27 Mio. für Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr

EFraunhofer ISI und IAO, VDA und BMVI befeuern die Verkehrswende hin zu elektrischen Nutzfahrzeugen

Um den Einsatz batterieelektrischer Antriebe und speziell das sogenannte Megawattladen bei schweren Nutzfahrzeugen voranzutreiben, sind Hochleistungsladeparks unerlässlich. Deshalb untersuchen die beiden Fraunhofer-Institute ISI und IAO gemeinsam mit zwölf Partnern aus Industrie und Forschung unter der Schirmherrschaft des VDA und gefördert vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zwei Hochleistungsladepunkte im realen Logistikbetrieb an vier Standorten.

E-Lkw (mit integrierter Photovoltaik) – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Das Projekt „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (kurz HoLa) ist eines von drei Innovationsclustern für klimafreundliche Lkw-Antriebstechnologien, die das BMVI am 08.09.2021 vorgestellt hat. Konkret werden an vier Standorten je zwei Hochleistungsladepunkte mit dem Megawatt Charging System (MCS) aufgebaut und im realen Logistikbetrieb untersucht. Die Ladepunkte unterstützen die Anwendung dieses neuen Systems im Alltag und dienen als Grundlage für einen flächendeckenden Ausbau der Technologie. Das vom BMVI geförderte Projekt steht unter der Schirmherrschaft des VDA und wird vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI geleitet. Am Projekt sind 12 Partner aus Industrie und Forschung beteiligt – darunter auch vier Lkw-Hersteller. Auch das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ist Teil des Konsortiums und widmet sich schwerpunktmäßig der resilienten Versorgung im Logistik-Betrieb sowie der Integration der Ladeinfrastruktur in die lokalen Energiesysteme. Florian Klausmann, Projektleiter am Fraunhofer IAO: „Logistiker müssen zukünftig die Aufladung der Fahrzeugbatterien in ihren Prozessen berücksichtigen. Hierbei gilt es, frühzeitig mögliche Probleme zu erkennen und geeignete Resilienzstrategien zu entwickeln, z. B. bei technischen Ausfällen der Ladestationen oder kurzfristigen Änderungen der Fahrstrecken“.

Im November 2020 hat das BMVI mit der Veröffentlichung des Gesamtkonzepts klimafreundliche Nutzfahrzeuge den Weg zu einem klimafreundlichen Straßengüterverkehr aufgezeigt (siehe: solarify.eu/0-53-mrd-euro-fuer-klimafreundliche-nutzfahrzeuge). Dazu zählen konkrete Fahrpläne für die einzelnen Antriebstechnologien bis 2030 und notwendigen Maßnahmen für deren Markthochlauf. Ein zentrales Element des Maßnahmen-Fahrplans sind Innovationscluster, in denen alternative Antriebstechnologien im Zusammenspiel von Fahrzeugen und Infrastruktur auf längeren Korridoren erprobt werden können.

Aufbau von Hochleistungsladeparks für Lkw entlang der A2

Im Projekt werden insgesamt acht Hochleistungs-Ladepunkte an vier Standorten aufgebaut und betrieben. Zunächst werden in einer ersten Phase CCS (Combined Charging System)-Ladepunkte sowie im Anschluss Hochleistungsladepunkte mit MCS-Technologie geplant und errichtet. Die Standorte liegen entlang der A2 und sind zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin angesiedelt – neben Autobahn-Raststätten zählen auch Logistikzentren dazu, um unterschiedliche Anwendungsfälle berücksichtigen zu können.

Patrick Plötz, Projektleiter am Fraunhofer ISI, zum neuen HoLa-Projekt: „Trotz technologischer Fortschritte und internationaler Vereinbarungen stiegen die verkehrsbedingten CO2-Emissionen zuletzt an. Deshalb ist gerade im Verkehrssektor der Umstieg zu klimaneutralen Antrieben entscheidend.“

Simulationsgestützte Infrastrukturplanung für eine effiziente Netzintegration

Das Fraunhofer IAO hat aufgrund einiger Projekte zur Integration von Elektrofahrzeugen und der zugehörigen Ladeinfrastruktur in lokale Energiesysteme bereits umfangreiche Simulationswerkzeuge entwickelt und angewendet. 2019 hat das Forschungsteam die zukünftigen Ladebedarfe am Flughafen München analysiert und mit der 2021 erschienenen Studie „Anforderungen an eine elektrische Lade- und Wasserstoffinfrastruktur für gewerbliche Nutzfahrzeuge mit dem Zeithorizont 2030“ auch das Laden von elektrischen Lkw auf Betriebshöfen simuliert. „Die Elektrifizierung von Lkw im Fernverkehr stellt hohe Anforderungen an die netzseitige Leistungsbereitstellung an den Ladestandorten. Über Simulationen können zukünftige Engpässe identifiziert und bereits bei der Anlagenplanung berücksichtigt werden“, so Klausmann, „eine optimierte Auslegung und geeignete Lastmanagementverfahren können Ausbaukosten vermindern.“

Damit sich batterieelektrische Antriebe auch im Schwerlastverkehr durchsetzen können, bedarf es laut des Forschungsteams eines massiven Infrastrukturausbaus, speziell was das Megawattladen anbelangt. Durch das Projekt HoLa soll das nötige Wissen für die Markthochlaufphase durch den prototypischen Aufbau und Betrieb von Hochleistungsladeparks für Lkw erarbeitet werden. Hierfür steht im Projekt ein branchenübergreifendes Netz an Partnern zur Verfügung, das neben etlichen Forschungseinrichtungen auch Energieunternehmen, Netzbetreiber, Lkw-Hersteller oder Raststätten-Betreiber zu seinen Mitgliedern zählt. Durch eine enge Abstimmung mit der Nationalen Leistelle Ladeinfrastruktur fließen die Erkenntnisse direkt in den von der Leitstelle koordinierten Ladeinfrastrukturaufbau für Nutzfahrzeuge ein. Das Projekt hat ein Gesamtbudget von 27 Mio. Euro bei einem Fördervolumen von 12 Mio. Euro und läuft von September 2021 bis Ende 2024.

Die ersten drei Innovationscluster des BMVI:

1. Förderprojekt Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr (HoLa)

    • Im Projekt werden an vier Standorten entlang der A 2 vom Ruhrgebiet bis Berlin exemplarisch zunächst je zwei Hochleistungsladepunkte mit CCS-Ladepunkten (Combined Charging System) und in einer späteren Phase mit dem Megawatt Charging System (MCS) aufgebaut.
    • Ziel ist es, unterschiedliche Anwendungsfälle im Realbetrieb an Autobahn-Raststätten, Logistikzentren und Betriebshöfen zu testen.
    • Durch den Aufbau und Betrieb von prototypischer Technologie sollen Erkenntnisse für einen flächendeckenden Lkw-Hochleistungs-Ladenetzaufbau gewonnen werden.
    • Das Projekt wird umgesetzt durch ein Konsortium mit 13 Partnern (Fahrzeughersteller und Energiewirtschaft) und hat ein Volumen von 27 Mio. € (Fördersumme 12 Mio. € über die Förder-RL Elektromobilität des BMVI). Das Projekt beginnt Mitte September 2021.

2. Innovationscluster E-Highway Bayern

    • In der Innovationsregion „E-Highway Bayern“ steht die praktische Erprobung des dynamischen und stationären Ladens von Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw entlang der A 9 von München über Ingolstadt nach Nürnberg (alternativ wird die Strecke entlang der A 92 von München über Landshut und Dingolfing nach Deggendorf betrachtet) im Vordergrund. Im Einzugsgebiet einer Oberleitungsstrecke (Laden während der Fahrt) soll ein ergänzendes Netz von Wasserstofftankstellen und stationären Elektro-Schnellladestationen auf Rast- und Betriebshöfen errichtet werden. Damit können die eingesetzten Fahrzeuge auch außerhalb der Oberleitungsstrecke emissionsfrei betrieben werden.
    • Ziel des Innovationsclusters ist es, die Vorteile der Kombination der verschiedenen Antriebstechnologien zu erproben, die Auswirkungen auf das Energienetz zu untersuchen sowie umwelt- und kostenseitige Synergien zu heben.
    • Die genaue Ausgestaltung des Projektes wird im Rahmen einer Projektgruppe unter Leitung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr und Beteiligung der bayerischen Speditions- und Logistikverbände festgelegt. Das BMVI wird die Projektdurchführung zusammen mit der Autobahn GmbH unterstützen.
    • Geschätztes Projektvolumen: niedriger bis mittlerer dreistelliger Millionenbetrag (abhängig von konkreter Ausgestaltung) aus dem Haushaltstitel „Zuschüsse zur Errichtung von Tank- und Ladeinfrastruktur“ des Energie- und Klimafonds

3. Lkw-Innovationskorridor Rhein-Main/Rhein-Neckar

    • Im Projekt werden die Antriebstechnologien Batterie-, Brennstoffzellen- und Hybrid-Lkw durch den Aufbau einer Tank-, Lade- und Oberleitungsinfrastruktur vom Frankfurter Kreuz über die A 5 bis Darmstadt und weiter über die A 67 oder die A 5 bis zur Landesgrenze mit Baden-Württemberg praktisch erprobt. Eine Verlängerung bis Mannheim bzw. Heidelberg wird geprüft.
    • Ziele des Innovationsclusters sind die Optimierung von Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeverfahren sowie der technischen Gestaltung von Infrastruktur für Lkw mit alternativen Antrieben auf längeren, stark befahrenen Streckenabschnitten.
    • Die genaue Ausgestaltung des Projektes wird im Rahmen einer Projektgruppe unter Leitung des Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (StMB) und Beteiligung insbesondere der regionalen Wirtschaft festgelegt. Das BMVI wird die Projektdurchführung zusammen mit der Autobahn GmbH unterstützen.
    • Geschätztes Projektvolumen: niedriger bis mittlerer dreistelliger Millionenbetrag (abhängig von konkreter Ausgestaltung) aus dem Haushaltstitel „Zuschüsse zur Errichtung von Tank- und Ladeinfrastruktur“ des Energie- und Klimafonds

Zu weiteren Maßnahmen zur Umsetzung des Gesamtkonzepts klimafreundliche Nutzfahrzeuge: Task ForcesBackcasting“ als Grundlage für den Infrastruktur-Roll-out

Neben den drei Innovationsclustern startet das BMVI für die drei Technologien (Batterie, Brennstoffzelle Wasserstoff und Dynamisches Laden) Task-Forces zusammen mit zentralen Akteuren aus der Praxis. Hier werden insbesondere notwendige Planungs-, Genehmigungs- und Entscheidungsschritte für den Roll-Out der jeweiligen Infrastrukturen definiert:

a) Task-ForceBackcasting Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Lkw“: Start im Juni 2021 und erste Arbeitsgruppen derzeit laufen

b) Task-Force „Dynamisches und stationäres Laden mithilfe der Oberleitungstechnologie“: Zur Interessenbekundung.

c) Task-ForceBackcasting Wasserstofftankinfrastruktur“: Start in Kürze

Zu den Klimazielen
Gemäß dem Bundes-Klimaschutzgesetz müssen die CO2-Emissionen im Verkehr bis 2030 um 48 % gegenüber 1990 sinken. Für den schweren Straßengüterverkehr ist im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung festgelegt, dass 2030 ein Drittel der Fahrleistung elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe erfolgen soll. Derzeit verursacht der Straßengüterverkehr etwa ein Drittel der CO2-Emissionen des Verkehrssektors.

->Quellen: