Nach dem Erdöl

THE CONVERSATION: Herausforderung und Versprechen, die Welt von fossilen Brennstoffen zu befreien

Unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist eine der größten Herausforderungen, die es im Kampf gegen den Klimawandel zu bewältigen gilt. Produktion und Verbrauch fossiler Brennstoffe nehmen jedoch zu und werden voraussichtlich innerhalb des nächsten Jahrzehnts ihren Höhepunkt erreichen. In der Folge von The Conversation Weekly vom 23.02.2023 sprechen Nehal El-Hadi und Daniel Merino mit , Caleb Wellum und Natalie Koch, zwei Forschern, welche die politischen Herausforderungen des Übergangs zu einer Welt ohne Öl untersuchen und was dies für die Staaten bedeutet, die auf Öl als Rohstoff angewiesen sind.

Pferdekopf-Erdöl-Pumpe – Foto © Armin Kübelbeck, – Eig WerkCC-BY-SA, Wikimedia Commons

Erdöl wird nicht nur als Brennstoff verwendet, sondern ist durch seine Verwendung in Kunststoffen, Herstellungsverfahren, Stoffen, Farben und Chemikalien ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens. Um Alternativen zum Erdöl in Betracht zu ziehen, müssen wir uns des Ausmaßes bewusst sein, in dem es in unser Leben integriert ist.

Caleb Wellum ist Assistenzprofessor für US-amerikanische Geschichte an der Universität von Toronto in Mississauga, Kanada: „Ich zögere fast, das zu sagen, weil diese Art der Darstellung einer starken Abhängigkeit vom Öl eigentlich eine Strategie der Ölfirmen selbst war, um zu sagen: Seht her, man kann keine moderne Welt, keine moderne Lebensweise ohne Öl haben“, betont Wellum. Das solle nicht heißen, dass es unausweichlich sei, aber es soll heißen, dass der Übergang zu einer Art „Nach-Öl“ mit erheblichen Herausforderungen verbunden sei. Diesen Übergang zu definieren, könne schwierig sein, denn je nach Auslegung ständen unterschiedliche Dinge auf dem Spiel: Bedeute es, die Ölförderung „bis zum letzten Tropfen“ fortzusetzen oder bereits jetzt Alternativen zu finden?

Wellum weist darauf hin, dass die Ölkrise der 1970er Jahre ein bedeutender Moment in der Geschichte der Menschheit gewesen sei, der unser heutiges Verbrauchsverhalten geprägt habe. Es habe eine Debatte zwischen Umweltschützern und Ökonomen, die einen Scheideweg für unser heutiges Verhältnis zum Öl markierte.

„Ich stellte fest, dass es notwendig war, vom Öl wegzukommen. Und es gab auch das Argument der freien Marktwirtschaft, dass die Energiekrise ein Zeichen für eine schlechte Regierungspolitik sei, da die Regierungen in die Märkte eingriffen und diese ineffizient machten“, sagte er. „Letztendlich setzte sich dieses Marktargument durch und es gab keine Energiewende.

Das Bewusstsein für die Umweltauswirkungen der Gewinnung und des Verbrauchs fossiler Brennstoffe und die dringende Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen, um die globale Erwärmung einzudämmen, sei gewachsen. Und in jüngster Zeit haben sich Regierungen in aller Welt – auch in Ländern, die von Öleinnahmen abhängig sind – dazu verpflichtet, Energiealternativen zu finden.

Natalie Koch ist Professorin für Humangeographie am Geographischen Institut der Universität Heidelberg, Deutschland. Sie untersucht, wie Petrostaaten spektakuläre alternative Energieprojekte präsentieren, um von der Notwendigkeit abzulenken, vom Öl wegzukommen: „Es gibt einen Fokus auf spektakuläre Nachhaltigkeitsprojekte, und da sieht man, dass der Umfang und die Größe einfach enorm sind. Und das ist es, was das Spektakel ausmacht – es soll eine Menge Aufmerksamkeit erregen, weil die Größenordnung des Projekts wirklich beeindruckend ist“, so Koch.

Aber bei diesen ehrgeizigen alternativen Energieprojekten sei nicht alles so, wie es scheint, gibt sie zu bedenken. Koch beschreibt, wie eine Solarfarm in der marokkanischen Wüste – eines der größten Projekte dieser Art weltweit – aufgrund der benötigten Wassermenge vor Herausforderungen steht.

Der Übergang zu einer Welt nach dem Erdöl, wie auch immer das aussehen mag, erfordert mehr als erfolgreiche und nachhaltige alternative Technologien. „Es gibt viele Faktoren, die dazu beitragen, dass wir vom Öl abhängig sind, aber es geht nicht nur um die Bequemlichkeit der Energiequelle“, betont Wellum. „Es geht um politische Entscheidungen.“

->Quelle: theconversation.com/after-oil-the-challenge-and-promise-of-getting-the-world-off-fossil-fuels-podcast