Virales Recycling von Seltenen Erden aus Leuchtstofflampen
Angesichts begrenzter Rohstoff-Vorkommen sind innovative Lösungen für das Recycling gefragt. Forscher des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) haben laut einer Medienmitteilung vom 05.09.2022 ein Verfahren entwickelt, mit dem sie Seltene Erden aus Leuchtstofflampen zurückgewinnen können. Den Schlüssel zur gezielten Rückgewinnung der Seltenen Erden liefern Bakteriophagen: Viren, die vor allem Bakterien infizieren. Durch die Kombination mit einem speziellen magnetischen Trennungsverfahren ist es den Freiberger Forschern gelungen, Rohstoffe gezielt aus Stoffgemischen herauszufiltern und wiederzuverwenden.
Die zunehmende Technologisierung lässt den Bedarf an Rohstoffen drastisch steigen. Hinzu kommt die zunehmende Komplexität von elektronischen Geräten, für die Hightech-Materialien wie Seltene Erden nötig sind. Seltene Erden sind 17 verschiedene Metalle wie Lanthan, Cerium, Europium und Terbium, die wesentliche Bestandteile von Smartphones, Flachbildschirmen, Windkraftanlagen und Kompaktleuchtstofflampen sind. China ist Weltmarktführer für die Versorgung mit Seltenen Erden: es deckt 86 Prozent des weltweiten Bedarfs und sogar 98 Prozent des europäischen. Um diese Abhängigkeit zu reduzieren und die Umwelt zu entlasten, bedarf es innovativer Recycling-Technologien. Denn im Moment beträgt der Recyclinganteil von Seltenen Erden in der Europäischen Union gerade einmal acht Prozent. Doch gerade im Recycling von Altprodukten steckt ein hohes Potenzial.
Ausgediente Elektronikprodukte enthalten eine Vielzahl von wertvollen Elementen in sehr geringen Konzentrationen. Dazu zählen Kompaktleuchtstofflampen, die derzeit getrennt von anderem Elektronikschrott gesammelt werden, da das quecksilberhaltige Lampenpulver in speziellen Lagern aufbewahrt werden muss. Dieses Pulver enthält Leuchtstoff aus Bariummagnesiumaluminat, Ceriummagnesiumaluminat, Lanthanphosphat, Halophosphat und Yttriumoxid. Bis 2020 haben sich in der EU 25.000 Tonnen Leuchtpulver angesammelt. Darin enthalten sind 750 Tonnen Seltene Erden. In anderen Elektronik-Altprodukten wird von einem Anteil von 4.200 Tonnen ausgegangen. Deshalb haben HIF-Forscher das Lampenpulver als Grundlage genommen, um exemplarisch zu zeigen, dass eine Wiedergewinnung der enthaltenen Elemente möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Für die Rückgewinnung setzen sie magnetische Separation basierend auf Biokollektoren ein. Die dafür erforderlichen Biomoleküle finden sie mit Hilfe der biologischen Technologie „Phage Surface Display“ (PSD) und stellen sie anschließend biotechnologisch her.
Biomoleküle binden Seltene Erden
Im Mittelpunkt der PSD-Methode stehen Bakteriophagen. Das sind Viren, die darauf spezialisiert sind, Bakterien zu infizieren. Mit Hilfe der PSD-Technologie wird aus Bakteriophagen mit einer Milliarde verschiedener Biomoleküle das geeignete, also elementspezifische Biomolekül ausgewählt. Im Anschluss wird dieses Biomolekül biotechnologisch hergestellt und auf einem kugelförmigen, magnetischen Trägermaterial verankert. Dadurch entstehen Biokollektoren, die in der Lage sind, ihr Zielelement spezifisch zu erkennen und zu binden.
„Die Biokollektoren können je nach Zielmaterial mit einem anderen Typ Biomolekül bestückt und zur selektiven Metallrückgewinnung aus diesen Gemischen eingesetzt werden. Durch gemeinsame Experimente mit Kolleginnen und Kollegen der HZDR-Institute für Ressourcenökologie und für Fluiddynamik sowie des Strahlenschutzes ist es uns gelungen, den Trennprozess in Richtung einer Anwendung voranzutreiben. Die durch Biokollektoren wiedergewonnenen Seltenen Erden können wir zukünftig zurück in den Kreislauf bringen, wodurch sich gleichzeitig das enorme Ausmaß an Sondermüll reduziert“, sagt die Leiterin der Nachwuchsforschergruppe BioKollekt Franziska Lederer. Gemeinsam mit ihrem Team will die Biologin außerdem eine Technologieplattform für weitere Recyclingmaterialien aufbauen, um langfristig einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft zu leisten.
->Quelle: hzdr.de/Cms?pOid=67020&pNid=2423