ESYS sagt, wie die Energiewende gelingt

Kompakte Handreichung

Die nächsten vier Jahre sind Countdown und Chance zugleich: Trifft die neue Bundesregierung nicht schnell wegweisende Entscheidungen, sind die deutschen Klimaziele für 2030 und 2045 kaum mehr zu erreichen. Begreift sie hingegen die neue Legislaturperiode als Möglichkeit für eine fundamentale und zukunftsweisende Neuausrichtung, kann sie der Klima- und Energiepolitik einen dringend benötigten Anschub geben, um unwiderrufliche Folgen durch den Klimawandel abzuwenden. Mit dem Impulspapier „Wenn nicht jetzt, wann dann – wie die Energiewende gelingt“ legt das Akademienprojekt ESYS eine kompakte Handreichung vor, die elf wichtige Handlungsfelder für diesen energiepolitischen Neustart skizziert.

Folgende Leitlinien sollten diesen Aufbruch prägen:

  • Zuvorderst gilt es, den Klimaschutz beim nationalen politischen Handeln deutlich zu priorisieren. Lediglich die bisherigen Maßnahmen zu intensivieren, würde zu kurz greifen.
  • Gleichzeitig sollte Deutschland die europäische und globale Zusammenarbeit verstärken und andere Länder auch finanziell beim Klimaschutz unterstützen.
  • Dabei sollte der Blick stets dem gesamten System gelten: Sektorziele und nationale Ziele können zwar helfen, politische Verantwortungen aufzuzeigen. Die Energiewende kann jedoch nur gelingen, wenn sie zentral gesteuert und am Gesamtziel ausgerichtet wird.
  • Wirksame Klimapolitik und Sozialverträglichkeit sind keine Gegensätze: die sozialen Folgen der Transformation lassen sich gezielt ausgleichen.

Die 11 Handlungsfelder

  1. Verantwortung übernehmen und ganzheitliche Lösungen entwickeln
    Um die Energiewende auf allen Ebenen voranzubringen, sollte sich Deutschland mit aller Kraft für den EU Green Deal einsetzen, weltweit ärmere Länder beim Klimaschutz unterstützen, relevantes Wissen gezielt zusammenführen, systematisch nutzen und erweitern, und mit den Beteiligten gemeinsam Lösungen entwickeln.
  2. Fossile Energien verdrängen
    Der CO2-Preis sollte als zentrales Instrument zur Verdrängung fossiler Energieträger gestärkt werden. Gleichzeitig sollte der Staat den Aufbau notwendiger neuer Infrastrukturen, wie Wasserstoff- und Stromnetze, Ladestationen und Langzeitspeicher, intelligent kofinanzieren.
  3. Erneuerbare Energien schneller ausbauen
    Um die Klimaziele zu erreichen, ist ein jährlicher Ausbau der Wind- und Photovoltaikanlagen von 15 bis 25 Gigawatt unabding-bar – etwa das Drei- bis Vierfache der letzten Jahre. Dafür müssen die Bundesländer ausreichend Flächen zur Verfügung stellen, das Planungs- und Genehmigungsrecht reformiert und Anwohner*innen frühzeitiger eingebunden werden.
  4. Grünen Strom stärker in Wärme- und Verkehrssektor bringen
    Um die Emissionen im Wärme- und Verkehrssektor zu senken, muss Strom wettbewerbsfähiger werden. Wichtigster Schritt dafür ist die Abschaffung der EEG-Umlage. Gleichzeitig müssen Speicher gebaut, Flexibilität belohnt sowie ökologisch und ökonomisch sinnvolle Energieeffizienzpotenziale genutzt werden.
  5. Stromversorgung fit für die Zukunft machen
    Das Stromsystem der Zukunft ist vernetzter, dezentraler, flexibler und partizipativer. Für eine weiterhin sichere Stromversorgung ist es nötig, das System technisch und regulatorisch auf Erneueuerbare-Energie-Anlagen auszurichten, die Stromnetze viel stärker auszubauen, die Netze zu digitalisieren und Langzeitspeicher zu errichten.
  6. Klimaneutrale Industrie auf den Weg bringen
    Die Bundesregierung kann den notwendigen Wandel in der Indus-trie entscheidend voranbringen, indem sie: einen wirksamen CO2-Preis etabliert, CO2-Differenzverträge für Unternehmen einführt und eine internationale Allianz für den Klimaschutz anstrebt, die vor allem China und die USA mit einschließt.
  7. Wasserstoff realistisch bewerten und sinnvoll einsetzen
    Als Energieträger und Rohstoff spielt Wasserstoff eine Schlüsselrolle für eine klimaneutrale Weltwirtschaft. Um langfristig die Versorgung zu sichern, müssen binnen kürzester Zeit globale Märkte und Infrastrukturen aufgebaut, Partnerschaften auf Augenhöhe geschlossen und die Einsatzmöglichkeiten sinnvoll priorisiert werden.
  8. Bioenergie systemdienlich einsetzen
    Eine umfassende Biomassestrategie muss sicherstellen, dass Biomasse dort eingesetzt wird, wo sie den größten Nutzen bringt, etwa in der Industrie und als flüssige Treibstoffe im Luft- und Schiffsverkehr. Statt Energiepflanzen sollten zukünftig Rest- und Abfallstoffe genutzt werden. Um den hohen Rohstoffbedarf decken zu können, der durch die Energiewende entsteht, sollten der Rohstoffverbrauch zur Herstellung von Produkten gesenkt, neue Rohstoffquellen erschlossen und Recyclingquoten erhöht werden.
  9. Rohstoffe für die Energiewende nachhaltig und sicher nutzen
    Um den hohen Rohstoffbedarf decken zu können, der durch die Energiewende entsteht, sollten der Rohstoffverbrauch zur Herstellung von Produkten gesenkt, neue Rohstoffquellen er-schlossen und Recyclingquoten erhöht werden.
  10. Negative Emissionen: CO2 aus der Atmosphäre entnehmen
    Um unvermeidbare Emissionen, vor allem aus der Landwirtschaft und Teilen der Industrie, auszugleichen, müssen Verfahren zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre gesellschaftlich diskutiert, erforscht und in die Anwendung gebracht werden. Die Bundesregierung kann den notwendigen Wandel in der Indus-trie entscheidend voranbringen, indem sie: einen wirksamen CO2-Preis etabliert, CO2-Differenzverträge für Unternehmen einführt und eine internationale Allianz für den Klimaschutz anstrebt, die vor allem China und die USA mit einschließt.
  11. Klimapolitik transparent und gerecht gestalten
    Um Akzeptanz und Unterstützung für die Energiewende zu sichern, gilt es, Klimapolitik transparent zu kommunizieren, entstehende Belastungen ärmerer Haushalte aufzufangen und unterschiedliche Lebensrealitäten zu berücksichtigen.Als Energieträger und Rohstoff spielt Wasserstoff eine Schlüssel-rolle für eine klimaneutrale Weltwirtschaft. Um langfristig die Verorgung zu sichern, müssen binnen kürzester Zeit globale Märkte und Infrastrukturen aufgebaut, Partnerschaften auf Augenhöhe geschlossen und die Einsatzmöglichkeiten sinnvoll priorisiert werden.

->Quelle: acatech.de/publikation/neustart