Habeck startet Solar-Offensive auf dem Acker
Mit deutlich mehr Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen will die Bundesregierung einer Medienmitteilung vom 10.02.2022 folgend den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Darauf einigten sich das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium, das Umweltministerium sowie das Landwirtschaftsministerium. Der Klimaschutzminister will Flächen sowohl landwirtschaftlich als auch energetisch nutzen. Wie ein Eckpunktepapier sagt, sollen Photovoltaik-Anlagen auf diesen Flächen sowie auf landwirtschaftlich genutzten Moorböden künftig im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gefördert werden. Die Solar-Offensive auf dem Acker soll einfließen in das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante „Osterpaket“: Bis Ostern soll das Kabinett umfassende Maßnahmen beschließen, um das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne zu erhöhen.
Finanzzuschüsse für die Flächen würde damit über zwei Kanäle fließen: Neben dem EEG soll es weiterhin möglich sein, Flächenförderung aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU zu bekommen. Habeck erklärte, der Vorschlag der Ministerien könne einen maßgeblichen Beitrag zum Ausbau der Photovoltaik leisten. Auf landwirtschaftlichen Flächen könnten bis zu 200 Gigawatt zusätzliche Photovoltaik-Leistung installiert werden. Die grünen Minister in der Bundesregierung haben einen Agri-PV Coup gelandet und wollen die richtigen Ansätze zum Schutz und der Renaturierung von Moorböden setzen. “Unsere drei Häuser haben sich vorgenommen, einen optimalen Austausch zwischen den Anforderungen der Landwirtschaft und der Energieproduktion sowie dem Schutz der Natur zu gewährleisten”, sagte Agrarminister Cem Özdemir zur Vorstellung des Eckpunktepapiers.
Die drei Minister haben sich außerdem darauf verständigt, dass landwirtschaftlich genutzte Moorböden künftig als neue Flächenkategorie in die EEG-Förderung aufgenommen werden sollen. Bauern, die landwirtschaftlich genutzte Moorflächen wiedervernässen, könnten damit zusätzlich Förderung für den Bau von Solarzellen erhalten. Denn die Wiedervernässung von Mooren gilt als wichtige Klimaschutzmaßnnahme, da durch die Renaturierung CO2 aus der Atmosphäre gebunden wird. Weil hierdurch allerdings die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen stark eingeschränkt oder unmöglich gemacht wird, ist die finanzielle Entschädigung für Bauern ein zentrales und heikles Thema.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte immer wieder betont, Maßnahmen zur Wiedervernässung müssten auf Freiwilligkeit beruhen und finanziell angemessen entschädigt werden. Trotzdem sieht der Verband den Vorstoß skeptisch, seiner Meinung nach soll der Ausbau von Photovoltaik auch weiterhin vorrangig auf Gebäuden oder eigens hierfür umgenutzten Flächen erfolgen.
“Wir haben uns vorgenommen, in weniger als neun Jahren 80 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeuge”, erklärte der Wirtschaftsminister. Angesichts des knappen 40 Prozent Anteil heute und dem voraussichtlich steigendem Stromverbrauch müsse der Anteil somit mehr als verdoppelt werden. Aller Voraussicht nach wird der Solarstrom das für die Ampel stemmen müssen. Innerhalb von wenigen Jahren will die neue Bundesregierung die Solarstromkapazität in Deutschland fast vervierfachen. Von den 750 Terawattstunden, die Deutschland 2030 verbrauchen wird, sollen 200 aus Solarzellen stammen.
Eckpunktepapier BMWK, BMUV und BMEL: Ausbau der Photovoltaik auf Freiflächen im Einklang mit landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz
Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität der Stromerzeugung ist ein deutlicher Ausbau der Photovoltaik erforderlich. Daher müssen alle verfügbaren Dachflächen genutzt werden. Darüber hinaus ist auch ein deutlicher, naturverträglicher Ausbau auf Freiflächen erforderlich. Innerhalb der Freiflächen sind – wie bislang – vorrangig versiegelte oder vorbelastete Flächen zu nutzen wie industrielle und militärische Konversionsflächen sowie Seitenrandstreifen an Autobahnen und Schienenwegen. Zusätzlich sollen nach einem gemeinsamen Vorschlag von BMWK, BMUV und BMEL künftig verstärkt auch PV-Freiflächenanlagen auf folgenden Flächenkategorien im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) förderfähig sein:
- Agri-PV – Gemeinsame Nutzung der Fläche für Landwirtschaft und PV-Stromerzeugung:
Agri-PV-Anlagen sollen auf allen Ackerflächen grundsätzlich zulässig sein. Das er-möglicht eine sowohl landwirtschaftliche als auch energetische Nutzung ein und derselben Fläche.
Die Förderung mit GAP-Mitteln ist weiterhin möglich, sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 % durch die Stromerzeugung beeinträchtigt ist.
Schutzgebiete, Grünland, naturschutzrelevante Ackerflächen und Moorböden werden aus Gründen des Naturschutzes und des Klimaschutzes ausgeschlossen. - Benachteiligte Gebiete:
Die Flächenkulisse der sog. „benachteiligten Gebiete“ wird erweitert um die auf-grund neuer EU-Kriterien durch die Bundesländer angepassten und veröffentlichten benachteiligten Gebiete. Demnach kommen sowohl Flächen aufgrund der alten EU-Kriterien als auch Flächen aufgrund der neuen EU-Kriterien in Betracht. Die neue Flächenkulisse umfasst damit ca. 9 % mehr Fläche im Vergleich mit der bisher im EEG zugelassenen Fläche der benachteiligten Gebiete. Die Bundesländer müssen die Flächen – wie bislang – im Rahmen der Länderöffnungsklausel für die Nutzung von PV-Freiflächenanlagen freigeben. - Moor-PV-Maßnahme:
Landwirtschaftlich genutzte Moorböden sollen als neue Flächenkategorie im EEG aufgenommen werden. Voraussetzung für die Förderung ist die Wiedervernässung dieser entwässerten Moorböden. Das Ziel ist es, einerseits die Wiedervernässung als Beitrag zum Klimaschutz voranzubringen und gleichzeitig die Flächen für PV-Strom-erzeugung zu nutzen.
Der Zugang zur Förderung der Wiedervernässung im Rahmen von Moorschutzprogrammen soll erhalten bleiben. - Im Übrigen können auch die anderen bisher im EEG zugelassenen Flächen weiter genutzt werden; dies gilt insbesondere für die Konversionsflächen und Seitenrandstreifen.
- Kopplung an Naturschutzkriterien:
Zusätzlich soll den Kommunen ermöglicht werden, bei allen Freiflächen naturschutzfachliche Kriterien vorzuschreiben. Zu diesem Zweck soll die im EEG geregelte finanzielle Beteiligung der Kommunen an den wirtschaftlichen Erträgen der PV-Stromer-zeugung mit naturschutzfachlichen Anforderungen verknüpft werden. Die Kommu-nen werden daher ermächtigt, in den Verträgen zur finanziellen Beteiligung dem An-lagenbetreiber vorzugeben, welche konkreten naturschutzfachlichen Anforderungen auf nach dem EEG geförderten oder ungeförderten PV-Freiflächen im Einzelfall ein-zuhalten sind.
Sofern die finanzielle Beteiligung auch auf Bestandsanlagen ausgedehnt wird, kann dies auch bei den dann von den Bestandsanlagen mit den Kommunen neu abzuschließenden Verträgen gelten.
Den Kommunen steht dabei eine Auswahl von Naturschutzkriterien zur Verfügung, z. B. nach Veröffentlichungen des Kompetenzzentrums für Naturschutz und Energiewende. - Beschleunigung von Planung:
Die Kommunen werden wir durch die Förderung einer Angebotsplanung dabei unterstützen, eine zügige Abwägung öffentlicher Belange und eine sinnvolle, mit dem Netzausbau abgestimmte Verteilung und Konzentration von Anlagen auf der regionalen Ebene voranzubringen und diese mit den erforderlichen gemeindlichen Planungsschritten abzustimmen.
Darüber hinaus sind die Verringerung der Tierzahlen insbesondere in den Intensivtierhaltungsregionen und der Umbau der Tierhaltung weitere wesentliche Beiträge der Landwirtschaft zum Klimaschutz. Die landwirtschaftlichen Betriebe müssen bei dieser Transformationsanstrengung finanzielle Unterstützung erhalten.
->Quellen: