E-Kerosin aus erneuerbaren Energien
Fliegen geht auf Kosten der Umwelt, und nur CO2-freier Flugzeugkraftstoff kann das ändern. Auf dem Gelände des Energieversorgers EWE im emsländischen Werlte ist am 04.10.2021 die weltweit erste Anlage zur Produktion von CO2-neutralem E-Kerosin vorgestellt worden. Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagte bei der Eröffnung, für Deutschland und seine Partnerländer biete „diese neue Technologie große wirtschaftliche Chancen“. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verkehrsminister Andreas Scheuer schickten Videobotschaften mit Grußworten.
Betreiber ist die gemeinnützige Klimaschutzorganisation Atmosfair aus Berlin, die normalerweise Kompensationen für flugbedingte CO2-Emmissionen anbietet. Schulze weiter: „Die Ära der Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas geht zu Ende. Mit dem Klimaschutzgesetz ist klar: Deutschland wird bis zum Jahr 2045 klimaneutral. Dieses Ziel gibt jeder künftigen Regierung die Richtung vor.“
Gleichzeitig wolle aber kaum jemand den Traum vom Fliegen aufgeben. Deshalb müsse das klimaschädliche Kerosin durch fortschrittliche Treibstoffe ersetzt werden. Die Technologie sei verfügbar und sie funktioniere bereits. Schulze: „Damit wird Wasserstoff vom Energieträger der Zukunft zu einer festen Größe im Energiemix der Gegenwart.“
Klimaneutralität bedeute, dass unsere gesamte Mobilität – „entlang eines klar vorgegebenen Pfades“ – klimaneutral werden müsse. Das Klimaschutzgesetz verpflichte erstmals alle Wirtschaftsbereiche, ihren Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasen zu leisten. Auch den Luftverkehr. Strombasierte Kraftstoffe seien zentrale Bausteine auf dem Weg zur Klimaneutralität. Allerdings sei dem Klima nur geholfen, wenn mithilfe erneuerbarer Energien gewonnener Wasserstoff verwendet werde. Dafür müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich schneller vorangehen als bisher. Nun gehe es an die Skalierung, um mehr und größere Anlagen – die Anlage in Werlte sei nur ein Anfang. „Es ist für mich eine zentrale umweltpolitische Aufgabe, den Markthochlauf von PtX-Kraftstoffen voran zu treiben. Dabei entstehen auch große wirtschaftliche Chancen für den Standort
- Deutschland führe eine gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung von strombasiertem Kerosin ein: Ab 2026 müssten in Deutschland mindestens 0,5 Prozent des Flugkraftstoffes aus PtL-Kerosin bestehen.
- Der Green Deal der Europäischen Kommission: Dieses „Fit-for-55-Paket“ enthalte auch konkrete Maßnahmen für den Luftverkehr in den Mitgliedsstaaten.
- Das Umweltministerium werde die Produktion von PtL-Kraftstoffen für den Luft- und Seeverkehr fördern, damit die Markteinführung auf die Beine komme.
- Im neuen PtX-Lab in Cottbus arbeiten Wissenschaft und Unternehmen gemeinsam an der Entwicklung von Power-to-X-Technologien und schaffen so eine breite Wissensbasis.
- Um die Einführung von PtL-Kraftstoffen global voranzubringen, gibt es in Berlin den international ausgerichteten PtX-Hub. Er unterstützt nicht nur direkt die deutsche Wirtschaft, sondern schafft auch international Chancen für wirtschaftliche Entwicklung und den Umbau von Energiesystemen.
Der Kraftstoff, der die Fliegerei klimafreundlicher machen soll, wird synthetisch aus Wasser und aus erneuerbarem Strom von Windrädern aus dem Umland gewonnen. Außerdem ist CO2 notwendig: Zum einen wird dieser durch eine Biogasanlage geliefert. Sie wird nicht mit eigens dafür angebautem Mais betrieben, sondern mit Abfällen der Lebensmittelindustrie aus der Region, erklärte Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen.
Zum anderem wird durch eine spezielle Anlage aus der Umgebungsluft abgeschiedenes CO2 für den Herstellungsprozess des synthetischen Treibstoffs verwendet. Denn laut Brockhagen solle im Sinne der Klimaneutralität nur soviel CO2 hinterher wieder der Atmosphäre zugeführt werden, wie es ihr zuvor entnommen worden sei. Für solches CO2-neutral und nachhaltig produziertes E-Kerosin hat Atmosfair das Gütesiegel „fairfuel“ ins Leben gerufen.
Ab dem ersten Quartal 2022 soll täglich eine Tonne (acht Fässer) E-Kerosin in Werlte produziert werden. Ein Tropfen auf den heißen Stein: Allein ein Airbus A350 verbraucht fünf Tonnen Kerosin pro Flugstunde. Erste Kundin ist die Lufthansa.
Mojib Latif, Klimaforscher und Schirmherr des Projekts, sagte, „die weltweiten extremen Wetterereignisse dieses Sommers und der neue Bericht des Weltklimarats zeigen überdeutlich, wie dringend die Weltwirtschaft auf Alternativen zu fossilen Brennstoffen umstellen muss. Dies gilt auch für die Luftfahrt.“ Beim Klimaschutz müsse nicht auf die großen Ölkonzerne gewartet werden.
Allerdings sind die Kosten einer solchen Politanlage laut Atmosfair noch sehr hoch, vor allem die hohen Stromkosten in Deutschland. Darum sollten Anlagen zur Herstellung synthetischen Kerosins am besten in südlichen Ländern gebaut werden. Dort seien die Energiekosten entsprechend niedrig.
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