Steinmeier: Umwelt- und Klimaschutz nicht auf unbestimmte Zeit verschieben

Deutscher Umweltpreis der DBU „ein ganz besonderes Signal“

Russlands „brutaler Angriffskrieg“ gegen die Ukraine ist nach den Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier „auch ein Anschlag auf Wirtschaft, Umwelt und Klima“. Beim Festakt am 30.10.2022 in Magdeburg zur Verleihung des Deutschen Umweltpreises der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Höhe von insgesamt 500.000 Euro rief er zu Entschlossenheit und Handeln auf: „Wir dürfen nicht zulassen, dass der Umwelt- und Klimaschutz angesichts des Krieges auf unbestimmte Zeit verschoben wird!“

Deutscher Umwelt- und Ehrenpreis der DBU: Kuratoriumsvorsitzender Niebert (3. v. lks) und Generalsekretär Bonde (5. v. lks) mit den Ausgezeichneten (v. lks) Myriam Rapior, Kathrin Muus, Christof Schenck, Friedrich Mewis und Dirk Lehmann – Foto © Peter Himsel, DBU

„Wir müssen noch schneller ins postfossile Zeitalter aufbrechen“

Die Forderung des Staatsoberhaupts: „Wir müssen jetzt noch schneller ins postfossile Zeitalter aufbrechen.“ Es gelte, Energieversorgung, Industrie, Mobilität „noch schneller klimaneutral“ zu machen. Und es gehe darum, noch schneller neue Partner zu gewinnen, „um Abhängigkeiten von einzelnen zu reduzieren“ und „nicht nur auf die günstigsten Lieferanten“ zu schauen. Zwar fielen derartige Herausforderungen in eine Zeit, „in der sich viele Menschen um ihr Unternehmen oder ihren Arbeitsplatz sorgen oder sich fragen, wie sie ihre Strom- und Gasrechnung bezahlen sollen“. Doch die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste geo- und energiepolitische Zeitenwende sieht Steinmeier auch als Chance: „Wir können Deutschland jetzt zu einer Industrie- und Exportnation neuen Typs machen – klimaneutral und technologisch führend, vernetzt und weniger verwundbar.“ DBU-Generalsekretär Alexander Bonde sagte, trotz der Energiekrise dürfe Deutschland nicht verzagen. „Lassen Sie uns mutig sein“, so Bonde. „Wir müssen Kurs halten für Klimaschutz und Abkehr von fossiler Energieversorgung.“ Die Energiewende könne gelingen – auf den drei Säulen „Effizienz, Einsparung und regenerative Quellen“.

Unter den Gästen auch ukrainische Stipendiatinnen und Stipendiaten der DBU

Der mittlerweile zum 30. Mal von der DBU vergebene Deutsche Umweltpreis gewinnt nach Steinmeiers Worten „von Jahr zu Jahr an politischer und gesellschaftlicher Bedeutung“. Angesichts des russischen Ukraine-Kriegs gehe von der Auszeichnung „ein ganz besonderes Signal aus“. Sogar sprichwörtlich: Unter den rund 900 Gästen im Festsaal waren acht Menschen aus der Ukraine – allesamt Teilnehmende des DBU-Fellowship-Programms für Mittel- und Osteuropa (MOE) oder – als Teil des MOE-Fellowships – eines Sonderprogramms Ukraine, das die Deutsche Bundesstiftung Umwelt wegen des Ukraine-Kriegs im März dieses Jahres installiert hat. Das MOE-Fellowship will Weiterbildung und -qualifikation im Umwelt- und Naturschutz unterstützen und richtet sich an Graduierte sowie Doktoranden.

Eine der höchstdotierten Umwelt-Auszeichnungen Europas

Der Deutsche Umweltpreis zählt mit 500.000 Euro zu den höchstdotierten Umwelt-Auszeichnungen Europas; dieses Jahr vergibt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt zudem einen Ehrenpreis über 20.000 Euro. 2022 würdigt der DBU-Umwelt- und Ehrenpreis herausragende Leistungen für Schiffbau, Wildnis und Landwirtschaft. Den Deutschen Umweltpreis teilen sich die Schiffbau-Ingenieure Friedrich Mewis und Dirk Lehmann mit dem Biologen Dr. Christof Schenck. Der Ehrenpreis geht zu gleichen Teilen an Myriam Rapior als Vertreterin der jungen Umweltbewegung sowie Kathrin Muus als junge Engagierte aus der Landwirtschaft.

Erfindergeist, wirtschaftlicher Wagemut, Wildnisschutz und Schulterschluss

Tüftler Mewis und Unternehmer Lehmann warfen Erfindergeist und wirtschaftlichen Wagemut in die Waagschale und brachten mit ihrem Becker Mewis Duct (BMD) die Schifffahrt auf Klimakurs: Seit Markteinführung 2008 sparte diese zwischen Schiff und Propeller montierte hydrodynamische Vordüse weltweit bislang bei rund 1.400 Tankern, Massengutfrachtern und Containerschiffen nicht nur Millionen Tonnen Schweröl ein, sondern auch etwa zwölf Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid. Positiver Nebeneffekt: leisere Schiffe und dadurch geringere Lärmbelastung für Meerestiere wie Wale. Biologe Schenck, Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF), erhält die Auszeichnung „als Kämpfer für die Wildnis“, so Bonde. Schenck setzt sich für den Schutz großer Wildnisrefugien ein, schuf überdies mit dem internationalen Naturerbe-Fonds Legacy Landcapes Fund einen Weg zum Erhalt des Weltnaturerbes. Der DBU-Ehrenpreis für Rapior und Muus ist Anerkennung für deren bemerkenswerte Vermittlerrolle in der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Der ZKL-Abschlussbericht 2021 mit Empfehlungen für eine nachhaltigere Landwirtschaft auf zugleich ökonomisch tragfähigem Fundament trägt auch ihre Handschrift. Eine erhöhte Aufgeschlossenheit für unterschiedliche Positionen zwischen Landwirtschaft und Umwelt ist auch ein Verdienst der beiden Frauen.

Bundespräsident Steinmeier: Engagierte Menschen größter Schatz unseres Landes

„Mehr denn je brauchen wir Menschen, die uns Wege aufzeigen, um Tiere und Pflanzen zu erhalten und die Erderwärmung zu stoppen. Mehr denn je brauchen wir Menschen, die es möglich machen, dass wir in Zukunft im Einklang mit der Natur leben und wirtschaften“, sagte der Bundespräsident beim Festakt. Die von der DBU ausgezeichneten Menschen „führen uns vor Augen, was gerade wir in Deutschland alles tun können, um Artensterben und Klimawandel aufzuhalten und in eine bessere Zukunft aufzubrechen“. Engagierte Menschen seien „der größte Schatz unseres Landes“. Deren Erfindergeist, Unternehmermut, Leidenschaft und Tatkraft würden Menschen auf der ganzen Welt „immer neue Wege in ein lebenswertes Morgen“ bahnen. Mewis, Lehmann, Schenck, Rapior und Muus seien „Gesichter des Fortschritts“, sagte der Bundespräsident.

Hintergrund: Mit dem 2022 zum 30. Mal verliehenen Deutschen Umweltpreis der DBU werden Leistungen von Menschen ausgezeichnet, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen. Prämiert werden Projekte, Maßnahmen und Lebensleistungen. Kandidatinnen und Kandidaten werden der DBU vorgeschlagen. Berechtigt dazu sind etwa Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Kirchen, Umwelt- und Naturschutzverbände, wissenschaftliche Vereinigungen und Forschungsgemeinschaften, Medien, das Handwerk und Wirtschaftsverbände. Selbstvorschläge sind nicht möglich. Eine vom DBU-Kuratorium ernannte Jury unabhängiger Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Gruppen empfiehlt dem DBU-Kuratorium Preisträgerinnen und Preisträger für das jeweilige Jahr. Das DBU-Kuratorium fällt die endgültige Entscheidung.

->Quellen: