Deloitte-Studie: Turning Point

Klima: Nichtstun kommt teuer

Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Deloitte zeigt Kosten und Nutzen von Investitionen in Klimaschutz. Nichtstun kostet Deutschland danach bis 2070 insgesamt 730 Milliarden Euro. Klimaneutralität bis 2050 führt zu stärkerem Wirtschaftswachstum. Die deutsche Wirtschaft könnte in den kommenden 50 Jahren durch den Klimawandel Schäden in Höhe von insgesamt 730 Milliarden Euro erleiden, wenn nicht frühzeitig gegengesteuert wird. Grund dafür sind geringere Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis zum Jahr 2070, die außerdem zum Verlust von bis zu 470.000 Arbeitsplätzen führen könnten, verglichen mit einer Welt ohne Klimawandel.

Titelbild der Studie des Deloitte Economics Institute „Germany’s turning point -How climate action can drive our economic future“ – © deloitte.com

Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie des Deloitte Economics Institute „Germany’s turning point -How climate action can drive our economic future“ („Der Wendepunkt –Wie Deutschland vom Kampf gegen den Klimawandel profitieren kann“). Gleichzeitig zeigt die Studie die langfristigen Chancen rechtzeitiger Investitionen in Klimaneutralität.Die Studie beschäftigt sich mit Hilfe modellbasierter Szenario-Analysen mit zentralen Fragen der klimapolitischen Debatte. Zum einen mit den ökonomischen Konsequenzen, wenn die CO2-Emissionen nicht eingedämmt werden, und andererseits mit den Folgen, sollten die Volkswirtschaften in Richtung CO2-Neutralität transformiert werden.Das Modell kombiniert makroökonomische und Klimamodelle und hat einen Zeithorizont bis zum Jahr 2070. Analysiert werden verschiedene Faktoren, von Landverlusten und landwirtschaftlichen Einbußen bis hin zu Produktivitätseinbußen.„In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Temperaturen im Falle des Nichthandelns bis zum Ende des Jahrhunderts global um drei Grad steigen werden.

Executive Summary

In der Untersuchung beleuchtet das Deloitte Economics Institute mithilfe modellbasierter Szenarioanalysen zwei drängende Fragen der klimapolitischen Debatte. Erstens: Was wären die wirtschaftlichen Kosten des Nichtstuns für Deutschland? Zweitens: Welchen wirtschaftlichen Nutzen hätte eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad für Deutschland? Die Ergebnisse des D.Climate-Modells, das makroökonomische und Klimamodelle kombiniert und einen Zeithorizont bis 2070 hat, legen mehrere Schlussfolgerungen nahe.

Strukturelle Anpassung

Insgesamt erfordern die Bekämpfung des Klimawandels und das Erreichen des 1,5-Grad-Ziel eine sehr langfristige Strategie. Zu Beginn des Übergangszeitraums würde Deutschland die mit der Anpassung seiner Wirtschaft und der Umstellung auf einen emissionsarmen Kurs verbundenen Vorlaufkosten zu spüren bekommen. Der Strukturwandel ist unweigerlich mit Kosten und Investitionen für den Übergang verbunden. Im Laufe der Zeit würden jedoch die Vorteile – in Form von vermiedenen Schäden und neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten – greifen und das Land würde durch die Dekarbonisierung einen wirtschaftlichen Nettogewinn erzielen.

Basisszenario der Untätigkeit beim Klimaschutz

Wir gehen davon aus, dass die Temperaturen im Falle des Nichthandelns bis zum Ende des Jahrhunderts um 3 Grad steigen würden. Dies ist das Basisszenario für Deutschland und die Welt. Die wirtschaftlichen Schäden dieser Entwicklung werden bisher in Wirtschaftsanalysen und langfristigen Wachstumsprognosen kaum berücksichtigt.

Kosten der Untätigkeit

Um diese Schäden einzubeziehen, analysieren wir sechs Wirkungskanäle, die von Landverlusten und landwirtschaftlichen Einbußen bis hin zu Produktivitätseinbußen reichen. Wir gehen davon aus, dass sich die Schäden durch den Klimawandel für Deutschland in den nächsten 50 Jahren auf 730 Milliarden Euro belaufen würden. Diese verringerten Wachstumsraten würden zu Arbeitsplatzverlusten in einer Größenordnung von 470.000 führen, verglichen mit einer Welt ohne Klimawandel.

Vorlaufkosten für den Übergang

Wenn Deutschland konsequent handelt, einen Beitrag zum globalen 1,5-Grad-Ziel leistet und bis 2050 Net Zero erreicht, sind die wirtschaftlichen Vorteile substanziell. In diesem Szenario muss Deutschland in den kommenden Jahren deutlich in die Transformation seiner Wirtschaft investieren. Zunächst wird das BIP-Wachstum etwas niedriger ausfallen als im Szenario des Nichthandelns. Es gibt jedoch einen Wendepunkt, ab dem die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels vermieden werden und die wirtschaftlichen Vorteile die Kosten der Abkehr von emissionsintensiven Produktionsprozessen ausgleichen

Erreichen des Wendepunkts

Für Deutschland ist dieser Wendepunkt – der Zeitpunkt, ab dem Deutschland aufgrund einer Net-Zero-Umstellung stärker profitiert als in einer Welt der Inaktivität – im Jahr 2038 erreicht. Deutschland wird eine der ersten Regionen in Europa sein, die von den wirtschaftlichen Vorteilen der Dekarbonisierung profitieren kann, vor allem, weil es sich frühzeitig dafür entschieden hat.

Beschleunigung der wirtschaftlichen Vorteile

Nach dem Wendepunkt werden sich die wirtschaftlichen Chancen beschleunigen. Das BIP-Wachstum im Jahrzehnt nach 2040 wird zunächst jedes Jahr um 0,8 Prozentpunkte höher ausfallen als in einer Welt der Untätigkeit, sodass sich die Wachstumsdynamik beschleunigt. Im Jahr 2070 ist der Nettonutzen des Übergangs für Deutschland auf 2,5 Prozent des BIP angewachsen. Das Land ist 2070 um 140 Milliarden Euro bessergestellt als in einer Welt der Untätigkeit, und dieser Nutzen wächst mit jedem weiteren Jahr. Auch die Zahl der Arbeitskräfte wird zunehmen, insbesondere in der sauberen Energiewirtschaft und im Dienstleistungssektor.

Umweltfreundliche Energieversorgung

Hinter dem Transformationsprozess in den 2020er Jahren stehen Anpassungen zur Dekarbonisierung in der Industrie sowie eine Umstellung auf saubere Energie (in erster Linie erneuerbare Energien wie Wind und Sonne), einschließlich einer zunehmenden Verbreitung von „kohlenstofffreiem“ Wasserstoff. Dieser Übergang braucht Zeit, führt aber bis 2050 zu 100 Prozent sauberer Elektrizität.

Strategischer politischer Ansatz

Die Analyse bestätigt die Notwendigkeit eines strategischen politischen Vorgehens, insbesondere aus deutscher Sicht, in zweierlei Hinsicht. Erstens kommen die meisten wirtschaftlichen Vorteile nur dann zum Tragen, wenn die internationalen Emittenten einen ähnlich entschlossenen Ansatz verfolgen. Dies macht es erforderlich, die Handels- und Außenpolitik mit der Klimadiplomatie in Einklang zu bringen. Zweitens dürften die großen Unterschiede bei der zeitlichen Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile und der Übergangskosten zwischen den EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Lösung erfordern. Von Deutschland dürfte ein Vorschlag zur Milderung der Unterschiede beim Übergang gefordert werden.

Was nun?

Die politischen Entscheidungsträger müssen sich jetzt mit der Notwendigkeit eines gemeinsamen strategischen Ansatzes befassen. Darüber hinaus müssen Industrie und Politik Lösungen finden, wie die wirtschaftlichen Übergangskosten in den am stärksten betroffenen Sektoren gemildert werden können. Es ist schwer vorstellbar, dass die Finanzierung durch private Investoren in der erforderlichen Höhe zur Verfügung stehen wird, ohne dass die öffentliche Hand eine Absicherung bietet.

Die Anzeichen für die Effekte des Klimawandels in Europa mehren sich – von Überschwemmungen bis zu Hitzewellen. Gleichzeitig ist der Kampf gegen den Klimawandel ganz oben auf die politische Agenda gerückt, der Green Deal der Europäischen Union und das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 sind zwei der prominentesten Beispiele.

In diesem Kontext hat das Deloitte Economics Institute modellbasierte Berechnungen zu verschiedenen Szenarien der weltweiten ökonomischen Konsequenzen des Klimawandels bis 2070 angestellt. Das vorliegende Briefing zur Studie „Germany’s turning point – How climate action can drive our economic future“ fasst die wichtigsten Ergebnisse für Deutschland zusammen. Dabei werden zwei Szenarien betrachtet und verglichen. Erstens die ökonomischen Konsequenzen, wenn die CO2-Emissionen nicht eingedämmt werden. Zweitens, die Effekte, wenn die Volkswirtschaften in Richtung CO2-Neutralität transformiert werden.

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