PV-Module auf Lärmschutzbauten können wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten
Die Energiewende nimmt weiter Fahrt auf. Dabei ist auch der Ausbau von Photovoltaik auf Flächen im öffentlichen Raum gefragt. Das Potenzial für Lärmschutzbauten zeigt eine Analyse, die der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Zusammenarbeit mit dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Rahmen des Expertennetzwerks des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) durchgeführt hat. Laut Bundesminister Volker Wissing könnten entlang der deutschen Autobahnen und Bahngleise mit PV-Modulen ausgestattete Lärmschutzwände und -wälle pro Jahr bis zu 1 Million Tonnen CO2 einsparen. „Damit könnten wir einen substanziellen Beitrag zu den nationalen Klimaschutzzielen leisten,“ so der Minister wörtlich, dessen Klimabilanz nicht berauschend ausfällt.
Strom für 450 000 Haushalte
Die Lärmschutzeinrichtungen entlang von Bahnstrecken, Autobahnen und Bundesstraßen sind zusammen rund 5.800 Kilometer lang. Mehr als 1.800 Kilometer Lärmschutzbauwerke finden sich entlang von Eisenbahnlinien1 und knapp 4.000 Kilometer stehen an Autobahnen und Bundesstraßen. Welche Stromausbeute Photovoltaik-Module grundsätzlich liefern könnten, die dort nachträglich montiert werden, hat der DWD auf Basis von Satellitendaten berechnet. „Wir haben die Sonneneinstrahlung sowie die Ausrichtung und den Neigungswinkel der Lärmschutzeinrichtungen berücksichtigt. Insgesamt könnten rund 1.500 Gigawattstunden (GWh) Strom jährlich erzeugt werden“, so Frank Kaspar, Koordinator des Themenfelds „Erneuerbare Energien“ im Expertennetzwerk und Leiter der Abteilung Hydrometeorologie des DWD, zu den Ergebnissen. Zum Vergleich: Mit diesem Energieertrag könnten in Deutschland etwa 450.000 Haushalte ihren jährlichen Stromverbrauch decken.
Lärmschutzwälle entlang der Autobahn bergen das größte Potenzial
Entlang der Bundesfernstraßen gibt es verschiedene Arten von Lärmschutzträgern. Etwa 80 Kilometer machen Steilwälle aus, das sind Metallgestelle, die mit Steinen gefüllt sind. Lärmschutzwände kommen auf ca. 2.500 Kilometer. „Sowohl Steilwälle als auch Lärmschutzwände stehen vertikal zur Straße – aufgrund von Steinschlag, Verschattung, Statik und Lärmschutzeigenschaften haben die beteiligten Expertinnen und Experten die nutzbare Fläche für die Integration von PV-Anlagen hier mit etwa zehn Prozent abgeschätzt“, so Frank Kaspar weiter: „Das größte Potenzial sehen wir bei den sogenannten Lärmschutzwällen, die Neigungswinkel von typischerweise 30 Grad haben. Das ist optimal für die Sonneneinstrahlung und verbessert auch die statische Tragfähigkeit.“ Diese Wälle gibt es auf rund 1.300 Kilometern entlang der Autobahnen. Sie sind oft mit Gras bewachsen und erinnern an Deiche. Die Lärmschutzwälle haben rechnerisch ein jährliches Ertragspotenzial von rund 1.200 Gigawattstunden (GWh), wenn 50 Prozent ihrer Fläche mit PV-Anlagen bebaut werden. Erhöht man die Belegung mit Photovoltaikmodulen auf 60 Prozent, sind es rund 1.400 GWh; bei 70 Prozent sogar 1.695 GWh.
Wichtiger Beitrag zur Energiewende – Lärm- und Naturschutz mitdenken
Um die Potenziale zu heben, ist es nach Einschätzung der beteiligten Expertinnen und Experten von EBA und BASt wesentlich, dass die lärm- und betriebstechnischen Eigenschaften der Bauwerke erhalten bleiben. Begrünte Lärmschutzbauten sind oftmals auch naturschutzrechtlich relevant. „Um diese Einschränkungen zu berücksichtigen, haben wir die Annahmen für die rechnerische Abschätzung des potenziellen jährlichen Energieertrags von PV-Anlagen an Lärmschutzbauten entlang der Verkehrswege bewusst sehr konservativ gewählt. Das Ergebnis ist trotzdem höchst erfreulich und zeigt, welchen großen Beitrag diese bislang ungenutzten Flächen zur Energiewende leisten können“, betont Kaspar und ergänzt in Bezug auf weitere Schallschutzwände, die in den nächsten Jahren entlang der Schienen installiert werden sollen: „Gerade bei neuen Anlagen sollte die Photovoltaik von Anfang an mitgedacht werden.“
Über das BMDV-Expertennetzwerk
Das Expertennetzwerk des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ist ein wichtiger Baustein der Ressortforschung. Unter dem Leitmotiv „Wissen – Können – Handeln” haben sich sieben Ressortforschungseinrichtungen und Fachbehörden des BMDV 2016 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, die Kompetenzen der beteiligten Behörden auf eine breitere gemeinsame Basis zu stellen, sie intensiver miteinander zu vernetzen und so anwendungsorientierte Forschungsergebnisse für die Praxis zu ermöglichen.
Hinweise an die Redaktion
->Quellen: