Metall und die fachlich betroffenen Bundesministerien in den letzten Monaten an der Konkretisierung und Umsetzung der im „Handlungskonzept Stahl“ skizzierten Maßnahmenvorschläge und Ideen gearbeitet. Gemeinsam konnten Kernpunkte des „Handlungskonzept Stahl“ vorangebracht und der Grundstein für die Transformation der Stahlindustrie gelegt werden:
Solange die Investitions- und Betriebsmehrkosten für CO2-freie Technologien nicht durch zusätzliche Erlöse auf einem Markt für grünen Stahl gedeckt werden können, sind Förderprogramme eine wichtige Voraussetzung, um die Transformation der Stahlindustrie in Richtung Klimaneutralität zu begleiten und Investitionen der Stahlproduzenten in klimafreundlichere Verfahren anzureizen. Die in der Antwort zu den Fragen 2 und 3 genannten Förderprogrammen und Mittelzusagen legen den Grundstein für die anstehende Transformation der Stahlindustrie.
Mittelfristig soll ein marktwirtschaftlicher Rahmen geschaffen werden, der eine hinreichend große und verlässliche Nachfrage nach grünem Stahl anreizt. Dadurch soll in den Unternehmen, solange der CO2-Preis allein dies noch nicht bewirkt, der Hochlauf CO2-armer Verfahren durch eine steigende Nachfrage beschleunigt werden. Perspektivisch können dann die angebotsorientierten Förderprogramme abgelöst werden. Im Rahmen der Umsetzung des „Handlungskonzept Stahl“ erarbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aktuell gemeinsam mit dem Bundesministerium für Umwelt und nukleare Sicherheit, dem Bundesministerium der Finanzen und der Stahlindustrie bis Ende dieses Jahres ein Konzept für ein Pilotprogramm, wie Leitmärkte und Anreize für den Einsatz von grünem Stahl geschaffen werden können.
Die Verlängerung der EU-Schutzmaßnahmen auf Stahlimporte um weitere drei Jahre bis zum 30. Juni 2024, für die sich die Bundesregierung eingesetzt hat, ist ein weiterer wichtiger Erfolg und ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt.
Ambitioniertere Klimaschutzziele erfordern vor allem auf EU-Ebene einen angepassten Schutz vor der Verlagerung von CO2-Emissionen. Der europäische Green Deal muss zu einem Rahmen führen, der ambitionierten Klimaschutz mit industrieller Wettbewerbsfähigkeit vereint. Die Bundesregierung befindet sich daher im steten Austausch mit der EU-Kommission zu den angedachten Maßnahmen. Sie setzt sich dafür ein, dass auch in Zukunft ein angemessener Carbon-Leakage-Schutz sichergestellt wird. Die Anpassung sollte sowohl das höhere Klimaschutzniveau in der EU als auch die sich dynamisch entwickelnden Ambitionsniveaus von Drittstaaten berücksichtigen.
Die Bundesregierung betrachtet die Transformation der energieintensiven Industrien wie der Stahlindustrie als Daueraufgabe, die nicht in einer Legislaturperiode gelöst werden kann. Sie spricht sich dafür aus, dass künftige Bundesregierungen den Dialog mit der Stahlindustrie fortsetzen und an das bisher Erreichte anknüpfen. - Welche Auswirkungen hätte der von der Bundesregierung Anfang Mai 2021 vorgestellte Entwurf eines Bundes-Klimaschutzgesetzes nach Auffassung der Bundesregierung auf die Stahlbranche in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf Rentabilität, Arbeitsplätze und die Auswirkungen auf Wertschöpfungsketten?Mit der Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetzes, mit der u. a. der Erhöhung des EU-Klimaziels für 2030 Rechnung getragen wird, werden auch die Jahresemissionsmengen des Industriesektors bis 2030 angepasst. Damit erhöht sich das Ambitionsniveau für sämtliche Industriebranchen, einschließlich der Stahlbranche. Um die erhöhten Klimaziele zu erreichen, hat das Bundeskabinett am 23. Juni 2021 ein Klima-Investitionsprogramm in Höhe von rund 8 Mrd. Euro zur Finanzierung weiterer Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion beschlossen. Speziell für die Stahlbranche werden z. B. zusätzliche Mittel zur Förderung von Investitionen zur Umstellung der Hochofenroute auf Direktreduktion mit grünem Wasserstoff bereitgestellt und ein Pilotprogramm zur Entwicklung von Leitmärkten für „grünen Stahl“ geschaffen.
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