Öko-Institut/Greenpeace zur Entwicklung der EEG-Umlage 2014
Fachleute des Öko-Instituts Freiburg erwarten für 2014 einen Anstieg der EEG-Umlage um 0,8 Cent auf 6,1 Ct/kWh. Erst für 2017 rechnen sie nach dem Abbau der in den letzten Jahren aufgelaufenen Finanzierungsdefizite mit einer Stabilisierung der Umlage. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Analyse des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace Deutschland. Dabei könnten die Strompreise für Privathaushalte sinken, wenn die großen Energieversorger niedrige Erzeugungskosten an alle Verbraucher weiterreichten.
Greenpeace fordert Reform der Stromsteuer und weniger Industrieausnahmen
1691 Unternehmen entziehen sich derzeit im Umfang von vier Milliarden Euro einer Finanzierung der Energiewende. Würden die Kosten gerechter verteilt, könnte dies die Bürger um 1,6 Cent pro Kilowattstunde entlasten. Greenpeace verlangt darüber hinaus, die Strombesteuerung zu reformieren und Erneuerbare Energien geringer oder gar nicht zu besteuern. Wind und Sonne verursachen deutlich weniger gesellschaftliche Folgekosten wie z.B. für Umweltschäden und sollten weniger staatliche Abgaben zahlen müssen als Kohle und Atom. Auf diese Art würde die EEG-Umlage noch einmal um bis zu 0,8 Cent auf insgesamt 2,4 Cent pro Kilowattstunde sinken. Ein Drei-Personen- Haushalt könnte bei einem Stromverbrauch von 4000 Kilowattstunden etwa 100 Euro jährlich einsparen.
Sinkende Strompreise treiben EEG-Umlage
„Entgegen der Annahme aus dem vergangenen Jahr, dass die EEG-Umlage in 2014 nicht weiter steigen wird, sondern sich stabilisiert, sehen wir erneut eine anwachsende Tendenz“, fasst Markus Haller, Autor der Studie und Energieexperte am Öko-Institut, die Ergebnisse in einer Pressemitteilung zusammen. „Der wesentliche Grund für diese Entwicklung ist der massiv gefallene Strompreis an der Börse. Denn: Steigt der Strompreis an der Börse, sinkt die EEG-Umlage und umgekehrt.“
Die Erklärung für diese Mechanik: Die EEG-Umlage deckt die Differenz ab zwischen dem an der Börse erzielten Strompreis und den festgeschriebenen (höheren) Vergütungssätzen für Strom aus erneuerbaren Energien. Ist diese Differenz groß, weil der Börsenpreis sinkt, muss die EEG-Umlage einen größeren Betrag bis zum Erreichen abdecken – sie steigt. Auch die derzeitig extrem niedrigen CO2-Preise spielen für das niedrige Niveau der EEG-Umlage eine Rolle, da sie ebenfalls wichtige Einflussgröße auf den Börsenpreis sind. So könnte die Umlage nach Berechnungen des Öko-Instituts um etwa 22 Prozent niedriger liegen, lägen die CO2-Preise etwa bei 40 Euro.
EEG-Umlage + Börsenpreis = Ein besserer Indikator für die Kosten der Energiewende
„Die Ergebnisse zeigen, dass allein der Blick auf die EEG-Umlage nicht ausreicht, um die entscheidende Frage zu beantworten: Wie wirkt sich die Förderung erneuerbarer Energien auf die Kosten der Stromversorgung aus?“ so Felix Chr. Matthes, Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut. Die Summe aus Börsenstrompreis und EEG-Umlage bildet nach den Analysen der Studie einen weitaus besseren Indikator für die Bewertung der Strompreisentwicklung. Durch die Kombination aus fallenden Strompreisen an der Börse und einer (in erheblichem Maße gerade deswegen) steigenden EEG-Umlage ergeben sich für das Jahr 2014 geringere Systemkosten der Stromversorgung als 2013. Die Weitergabe dieser fallenden Systemkosten an die Kunden erweist sich damit als eine der wesentlichen, auf politisch weitgehend ignorierten Herausforderungen.
Weitere Entlastungen für die privaten Haushalte, die derzeit die EEG-Umlage zum größten Teil tragen, könnte darüber hinaus ein Abbau der Ausnahmeregelungen für Großstromverbraucher in der Industrie sein. Die Studie enthält zudem weitere Handlungsempfehlungen sowohl für die aktuelle Diskussion als auch für die anstehende Reform des EEG.
Zusammenfassung
Die Entwicklung der EEG-Umlage steht im Mittelpunkt vieler aktuellen energie- und klimapolitischen Diskussionen. Die EEG-Umlage hat sich in den letzten Jahren massiv erhöht, von 2,05 Ct/kWh für das Jahr 2010 auf 5,28 Ct/kWh für das Jahr 2013. Damit repräsentierte die EEG-Umlage im Jahr 2013 einen Anteil von 18% am gesamten Letztverbraucherpreis für private Stromkunden in Deutschland.
Die Höhe der EEG-Umlage ergibt sich aus einem komplexen Wechselspiel von Faktoren, die sich teilweise aus dem Regelwerk des EEG ergeben (Ausbaupfade, Vergütungssätze, Privilegierungstatbestände etc.), teilweise aber auch aus anderen Politikfeldern resultieren (CO2-Preise) oder sich als Konsequenz weltwirtschaftlicher Entwicklungen (Brennstoffpreise, Wechselkurse) ergeben. Zudem interagieren verschiedene Einflussfaktoren in erheblichem Maße miteinander.
Letztlich hat sich die jüngste Entwicklung der EEG-Umlage, insbesondere die sprunghafte Erhöhung von 3,59 Ct/kWh für 2012 auf den genannten Wert für 2013 aus einer Verkettung von Effekten ergeben, die überwiegend als Sondereffekte mit vergleichs-weise kurzen Wirkungszeiträumen zu qualifizieren sind:
- die Ausweitung der PV-Stromerzeugung bei gleichzeitig verzögerter Anpas-sung der Vergütungssätze (vor allem in den Jahren 2010 und 2011),
- der massive Verfall der Strompreise von 2012 bis 2013 in einer Größenord-nung von über 20% (verursacht durch deutliche Preiseinbrüche im Steinkohle- und CO2-Markt),
- die erhebliche Ausweitung der Ausnahmeregelungen für industrielle Strom-verbraucher (allein von 2011 bis 2013 um jährlich ca. 13 bis 14%) sowie
- die überjährigen Kompensationszahlungen zum Ausgleich der Defizite, die mit den aus den o.g. Effekten resultierenden Prognosefehlern entstanden sind.
Vor diesem Hintergrund wurden umfangreiche Datenanalysen und Modellrechnungen mit dem vom Öko-Institut entwickelten (als Software frei verfügbaren) EEG-Rechner und dem Strommarktmodell PowerFlex des Öko-Instituts durchgeführt. Entsprechende Modellrechnungen für die Entwicklung der EEG-Umlage führen – bei durchweg eher konservativen Rahmenannahmen – zu einem weiteren Anstieg der EEG-Umlage für das Jahr 2014. Diese Umlage in der Größenordnung von knapp 6,1 ct/kWh (dies entspricht einem Anstieg um ca. 0,8 ct/kWh gegenüber dem Wert für 2013) resultiert vor allem aus einem weiteren Verfall der Großhandelsstrompreise um ca. 8% gegenüber 2012 sowie aus einer verbleibenden Kompensationsnotwendigkeit für die im Jahr 2012 aufgelaufenen Defizite des Systems.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ein Absinken der Großhandelsstrompreise in den Dimensionen wie 2012 und 2013 für die kommenden Jahren eher unwahrscheinlich ist und damit gedämpft wird, kann für die Folgejahre bei sonst unveränderten Rahmenbedingungen zunächst mit einem Rückgang der EEG-Umlage (5,77 ct/kWh für
Projektion und Sensitivitätsanalyse für die EEG-Umlage 2014-2017 Öko-Institut 2015) sowie im Folgezeitraum mit einem leichten Anstieg auf 6,22 ct/kWh (2016) bzw. 6,64 ct/kWh (2017) gerechnet werden.
Der weitaus überwiegende Teil der Zahlungen entfällt dabei auf bis 2013 in Betrieb genommene Bestandsanlagen, für das Jahr 2014 werden die Zahlungen an Neuanlagen etwa 7% der Gesamtzahlungen an EEG-Anlagen ausmachen, der jährliche Anteilszuwachs geht bis 2017 auf ca. 4% zurück. Das Niveau und die Dynamik der EEG-Umlage in den kommenden Jahren werden daher in den nächsten Jahren nur noch in sehr begrenztem Maße dadurch bestimmt werden, auf welche Ausbauniveaus der wei-tere Ausbau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten erfolgt.
Sensitivitätsanalysen für das Ausmaß der Ausnahmeregelungen zeigen, dass ein Anteil der EEG-Umlage von bis zu 2 ct/kWh auf Umverteilungseffekte und (unterschiedliche) Privilegierungstatbestände für Wirtschaft und Industrie zurückzuführen ist, die durch eine Neuabgrenzung bzw. Anpassung zumindest teilweise als Senkungs- bzw. Dämpfungspotenziale für die EEG-Umlage erschlossen werden könnten.
Weitere Modellrechnungen zeigen, dass der Verfall der CO2-Zertifikatspreise im EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) eine Erhöhung der EEG-Umlage nach sich zieht. Somit würden steigende CO2-Preise im EU ETS zu einer deutlich sinkenden EEG-Umlage führen. Bei CO2-Preisen von 10 € (der Basisfall liegt bei etwa 3,50 €) je Emissionsberechtigung (EUA) läge die EEG-Umlage für das Jahr 2014 um etwa 0,2 Ct/kWh, bei CO2-Preisen von 20 €/EUA um ca. 0,6 Ct/kWh und bei 40 €/EUA um etwa 1,3 Ct/kWh niedriger als im Basisfall.
Diese Ergebnisse zeigen, dass bei der Analyse von Strompreisentwicklungen eine Fokussierung auf die EEG-Umlage als Bewertungs- und Steuerungsindikator nicht sachgerecht ist. Aus Sicht des Gesamtsystems (und der Stromverbraucher) bildet die Summe aus Börsenpreis und EEG-Umlage einen deutlich sinnvolleren Bewertungsindikator. Hier ergibt sich ein deutlich anderes Bild. Bereits für das Jahr 2014 gehen hier die Systemkosten deutlich zurück (als Netto-Effekt der steigenden EEG-Umlage und eines drastischen Einbruchs der Strompreise) und würden erst 2017 wieder das Niveau von 2013 erreichen.
Auf Basis der quantitativen Analysen werden für die Diskussionen um die Bewertung, Anpassung und Weiterentwicklung robuste Richtwerte für eine Schnellabschätzung unterschiedlicher Handlungsstränge entwickelt und darüber hinaus eine Reihe zentra-ler Handlungsempfehlungen herausgearbeitet:
- Umstellung der Bewertungs- und Steuerungsindikatorik von der EEG-Umlage auf einen sachgerechter abgegrenzten Systemkosten-Indikator (Summe von Börsenpreis und EEG-Umlage);
- die Reform des EU-Emissionshandelssystems, die zu übergreifenden Vortei-len, aber zu einer signifikant niedrigeren EEG-Umlage und nur zu begrenzten Systemkostensteigerungen führt;
- ein Abbau der Privilegierungstatbestände bzw. entsprechende Anpassungen sowohl im Bereich des privilegierten Letztverbrauchs als auch bei der Strom-Eigenerzeugung auf den rechtfertigbaren Kernbestand;
- die zielgerichtete Erschließung von Innovations-, Kosten- und Optimierungs-potenzialen im Bereich der erneuerbaren Energien ohne dabei die kurz-, mit-tel- und langfristigen Ausbauziele des deutschen Energiekonzepts zu gefähr-den oder die damit erzielbaren Kostensenkungseffekte zu überschätzen.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, im Kontext von Stromkosten und EEG-Umlage eine Reihe weiterer Maßnahmen intensiv zu prüfen, dazu gehören beispielsweise:
- Prüfung von Maßnahmen (zur Erhöhung der Wettbewerbsintensität oder aber auf regulatorischer Basis), mit denen eine verbesserte, möglichst vollständige bzw. beschleunigte Weitergabe rückläufiger Preise auf den Großhandelsmärk-ten für Strom an die Endkunden gesichert werden kann;
- Prüfung einer Auslagerung der primär Innovationszielen zuzurechnenden Tei-le des EEG-Umlagevolumens (Solar-Förderung in der Vergangenheit, Teile der Offshore-Wind in der Zukunft) in separate (Re-) Finanzierungsmechanismen.
Die beschriebene Einordnung der EEG-Umlage und ihrer Entwicklung sowie die identifizierten Handlungsoptionen sollten sowohl Eingang in die aktuellen und bevorstehenden Diskussionen um die EEG-Umlage finden wie auch in der Debatte um die Reform des EEG berücksichtigt werden.
->Quelle(n): oeko.de/aktuelles1; oeko.de/aktuelles2; greenpeace.de; die Studie: EEG-Umlage und Stromkosten 2014