Heidelberger Umweltphysiker untersuchen trockene Regionen und Einfluss auf Variationen des globalen Kohlenstoffkreislaufs
Am Ende der Trockenzeit kommt es über dem australischen Kontinent zu jährlich wiederkehrenden CO2-Pulsen in der Atmosphäre. Das hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Umweltphysikers Prof. Dr. André Butz von der Universität Heidelberg herausgefunden. Um die Kohlenstoffflüsse über Australien zu untersuchen, analysierten die Forscherinnen und Forscher atmosphärische CO2-Messungen. Ihre Analysen zeigen, dass besonders viel CO2 freigesetzt wird, wenn starke Regenfälle auf ausgetrocknete Böden treffen und dort Mikroorganismen aktiviert werden. Die Erkenntnisse deuten darauf hin, dass trockene Regionen einen größeren Einfluss auf die Variationen des globalen Kohlenstoffkreislaufs haben als bisher angenommen.
Der australische Kontinent wird von trockenen Ökosystemen und stark schwankenden Niederschlagsverhältnissen dominiert. Zumeist zum Ende der Trockenzeit – nach dem Einsetzen der ersten Regenfälle – kommt es über Australien zu einem sprunghaften Anstieg der CO2-Emissionen. „Auf lokaler Ebene ist dieser Effekt bekannt, er wurde aber noch nie auf kontinentaler Ebene beobachtet“, sagt Eva-Marie Metz, Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Prof. Butz am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg. Ausgewertet wurden nun Daten zu atmosphärischen CO2-Konzentrationen, die mit dem Greenhouse Gases Observing Satellite (GOSAT) gewonnen wurden. Mithilfe der Satellitendaten aus dem Zeitraum 2009 bis 2018 konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufdecken, dass das saisonale Muster der CO2-Konzentrationen über Australien viel dynamischer ist als bisher angenommen.
Welche Mechanismen zu diesen Variationen führen, wurde bislang aufgrund fehlender Bodenmessdaten nicht entschlüsselt. Das Forschungsteam speiste nun die GOSAT-Satellitendaten in ein atmosphärisches Inversionsmodell zur Schätzung von bodennahen CO2-Flüssen ein. Dabei wurde den Forscherinnen und Forschern klar, dass es einen unentdeckten Mechanismus der CO2-Abgabe in australischen Landökosystemen geben muss, so Dr. Sanam Vardag, die mit ihrer Gruppe ebenfalls am Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg forscht. Die weiteren Untersuchungen ergaben, dass die Konzentrationen an CO2 immer dann ansteigen, wenn trockene Böden durch starken Regenfall wieder durchfeuchtet werden. Dabei kommt es nach den Worten von Dr. Vardag zum sogenannten „Birch Effect“. Bodenmikroben, die bei Trockenheit inaktiv sind, werden durch die Feuchtigkeit reaktiviert und vermehren sich, wodurch der Boden „atmet“ und CO2 freisetzt. Da die pflanzliche Photosynthese erst später einsetzt und somit am Ende der Trockenzeit kein Kohlendioxid gebunden wird, kommt es zu dem sprunghaften saisonalen CO2-Anstieg, den das internationale Wissenschaftlerteam auf kontinentaler Ebene ausmachen konnte.
Mit ihren Untersuchungen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Erklärung geliefert, wie die Schwankungen in den Kohlenstoffflüssen vom Land in die Atmosphäre zustande kommen. Diese Forschungsergebnisse sind nach den Worten von Prof. Butz deshalb bedeutsam, weil sie darauf hindeuten, dass trockene Regionen – wie sie in Australien vorherrschen – einen größeren Einfluss auf die Variationen des globalen Kohlenstoffkreislaufs haben als bisher angenommen. „Unsere Erkenntnisse, die sich zum ersten Mal auf einen gesamten Kontinent beziehen, können in Klimamodelle einfließen und so zu einem besseren Verständnis der globalen Klima-Kohlenstoff-Rückkopplungen beitragen“, erklärt der Heidelberger Wissenschaftler.
Die Forschungsergebnisse wurden in Science veröffentlicht. An den Forschungsarbeiten waren neben den Heidelberger Umweltphysikerinnen und Umweltphysikern auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena und des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg sowie aus Australien, China, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada und den USA beteiligt. Gefördert wurden die Forschungsarbeiten unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
->Quellen:
- uni-heidelberg.de/am-ende-der-trockenzeit-co2-pulse-ueber-australien
- Originalveröffentlichung: E.-M. Metz, S. N. Vardag, S. Basu, M. Jung, B. Ahrens, T. El-Madany, S. Sitch, V. K. Arora, P. R. Briggs, P. Friedlingstein, D. S. Goll, A. K. Jain, E. Kato, D. Lombardozzi, J. E. M. S. Nabel, B. Poulter, R. Séférian, H. Tian, A. Wiltshire, W. Yuan, X. Yue, S. Zaehle, N. M. Deutscher, D. W. T. Griffith, A. Butz: Soil respiration-driven CO2 pulses dominate Australia’s flux variability. Science (31 March 2023) – DOI: 10.1126/science.add7833 – science.org/doi/10.1126/science.add7833