Biodiversität als Chance. Handeln. Jetzt.

„Konferenz der Arten III“ will Artensterben stoppen

Am 21.11.2021 endete im Bonner Museum König die zweitätgige digitale „Konferenz der Arten III“ im Rahmen der „Bonner Thementage der Biodiversität“ mit einem großen Anliegen der mehr als 300 Teilnehmenden: Es sei jetzt nötig, zu handeln, um die abstürzende Kurve des Biodiversitätsverlustes wieder nach oben zu biegen – und zwar auf allen Ebenen. Im Privaten, an den Schule, in der Politik und in der Verwaltung. Es ist dringend notwendig, aktiv zu werden und das Artensterben zu stoppen. Die Energiewende darf nicht auf Kosten der Biodiversität gehen und die Klimakrise kann nicht ohne die Biodiversitätskrise gedacht werden. Mit mehr Vernetzung und mehr Austausch durch gemeinsames Handeln können nachhaltige Lösungen entstehen, die die Welt lebenswerter machen.

Selten: Goldkäfer – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Das Fazit im Rahmen der Bonner „Konferenz der Arten III“ ist eindeutig: wir müssen handeln, um gegen die Biodiversitätskrise vorzugehen. Es gibt in unserem Land viele Menschen, die sich enorm engagieren und handeln“, meint Prof. Bernhard Misof, Generaldirektor des Leibniz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB). Der Austausch zwischen Wissenschaft, Politik, Nichtregierungsorganisationen, Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftlern, Lehre oder Schule gelingt und macht Hoffnung. Das kooperative Treffen zeigte sehr deutlich, wie groß die Notwendigkeit ist, sich jetzt gemeinsam für die Umwelt und die Gesellschaft zu engagieren – und wieviel man voneinander lernen kann.

Im Rahmen der Vorträge, Workshops und in den virtuellen Diskussionsräumen sind unglaublich viele neue mögliche Aktivitäten zur Förderung der Artenvielfalt genannt worden. „Diese Tagung kann ein echter Motor zur Entwicklung von Strategien sein, das Thema Biodiversität in die Mitte der Gesellschaft zu rücken und damit das Leben der Menschen nachhaltig zu verbessern“ freut sich Misof über den Erfolg.

Gerade Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftler helfen Menschen zu motivieren und Wissen weiter zu geben. Das Biodiversitätsmainstreaming wird wahr. Die Einflussnahme von Menschen an Entscheidungsprozessen ist ein wichtiges Gestaltungsprinzip für echten Fortschritt in der Entwicklung von Maßnahmen zum Nutzen der Biodiversität. Die“ Konferenz der Arten“ hat uns in wunderbarer Weise gezeigt, dass engagierte Bürger vieles wissen und noch mehr Wissen schaffen. So gestalten Menschen ihre eigenen, lokalen Communities und bringen sich auf unterschiedliche Art und Weise ein. Wir als Gesellschaft müssen dies fördern.

Mit „True Cost Accounting“ Standards setzen

In der Öffentlichkeit muss das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität steigen. Mit „True Cost Accounting“ Standards zu setzen, also die wahren Kosten eines Produkts oder einer Dienstleistung vergleichbar berechenbar zu machen, wird sich positiv auf Unternehmensaktivitäten, Umwelt und Gesellschaft auswirken. „Payment for Ecosystem Services“ (PES) kann dabei finanzielle Anreize bieten mit dem Ziel, die Umwelt zu schützen.

„Die Landwirtschaft steht natürlich in einem besonderen Fokus. Viele Arten gibt es heute bereits nicht mehr, weil sie zum Beispiel durch Fehler in der Vergangenheit im Rahmen der Flurbereinigung verloren gegangen sind“, ergänzt Professor Christoph Scherber, Leiter des Zentrums für Biodiversitätsmonitoring und Naturschutzforschung (zbm) am LIB und inhaltlicher Mit-Organisator der Tagung. Notwendig sei also auch eine Restaurierung der früheren Artbestände. Landwirtschaft müsse auf breiter Fläche artenreicher werden, zum Beispiel durch Mischfruchtanbau, Untersaat, Zwischenfrüchte und bunte Fruchtfolgen, aber auch durch innovative Technologien sowie durch die Reduktion der Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Umwelt.

Es existieren bereits viele Daten zu auffälligen Arten, wie Schmetterlinge oder Vögel, aber für viele ökologisch wichtige Tierarten wissen wir viel zu wenig. Dies scheitert oft auch am Geld, daher ist es notwendig den Kapitalmarkt zu mobilisieren und weiterzuentwickeln.

In den vergangenen 10 Jahren ist die Artenkenntnis sehr viel schlechter geworden. Entsprechend muss die Artenkenntnis zurück in die Schule. Curricula sollten überdacht und gegebenenfalls überarbeitet werden.

Insgesamt, so das Fazit der Veranstaltung, erfordert Biodiversität als breites öffentliches Thema dieselbe Aufmerksamkeit wie der Klimawandel. Das Aussterben einer Art lässt sich nicht rückgängig machen, und wir brauchen die „Konferenz der Arten“, um uns zu vernetzen und auszutauschen.

Hintergrundinformationen:

Nach 2016 in Berlin und 2019 in Bonn organisierte das LIB Museum Koenig die Konferenz der Arten in diesem Jahr in einem reinen Onlineformat über eine virtuelle Veranstaltungsplattform. Das Programm stand unter dem Motto „Biodiversität als Chance“: Welche Chancen kann die Biodiversität für unsere Landwirtschaft, unsere Ökonomie, unsere Landschaften, unsere Städte und Regionen, unsere Bildung und insbesondere für unsere Gesellschaft bieten? Die Themen Schutz der Artenvielfalt, Taxonomie, Monitoring, Datenaustausch, Artenkenntnis wurden in vielfältigen Programmformaten aufgegriffen. Im Fokus standen auch wieder Citizen Sciences, denn in den sogenannten Bürgerwissenschaften liegt ein riesiges Potenzial – von der Erfassung von Daten bis zum Wissenstransfer. Der Biodiversitätsschutz gewinnt immens durch die Verbindung von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Die „Konferenz der Arten“ wurde erstmalig zusammen mit der Konferenz „FörTaxCon“ vom 18. bis zum 19. November 2021 durchgeführt. Letztgenannte Konferenz wird durch das FörTax Projekt ausgerichtet, dem Projekt zur Förderung von taxonomischem Wissen als Grundlage für den Naturschutz. Dieses Projekt wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert. Beide Konferenzen bilden die „Bonner Thementage der Biodiversität“.

Über das LIB: Das Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB) widmet sich der Erforschung der biologischen Vielfalt und ihrer Veränderung. Seit dem 1. Juli 2021 arbeiten unsere Forschenden an zwei Standorten: dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn sowie dem ehemaligen Centrum für Naturkunde in Hamburg. Generaldirektor ist Prof. Dr. Bernhard Misof, der das LIB standortübergreifend leitet.

->Quellen: