DSD an Luxemburger Firma verkauft
Deutschlands wohl ältestes Kreislauf-Müll-Unternehmen, das Recycling-System mit dem bekannten Grünen Punkt (DSD – Duales System Holding GmbH & Co. KG) hat den Eigentümer gewechselt. Neuer Eigentümer de DSD ist die Luxemburger Circular Resources S.à.r.l.. Sie will nach eigenen Angaben „die erste integrierte Lösung aus mechanischem und chemischem Recycling im industriellen Maßstab für Kunststoffverpackungen schaffen“. „Die Inhaber haben Verbindungen zur Öl- und Chemieindustrie – und wollen eine umstrittene Recyclingtechnologie fördern“, so die Wirtschaftswoche am 12.08.2022. Seit seiner Gründung 1990 steht der Grüne Punkt (zwei grüne Pfeile, die sich umeinander drehen) in Deutschland für Mülltrennung und Recycling.
„Circular Resources S.à.r.l., ein Unternehmen, das mit dem Ziel gegründet wurde, einen One-Stop-Shop für das Recycling von Kunststoffabfall zu etablieren, hat mit Wirkung vom 10. August 2022 die DSD – Duales System Holding GmbH & Co. KG und die Unternehmensgruppe mit dem Grünen Punkt übernommen. Dazu gehören unter anderem die Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, die eines der führenden dualen Systeme zur Erfassung und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen in Deutschland betreibt, sowie die Systec Plastics GmbH mit der Produktionsstätte in Hörstel und die Systec Plastics Eisfeld GmbH, die aus im Gelben Sack und in der Gelben Tonne gesammelten Kunststoffabfällen hochwertige Rezyklate für die Kunststoff- und Verpackungsindustrie herstellen.“
Dass der Grüne Punkt neue Eigentümer hat, ist allerdings laut Wirtschaftswoche „für das symbolträchtige Unternehmen eine gute Neuigkeit“. Seit 1991 stehe der Grüne Punkt für Mülltrennung und Recycling. Das Prinzip dahinter: Hersteller und Händler zahlen Gebühren für die Verpackungen, die sie in Umlauf bringen. Der Grüne Punkt kümmert sich um die Entsorgung und das Recycling der Plastikabfälle in gelbem Sack und gelber Tonne, und auch für Papier und Glas ist das System zuständig.
Circular Resources hat die gesamte Unternehmensgruppe mit allen Anteilen übernommen, das Management von Der Grüne Punkt bleibt an Bord und wird sich in signifikantem Umfang am neuen Unternehmen beteiligen. Die Unternehmen von Der Grüne Punkt werden in ihrer jetzigen Form weiterarbeiten und sich weiterentwickeln. Ziel ist es, gemeinsam weiter zu wachsen und die Menge hochwertiger Rezyklate für den Markt zu steigern. Die bereits unabhängig von der Übernahme geplanten Investitionen zur Steigerung von Qualität und Kapazität in den deutschen Recyclingwerken von Der Grüne Punkt werden wie geplant durchgeführt. So wird das Unternehmen in einen seiner Standorte investieren und dort Stoffströme, die heute insbesondere noch der Verbrennung zugeführt werden, aufbereiten und mittels Pyrolyse für das chemische Recycling nutzen. (gruener-punkt.de/ganzheitliche-loesung-fuer-das-kunststoffrecycling)
Lange war der Grüne Punkt Monopolist. Wer in Deutschland seine Produkte verkaufen wollte, musste sich an DSD wenden, um die Produktverpackungen zu lizenzieren und dafür Gebühren zahlen. Doch dann kam die Liberalisierung. Heute gibt es elf Unternehmen, die um die Verpackungsgebühren der Supermärkte und Konsumkonzerne wetteifern. Die Schwarz Gruppe, Eigentümer von Lidl und Kaufland, hat mittlerweile mit PreZero sein eigenes Recyclingunternehmen aufgebaut. Der einstige Marktführer DSD verlor wichtige Kunden wie Aldi an die Konkurrenz. Erst im vergangenen Jahr musste DSD deshalb 50 Mitarbeiter entlassen, die Mannschaft schrumpfte auf weniger als 400 Beschäftigte.
Der Grüne Punkt hat ab 1991 das duale System in Deutschland aufgebaut und ist heute einer von elf operativ tätigen Systembetreibern in einem von intensivem Wettbewerb geprägten Markt. Mit den beiden Anlagen der Systec Plastics stellt er derzeit jährlich etwa 50.000 Tonnen hochwertiges Kunststoffrezyklat her, aus dem Verpackungen und Produkte für Haushalt, Bau und Garten produziert werden. Daneben berät die Unternehmensgruppe ihre Kunden bei der recyclingfreundlichen Gestaltung von Verpackungen.
Circular Resources, in Luxemburg registriert, ist laut Wirtschaftswoche eigens mit dem Ziel gegründet worden, den Grünen Punkt zu übernehmen. Über den Kaufpreis ist Stillschweigen vereinbart worden. Das wirft die Frage auf: Wer sind eigentlich die neuen Eigentümer des Grünen Punkts? Und was wollen sie mit Deutschlands Recycling-Pionier?
Bei der Technologie von Systec Plastics soll Plastikmüll mit auf chemischem Wege in seine Molekülstruktur aufgelöst und in eine Art Rohöl verwandelt werden, aus dem sich wieder neue Plastikprodukte herstellen lassen sollen. Chemisches Recycling ist aber umstritten, weil die Technologien bisher als noch nicht ausgereift gelten und und sehr energieintensiv sind. Der Output der Anlagen gilt als unzureichend. „Und um das Müllöl tatsächlich in neue Produkte zu verwandeln, muss fossiles Rohöl hinzugefügt werden. In dem Gemisch hat der Plastikmüll somit häufig keinen großen Anteil, trotzdem muss das Rohmaterial aufwändig veredelt und verarbeitet werden, bis daraus wieder Plastikprodukt wird. Laut der Deutschen Umwelthilfe kommt eine Studie von BASF aus dem Jahr 2020 sogar zu dem Ergebnis, dass bei der Herstellung des Kunststoffs LDPE mittels chemischem Recycling die Emissionen um 77 Prozent höher sind, als wenn man den Kunststoff einfach aus fossilem Öl herstellen würde. Auch eine Studie von Plastic Energy selbst kommt zu dem Schluss, dass chemisches Recycling mehr Treibhausgase verursacht als die Herstellung von Neuplastik.“ (WiWo)
Trotz aller Kritik ist das chemische Recycling schon jetzt ein Milliardenmarkt. Laut einer Marktstudie der Analysefirma Ecoprog waren Ende 2021 weltweit 20 Anlagen in Betrieb – und mehr als 90 Anlagen im Bau oder in der Planung. „Vor allem Öl- und Chemieindustrie treiben die Forschung und Investitionen an der Technologie voran. Für sie ist das chemische Recycling eine Zukunftschance: Wenn die großen Stream Cracker der Chemiekonzerne künftig Plastikmüll statt Öl verarbeiten könnten, würde das die Abhängigkeit von den ungeliebten fossilen Rohstoffen reduzieren – und es der Industrie sogar erlauben, sich als nachhaltig darzustellen“.
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