Wasserstoffbasierte Antriebe und Energieeffizienz als Optionen in der internationalen Seeschifffahrt: Analyse des Wasserstoffeinsatzes im internationalen Schiffsverkehr
Um die Klimawirkung der internationalen Schifffahrt zu senken, erproben weltweit Forschungsprojekte Wasserstoff, Ammoniak, Methanol und weitere Energieträger als alternative Treibstoffe für Schiffe. „Noch hat sich kein Energieträger komplett durchgesetzt und eine Koexistenz ist wahrscheinlich“, resümiert Jens Artz, Leiter des Projektes Wasserstoff-Kompass bei der DECHEMA, Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie. „Es gibt keinen Treibstoff, der den anderen grundsätzlich überlegen ist.“
Das Projekt Wasserstoff-Kompass veröffentlichte am 23.11.2022 seine Analyse zum Einsatz von Wasserstoff im internationalen Schiffsverkehr. „Neben dem Wechsel auf klimafreundliche Treibstoffe gibt es in der Schifffahrt auch noch weitere Klimaschutzpotenziale: Größere Schiffe, die langsamer fahren und deren Betrieb optimiert ist, verbrauchen pro transportierter Tonne weniger Energie“, so Andrea Lübcke, Leiterin des Projektes Wasserstoff-Kompass bei acatech, Deutsche Akademie der Technikwissenschaften.
Schiffe transportieren heute etwa 70 Prozent aller Güter – bezogen auf die Transportleistung, gemessen in Tonnenkilometern. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) erwartet einen jährlich wachsenden Bedarf an seegebundenem Gütertransport. Denn: Mit dem weltweiten Wirtschaftswachstum steigt ebenfalls der Bedarf an internationalem Transport. Die OECD prognostiziert, dass sich bis 2050 die per Schiff zurück gelegten Transportwege verdreifachen. Um das Jahr 2100 könnten Schiffe dann mehr als drei Viertel aller Waren bewegen.
Klimaziel für den internationalen Schiffsverkehr: Minus 50 Prozent bis 2050
Bisher nutzen Schiffe als Treibstoffe vor allem Schweröl, aber auch Diesel und Flüssiggas (LNG). Schweröl als Treibstoff verursacht neben Umweltverschmutzungen durch Schwefel- und Stickstoffoxide sowie Ruß und Feinstaub auch Treibhausgase (THG). Um die Klimawirkung des Schiffsverkehrs zu senken, hat die IMO 2018 eine Resolution verabschiedet, in der erstmals als Sektorenziel eine Treibhausgasminderung von minus 50 Prozent bis 2050 gegenüber 2008 vereinbart wurde. Eine Verschärfung dieses Ziels ist in Arbeit.
Wasserstoff, Methanol und Ammoniak sind die wahrscheinlichsten Schweröl-Alternativen
Noch wird erprobt, welche klimafreundliche Schweröl-Alternativen am besten geeignet sind. Weltweit gibt es hierzu mehr als 60 Projekte: In Küstennähe werden batterieelektrische Lösungen und gasförmiger Wasserstoff, z. T. kombiniert mit fossilen Kraftstoffen, favorisiert. Für die Langstrecke ist flüssiger Wasserstoff aufgrund der Energiedichte denkbar. Auch Ammoniak wird als Schiffstreibstoff erprobt. Der Vorteil: Ammoniak ist leichter lagerbar als Wasserstoff und die volumetrische Energiedichte etwa 50 Prozent höher. Der Nachteil: In hoher Konzentration ist Ammoniak giftig und brennbar. Da es in Gasform leichter ist als Luft, muss eine entsprechende Entlüftung vorhanden sein. Methanol ist ein weiterer Ersatzkandidat für fossile Treibstoffe, da heutige Motoren vergleichsweise leicht auf Methanol umgerüstet werden können. Allerdings sind die Energiekosten deutlich höher, da perspektivisch Kohlendioxid aus der Luft gewonnen werden muss.
Effizienzsteigerung als zweite Stellschraube auf dem Weg zum Klimaziel
Weiterhin gilt es, die Effizienz der Schiffe zu verbessern. Der Energiebedarf je transportierter Tonne kann in der Schifffahrt vor allem durch größere Schiffe, langsamere Reisegeschwindigkeit („Slow Steaming“) und einen effizienten Betrieb gesenkt werden.
Analyse zum Wasserstoffeinsatz im Schiffsverkehr ist Teil der Metaanalyse des Wasserstoff-Kompasses
Die Analyse zum Schiffsverkehr ist Teil einer Metaanalyse, welche die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, acatech, und die Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie, DECHEMA, im Rahmen des gemeinsamen Projektes Wasserstoff-Kompass durchführen. Die Metaanalyse führen viele unterschiedliche Studien und Szenarien zum zukünftigen Einsatz von Wasserstoff in den einzelnen Sektoren in eine Gesamtübersicht zusammen.
Über das Projekt Wasserstoff-Kompass
acatech und DECHEMA führen seit Juni 2021 das zweijährige Projekt Wasserstoff-Kompass durch. Gemeinsam erarbeiten sie mithilfe einer Metaanalyse einen Überblick über Wege in die Wasserstoffwirtschaft sowie entsprechende Handlungsoptionen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Weiterhin organisiert der Wasserstoff-Kompass einen Dialog mit Stakeholder*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft, um deren Sichtweisen einzuholen und auf ein gemeinsames Zielbild einer Wasserstoffwirtschaft hinzuwirken. Die Projektergebnisse kann die Politik als Grundlage für eine Wasserstoff-Roadmap nutzen. Das Projekt Wasserstoff-Kompass wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
->Quellen: