Grundlagen für Prozess zur Transformation hin zu zirkulärer Wirtschaft
Die Bundesregierung erarbeitet – so eine Medienmitteilung aus dem BMUV – eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), in der unter anderem bestehende rohstoffpolitische Strategien gebündelt werden. Die Strategie soll Ziele und Maßnahmen zum zirkulären Wirtschaften und zur Ressourcenschonung aus allen relevanten Strategien zusammenführen. In den „Grundlagen für einen Prozess zur Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaft“ haben die beteiligten Ressorts das Leitbild und die Ziele für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie formuliert sowie die Überlegungen zum inhaltlichen Rahmen und zum politischen Rahmen dargestellt. Solarify dokumentiert den Text.
Unsere Ausgangspunkte – Leitbild einer „Circular Economy“ in der Transformation zur Nachhaltigkeit:
Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie und die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bilden die Richtschnur für die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Diese Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verlangt in Ziel 12, „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherzustellen“, insbesondere durch die nachhaltige Bewirtschaftung und effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen (Zielvorgabe 12.2). Sie verlangt zudem, die weltweite Ressourceneffizienz in Konsum und Produktion Schritt für Schritt zu verbessern und die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltzerstörung anzustreben (Zielvorgabe 8.4) Ein unverzichtbares Element, um diese Ziele der Agenda 2030 zu erreichen und die Transformation zu einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft zu verwirklichen, besteht in einem zirkulären Wirtschaften, das alle Phasen von Material- und Produktlebenszyklen betrachtet. Dieser Ansatz ermöglicht eine wesentliche Reduzierung der lebenszyklusweiten negativen Auswirkungen von Materialien und Produkten – u.a. durch Einsparung von Primärmaterialien und deren Substitution durch Sekundärmaterialien. Zirkuläres Wirtschaften soll der Schonung natürlicher Ressourcen, dem Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit sowie der Rohstoffsicherung dienen. Aufgrund eines erheblichen Potentials zur Minderung der Emissionen von Treibhausgasen kann und soll zirkuläres Wirtschaften auch zum Klimaschutz beitragen.
Zirkuläres Wirtschaften ist mehr als das Schließen der Stoffkreisläufe und nutzt u. a. Produktgestaltung für höhere Lebensdauern und Reparierbarkeit von Produkten sowie ressourcenschonende Produktionsprozesse. Dabei dürfen weitere produktspezifische Aspekte wie bspw. Sicherheit und Innovationspotenzial eines Produkts nicht aus dem Blick geraten. Mit der Kreislaufwirtschaftsstrategie orientiert sich die Bundesregierung daher am Leitbild der „Circular Economy“, wie es auch dem „Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft“ zugrunde liegt.
Auf der Grundlage dieses umwelt- und klimapolitischen Konzepts wollen wir Produktion und Konsum über den gesamten Lebenszyklus betrachten und die Wege aufzeigen, um die Potenziale für Ressourceneinsparung durch Ressourceneffizienz und Kreislaufführung in allen Phasen voll zu nutzen. Hierzu muss die gesamte Wertschöpfung möglichst zirkulär konzipiert werden. Da viele Wertschöpfungsketten ihren Anfang in Entwicklungs- und Schwellenländern haben, kommt auch der deutschen Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle zu. Damit langlebige und ressourcenschonende Produkte die höchsten Marktchancen haben, wird die Bundesregierung geeignete marktwirtschaftliche Instrumente und rechtliche Rahmenbedingungen prüfen.
Politischer Rahmen:
Die Koalitionspartner haben sich daher darauf verständigt, dass die Bundesregierung eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) erarbeitet, in der unter anderem bestehende rohstoffpolitische Strategien gebündelt werden. Diese soll Ziele und Maßnahmen zum zirkulären Wirtschaften und zur Ressourcenschonung aus allen relevanten Strategien zusammenführen. Damit wird ein Rahmen geschaffen, der die rohstoffpolitisch relevanten Strategien der Bundesregierung so zusammenführt, dass das Ziel des Koalitionsvertrages, den primären Rohstoffbedarf absolut zu senken, erreicht wird. Die NKWS soll eine Rahmenstrategie sein, in der die Bundesregierung Ziele, grundlegende Prinzipien und strategische Maßnahmen festlegt, die alle rohstoffpolitisch relevanten Strategien unterstützen. Dabei sollen Synergien genutzt, aber auch mögliche Zielkonflikte aufzeigt werden. Die Strategien, die zu den Zielen der NKWS beitragen, sollen dabei zugleich eigenständig bleiben. Auch die Deutsche Rohstoffstrategie adressiert die Nutzung von Sekundärrohstoffen als einen zentralen Pfeiler einer nachhaltigen und sicheren Rohstoffversorgung, weshalb hier eine enge Verzahnung vorgesehen ist. Die Ziele und Maßnahmen des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms (ProgRess) werden integriert und weiterentwickelt.
Weitere wichtige Pfeiler für zirkuläres Wirtschaften sind die Nationale Bioökonomiestrategie (NBÖS), die auf eine zirkuläre Bioökonomie zielt und die natürliche Kreislauffähigkeit biogener Ressourcen ins Zentrum rückt, die Nationale Biomassestrategie (NABIS), welche die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige, ressourceneffiziente und klimaschutzwirksame Biomasseerzeugung und -nutzung schaffen wird (Vorrang stofflicher Nutzung, Kaskadennutzungen, Kreislaufführung von biogenem Kohlenstoff usw.), die Nationale Leichtbaustrategie, welche u.a. die verbesserte Kreislauffähigkeit und Rezyklierbarkeit im Bereich Leichtbau adressieren und das Potenzial materialeffizienter, nachhaltiger Leichtbautechnologien für Klima- und Ressourcenschutz aktivieren wird, sowie die Carbon Management Strategie, die u.a. die Schließung von Kohlenstoffkreisläufen oder die Nutzung von Kohlenstoff, der bislang als CO2 emittiert wird, zum Gegenstand hat. Der Einsatz von Sekundärrohstoffen wird auch in den Definitionen für klimafreundliche (CO2-arme oder -freie) Grundstoffe verankert, die im Rahmen des BMWK-Stakeholderprozesses „grüne Leitmärkte“ (weiter-)entwickelt werden.
Zirkuläres Wirtschaften und Rohstoffkonsum in Deutschland:
Als eine weltweit führende Wirtschaftsnation benötigt Deutschland große Mengen an Rohstoffen. Die aktuell hohen Bedarfe an neuen Investitionen, etwa für Wohnungen, erneuerbare Energien oder Verteidigung, lassen jedoch in den nächsten Jahren einen zusätzlichen Rohstoffbedarf erwarten. Außerdem liegt der Rohstoffkonsum (Raw Material Consumption) pro Kopf in Deutschland deutlich über dem globalen Durchschnitt. Das in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie formulierte Ziel, den Rohstoffbedarf vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln, wurde zwar erreicht, jedoch nicht im angestrebten Umfang. Deutschland hat in den letzten 30 Jahren eine hochwertige Entsorgung und wichtige Strukturen für eine Kreislaufwirtschaft aufgebaut, nicht nur bei Sammlung, Sortierung und Recycling von Abfällen, sondern auch mit einer umfassenden Produktverantwortung.
Dennoch sind die Rohstoffströme in der deutschen Wirtschaft immer noch in weiten Bereichen eher linear organisiert. So zeigen die vom Statistischen Amt der EU (Eurostat) erhobenen Daten, dass in Deutschland der Anteil der Sekundärrohstoffe am gesamten Rohstoff¬verbrauch nur ca. 13 Prozent beträgt. Entsprechend ist der primäre Rohstoffverbrauch hoch und wird ohne gezielte Maßnahmen weiter steigen. Dies wollen wir ändern und die Transformation hin zu einem ressourcensparenden zirkulären System einleiten, das zu einer Reduktion des primären Rohstoffkonsums führen soll.
Unsere Ziele – Umwelt- und Klimaschutz:
Mit der NKWS wollen wir einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung der Umweltbelastung, zum Schutz der Biodiversität und zum Klimaschutz leisten – national, europäisch und weltweit. Die zirkuläre Wirtschaft und die Ressourcenschonung können einen Beitrag für Klimaneutralität und Dekarbonisierung leisten. So können in der Grundstoffindustrie (z. B. bei der Produktion von Stahl, Aluminium, Kunststoffen und Zement/Beton) durch verstärkte Kreislaufführung und Nutzung sekundärer Rohstoffe in erheblichem Umfang THG-Emissionen und Energieverbräuche reduziert werden.
In zentralen Branchen unserer Wirtschaft wird der überwiegende Teil der THG-Emissionen nicht bei der Produktion der Endprodukte, sondern bei der Gewinnung von Rohstoffen und der Herstellung von Vorprodukten verursacht. In der Chemieindustrie, im Maschinenbau und im Fahrzeugbau liegt der Anteil dieser sogenannten Upstream-Scope 3-THG-Emissionen beispielsweise zwischen 60 und 80 Prozent. Das Potenzial zur Reduktion ist daher erheblich. So können beispielsweise auch laut BDI die THG-Emissionen durch eine zirkuläre Wirtschaft merklich gesenkt werden: Für Deutschland ist danach bei Betrachtung der gesamten Lieferketten eine Nettoeinsparung von 5,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr möglich. Der Verlust der Biodiversität könnte laut einer im Mai 2022 veröffentlichten Studie nicht nur aufgehalten werden, sondern es wäre sogar eine erneute Steigerung der Vielfalt möglich, sofern weltweit konsequent auf zirkuläres Wirtschaften umgesteuert wird.
Sichere Rohstoffversorgung:
Zugleich soll die NKWS einen wesentlichen Beitrag zur Lösung des Knappheitsproblems durch sichere Rohstoffversorgung leisten, auch bei kritischen Rohstoffen wie seltenen Erden. Durch möglichst langen Ressourcenerhalt und Kreislaufführung wollen wir uns Schritt für Schritt unabhängiger von Rohstoffimporten machen und damit die Resilienz der deutschen Wirtschaft stärken. Wie wichtig dies für die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland ist, hat die Wirtschaft längst erkannt.
So haben führende Unternehmen bereits mit der Entwicklung neuer Recyclingtechnologien für kritische Rohstoffe begonnen – etwa für Nickel, Lithium, Phosphor und Kobalt. Unser Ziel sind gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen für alle 7 Marktteilnehmer und Technologien („Level playing field“) bei und für die Herstellung von Rezyklaten, damit diese auf dem Markt für Rohstoffe unter fairen Bedingungen gehandelt und verstärkt genutzt werden können. Dies wollen wir durch einen geeigneten rechtlichen Rahmen einschließlich der erforderlichen ökonomischen Anreize sicherstellen.
Zur Erweiterung der Rohstoffbasis kann zudem das sogenannte Urban Mining, also die Gewinnung und Bewirtschaftung von Sekundärrohstoffen aus Gebäuden, Infrastrukturen oder langlebigen Gütern einen wichtigen Beitrag liefern.
Sicherung unseres Wohlstands:
Die Bundesregierung will die Rahmenbedingungen schaffen, damit die großen Chancen genutzt werden können die eine konsequent nachhaltige ressourcenschonende zirkuläre Wirtschaft für die Sicherung unseres Wohlstands, für eine Wertschöpfung und für stabile Arbeitsplätze in Deutschland und Europa bereithält. Die möglichen positiven Effekte einer zirkulären Wirtschaft werden auch durch zahlreiche Studien als erheblich eingeschätzt.10 Wir wollen daher die großen Wertschöpfungspotenziale für neue Technologien, Innovationen und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit – gerade auch im Mittelstand – identifizieren und zur Geltung bringen. Produkte, Dienstleistungen und Technologien für eine zirkuläre Wirtschaft bergen wichtige Wachstumschancen für die Zukunft. Damit deutsche Unternehmen hier auch zukünftig zu Marktführern werden können, wollen wir mit der NKWS die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Unser Ziel ist, dass Deutschland in der Kreislaufwirtschaft und den darauf abzielenden Produkten, Dienstleistungen und Technologien weiterhin eine weltweite Vorreiterrolle einnimmt. Basis für die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens und von Förderinstrumenten sollen ökonomische Folgeabschätzungen für relevante Industriezweige sein.
Soziale Gerechtigkeit:
Wir werden als Bundesregierung die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Transformation fair und sozial gerecht erfolgt und damit nachhaltiger Konsum für alle Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlbar ist und bleibt. Grundsätze wie „Nutzen statt Besitzen“ oder „Reparieren statt wegwerfen“ bereiten den Weg für neue Geschäftsmodelle und können Konsumentinnen und Konsumenten entlasten – und damit gerade Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen helfen.
Vermeidung gefährlicher Stoffe und Ausschleusen von Schadstoffen:
Die NKWS zielt auch auf die Vermeidung des Eintrags von gefährlichen oder der Kreislaufführung abträglichen Stoffen in die Wertschöpfungsketten sowie die Ausschleusung von Schadstoffen aus den Stoffkreisläufen ab. Unter gefährlichen Stoffen bzw. Schadstoffen werden dabei alle Stoffe verstanden, die schädlich für die Gesundheit und Umwelt sind, also entweder bereits im internationalen und europäischen Chemikalienrecht geregelt sind oder entsprechende Einstufungen nach der CLP-Verordnung haben. Um zukünftige Probleme zu vermeiden, sollten Produkte für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft sicher und im Einklang mit Nachhaltigkeitsstandards gestaltet werden (Safe und Sustainable by Design).
Wo wir ansetzen – Fortentwicklung des rechtlichen Rahmens national und in der EU:
Der Übergang in eine umfassende Kreislaufwirtschaft bedarf national und EU-weit rechtlicher Vorgaben. Wir fangen dabei nicht bei „Null“ an, sondern haben bereits Grundlagen mit dem deutschen und europäischen Kreislaufwirtschaftsrecht gelegt, das nun mit dem umfassenderen europäischen Konzept der Circular Economy weiterentwickelt wird. Die Produktverantwortung, anspruchsvolle Grundpflichten zur Umsetzung der Abfallhierarchie und die duale Entsorgungsverantwortung von Wirtschaft und Kommunen sind wichtige Eckpfeiler. Diese Regelungen werden wir in Übereinstimmung mit dem „Neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft – für ein sauberes und wettbewerbsfähiges Europa“ (Circular Economy Action Plan – CEAP) der EU-Kommission fortentwickeln.
Die Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens erfordert über das klassische Kreislaufwirtschaftsrecht hinaus auch Vorgaben zum Ökodesign, also zur Gestaltung von Produkten. Vorgaben der EU-Ökodesignverordnung und das Konzept, den gesamten Lebenszyklus eines Produkts in einem einheitlichen Rechtsakt zu erfassen (wie es etwa mit dem Entwurf einer neuen EU-Batterieverordnung und der EU-Bauproduktenverordnung beabsichtigt ist), schaffen einen Rechtsrahmen für hohe Standards im europäischen Binnenmarkt. Weiterhin wollen wir die mit Abfallexporten verbundenen Umweltprobleme auf Grundlage der fortentwickelten EU-Abfallverbringungsverordnung minimieren. Die Zollbehörden spielen dabei eine wichtige Rolle.
Der europäische Binnenmarkt soll zum Leitmarkt für Kreislaufwirtschaft, Ressourceneffizienz und nachhaltigen Konsum werden und nationale Anstrengungen unterstützen. Zugleich werden wir mit der NKWS gezielt die Handlungsfelder und Maßnahmen herausarbeiten, durch die der EU-weite Rahmen ergänzt und gestärkt werden kann.
Fahrplan: Ziele – Indikatoren – Maßnahmen:
Wir haben das Ziel der Senkung des primären Rohstoffverbrauchs. Für die dafür notwendige Transformation werden wir einen Fahrplan mit konkreten Zielen und verbindlichen Maßnahmen entwickeln. Die Maßnahmen sollen insbesondere darauf gerichtet sein, Marktbedingungen für Sekundärrohstoffe zu verbessern, um dadurch ihren Anteil am Rohstoffeinsatz deutlich zu steigern, Ressourceneffizienz und eine auf hohe Lebensdauer sowie auf Reparierbarkeit und Zirkularität abzielende Produktgestaltung voranzubringen. Dabei soll ein ausreichend hoher Qualitätsanspruch an die Sekundärrohstoffe und darauf basierende Produkte bestehen bleiben. Den Fortschritt der Ziele und Maßnahmen werden wir anhand eines geeigneten Sets von Indikatoren überwachen, um den Beitrag zur Rohstoffversorgungssicherheit, zur Umweltentlastung, zum Klimaschutz und zur Stärkung der Resilienz zu erfassen und bei Bedarf im Sinne der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung nachzusteuern.
Stoffströme und Produktgruppen:
Im Rahmen der NKWS werden zentrale Stoffströme und Produktgruppen analysiert und dafür zielorientierte Maßnahmen entwickelt. Beispiele für derartige Stoffströme sind mineralische Baustoffe, Metalle, Kunststoffe sowie biogene Rohstoffe. Dabei wollen wir Rahmenbedingungen schaffen, die dazu beitragen, dass alle beteiligten Akteur*innen in der Liefer- und Wertschöpfungskette, sich am Leitbild einer ressourcenschonenden zirkulären Wirtschaft sowie am Schutz von Umwelt und Gesundheit orientieren und die dafür notwendigen Organisationsformen, Technologien und Strukturen entwickeln.
Das schließt internationale Akteur*innen zum Beispiel in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen mit ein. Darüber hinaus soll die NKWS auch für das Ziel einer ressourcenschonenden zirkulären und klimaneutralen Wirtschaft besonders wichtige Produktgruppen betrachten. Die Auswahl erfolgt auf wissenschaftlicher Grundlage und in Abstimmung zwischen den Ressorts. Dabei soll die NKWS anschlussfähig an den EU-Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (CEAP) sein.
Erneuerbare biogene Ressourcen effizient und klimaschutzwirksam nutzen:
Nachwachsende Rohstoffe haben aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften als Teil biologischer Kreisläufe einen Sonderstatus. Biobasierte Produkte und Verfahren können einen wichtigen Beitrag zu einer zirkulären Wirtschaft liefern (siehe die Nationale Bioökonomiestrategie). Durch biogene Materialien ergibt sich die Möglichkeit, den Kreislaufgedanken entscheidend voranzubringen. Entscheidend hierfür ist, dass die ihrerseits begrenzten bodenbasierten biogenen Ressourcen nachhaltig erzeugt und im Rahmen der planetaren Grenzen effizient und klimaschutzwirksam genutzt sowie möglichst im Kreislauf geführt werden. An dieser Schnittstelle setzt die geplante Nationale Biomassestrategie (NABIS) an, die die Kreislaufwirtschaftsstrategie um diesen zentralen Aspekt im Bereich der bodenbasierten biogenen Ressourcen ergänzt.
Nachhaltiger Konsum:
Eine zirkuläre Wirtschaft kann nur gelingen, wenn bereits bei der Gestaltung von Produkten der Einsatz von Sekundärrohstoffen, Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Weiterverwendung und die stoffliche Verwertung im Vordergrund stehen.
Nachhaltige Produkte müssen für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei Kaufentscheidungen transparent erkennbar sein. Deshalb werden wir Maßnahmen entwickeln und umsetzen, die dafür einen geeigneten rechtlichen Rahmen bieten und die richtigen Anreize für Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher setzen. Dies wollen wir durch Maßnahmen zum ökologischen Produktdesign, zur Information (wie z. B. Kennzeichen) oder zur Stärkung der Verbraucherinnen und Verbraucher in Bezug auf die Reparierbarkeit von Produkten („Recht auf Reparatur“) unterstützen.
Zugleich wollen wir die Wirtschaft im Kontext mit der EU-Ökodesignverordnung durch Transparenzpflichten stärker in die Pflicht nehmen, Retourenvernichtung und Vernichtung unverkaufter Neuware reduzieren sowie alternative nachhaltige Konsummuster unterstützen.
Industrie und Mittelstand:
Die Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Gerade mittelständische Unternehmen werden als zentrale Player der Kreislaufwirtschaft und Innovationstreiber einen entscheidenden Beitrag leisten, damit Deutschland grüner Leitmarkt für die zirkuläre Wirtschaft wird. Das politische Ziel, die Produktion von linearen auf ressourcenschonende zirkuläre Prozesse umzustellen, hat erhebliche Implikationen für Strategien, Geschäftsmodelle und Kostenkalkulationen deutscher Unternehmen und kann insbesondere solche, die im internationalen Wettbewerb stehen, vor Herausforderungen stellen. Zudem haben sekundäre Rohstoffe in einzelnen Bereichen teilweise andere Produkteigenschaften und weisen (noch) Qualitätsunterschiede zu Primärrohstoffen auf. Wir wollen die Industrie und insbesondere den industriellen Mittelstand durch die Beseitigung unnötiger regulatorischer Hemmnisse und geeignete ergänzende Rahmenbedingungen unterstützen. Dazu gehören F&E-Förderung für Innovationen, Beratungsangebote zu ressourceneffizienter Produktion und Weiterentwicklung von Normen und Standards ( u. a. auf Grundlage der Normungsroadmap Circular Economy von DIN, DKE, VDI) auf dem Weg zu einer zirkulären Wirtschaft. Ergänzend bedarf es internationaler Standards, auch um ein Hochskalieren von Geschäftsmodellen im Bereich des Recyclings zu ermöglichen.
Wir werden die Innovations-, Investitions- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Bereich der zirkulären Wirtschaft verbessern, auch damit Deutschland sich im internationalen Wettbewerb der Hochtechnologieländer behaupten kann. Der Beitrag der Maschinenbauindustrie zur Kreislaufwirtschaft ergibt sich aus der Bereitstellung modernster Maschinen für komplexe Produktionssysteme und für eine ressourcen- und energieeffiziente Produktion von Gütern. Der Maschinen- und Anlagenbau ermöglicht Kreislaufwirtschaft und Recycling mithilfe moderner Recycling- und Abfallbehandlungstechnologie.
Öffentliche Beschaffung:
Öffentliche Beschaffung kann und muss ein wesentlicher Treiber einer ressourcenschonenden zirkulären Wirtschaft sein. Jährlich vergibt die öffentliche Hand Aufträge in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrages an private Unternehmen. Die öffentliche Auftragsvergabe ist damit ein bedeutender Faktor für den Rohstoffverbrauch. Wir haben im Kreislaufwirtschaftsgesetz für Bundesbehörden bereits gesetzliche Vorgaben geschaffen und setzen uns daher dafür ein, dass die Beschaffung von Bund, Ländern und Kommunen sich am Leitbild der Kreislaufwirtschaft orientiert und damit die Märkte für innovative Produkte und Dienstleistungen stärkt. Wir wollen das Vergaberecht darauf ausrichten und werden entsprechende Impulse für das Vergaberecht sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene setzen, ohne dabei die Rechtssicherheit der Vergabeentscheidungen zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen. Beschaffungsstellen sollen für die Praxis klare und verbindliche Vorgaben für ihre Entscheidungen erhalten.
Chancen der Digitalisierung:
Wir werden die großen Potenziale der Digitalisierung für eine ressourcenschonende zirkuläre Wirtschaft nutzen. Information kann Abfälle in wertvolle Rohstoffe „verwandeln“. Dazu gehört zum einen, dass digitale Technologien und Infrastruktur selbst ressourceneffizient und kreislauffreundlich sind. Zum anderen wollen wir die Chancen der Digitalisierung für umweltfreundliche Produktion, neue Geschäftsmodelle z.B. im Bereich der Sharing- Economy und des nachhaltigen Konsums nutzen, digitale Marktplätze für Sekundärmaterialien- und Produkte einer zirkulären Wirtschaft schaffen und technologische wie soziale Innovationen anreizen. So bietet die Digitalisierung u.a. durch die Erfassung von Produkt- und Prozessdaten Möglichkeiten für erhebliche Materialersparnisse; eine in Echtzeit gelenkte Produktion und neue Informationsinstrumente wie der digitale Produktpass unterstützen die Transparenz und Kreislaufführung von Stoffen. Dabei wahren wir das Prinzip der Datensparsamkeit und unterstützen Unternehmen bei der Umsetzung. Wir wollen auch die neuen Einsatzfelder der Künstlichen Intelligenz (KI) voll zur Geltung bringen und den Einsatz von Konzepten und Technologien der Industrie 4.0 und Building Information Modeling fördern.
Die Digitalisierung der Gesellschaft hat erhebliche Auswirkungen auf die alltägliche Lebensgestaltung der Menschen und den sozialen Zusammenhalt. Wir wollen auch aus Perspektive der zirkulären Wirtschaft dafür sorgen, dass die Digitalisierung zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 beiträgt.
Wie wir gemeinsam die Vision verwirklichen – Wissenschaft und Forschung:
Forschende arbeiten heute bereits an Lösungen für die ressourcenschonende zirkuläre Wirtschaft von morgen. Diese Innovationskraft hat Deutschland in vielen Handlungsfeldern weltweit zum Vorreiter gemacht. Im Export grüner Technologie ist die deutsche Wirtschaft schon heute Weltspitze. Wir wollen mit der NKWS diese Forschung ausbauen und auf weitere Anwendungsgebiete ausweiten. Mit dem Forschungskonzept „Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft“ des BMBF ist hier bereits ein Auftakt gemacht, der grundlegende Forschungsbedarfe zum Umbau unserer linearen Wirtschaft zu einer umfassenden Kreislaufwirtschaft beschreibt.
Auch die Materialforschung als Grundlage technischer Innovationen kann neben dem Umweltschutz erheblich zu Ressourceneffizienz und -schonung beitragen. Innovationen und neue Technologien haben das Potential, Materialeffizienzen und THG-Einsparpotenziale zu heben, indem bisher ungenutzte bzw. nicht nutzbare Stoffströme einer Kreislaufführung zugänglich gemacht und Produkteigenschaften sekundärer Rohstoffe verbessert werden. Wir werden ein Reallabor- und Freiheitzonengesetz schaffen, das einheitliche und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Reallabore bietet und neue Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglicht.
Initiativen aus der Gesellschaft:
Zahllose Initiativen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zeigen, dass viele Marktteilnehmer dazu bereit sind, ressourcenschonend zu produzieren, zu forschen und zu konsumieren. Beispiele sind die Circular Economy-Initiative des BDI, der VDI-Roundtable Circular Economy für Kunststoffe, der Circonomy Hub der Fraunhofer-Gesellschaften, das Netzwerk circular futures, die Circular Economy-Initiative-Deutschland von acatech oder das vom WWF vorgestellte „Modell Deutschland“ zur Circular Economy, aber auch die zahlreichen – oft lokal organisierten – zivilgesellschaftlichen Initiativen, die mit nachhaltigen Möglichkeiten der Lebensorganisation und des Konsums experimentieren.
Wir wollen solche Initiativen noch stärker einbeziehen, damit die zirkuläre Wirtschaft ein Gemeinschaftsprojekt wird, das mit breiter Unterstützung vorangetrieben wird. Internationale Kooperation und Völkerrecht: Auch international muss unsere Strategie die richtigen Signale setzen, und zwar auf Ebene von multilateralen Umweltübereinkommen, insbesondere dem Basler Übereinkommen, und im Rahmen von UNEA, UNEP, UNFCCC, der OECD, der G20 und der G7 sowie durch bilaterale Zusammenarbeit. Dies betrifft etwa die Regeln für den Export von Abfällen oder den Handel mit Produkten, Stoffen und Anlagen.
Zudem wollen wir weltweit ein Modell für die Zukunft bieten, dafür gezielte Kooperationen anstoßen und auch Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen darin unterstützen, den Weg der Ressourcenschonung mit uns gemeinsam zu gehen. Um diese Länder technologisch, ökonomisch und sozial nicht abzuhängen, sie nicht von Wertschöpfungsketten der zirkulären Transformation auszuschließen und den Umwelt- und Klimaschutz global zu beschleunigen, ist es entscheidend, die sozial-ökologische Wirtschaftstransformation auch vor Ort zu unterstützen und voranzutreiben. Deutschland unterstützt seine Partner dabei, (Recycling-)Infrastrukturen und Kapazitäten aufzubauen, Innovationen zu fördern, Zugang zu Finanzmitteln zu schaffen und steht bei der Strategie-, Standard- und Rechtsetzung beratend zur Seite. So können globale Stoffkreisläufe geschlossen und potenziell negative Auswirkungen in diesen Ländern vermieden werden. Mit den von Deutschland gegründeten Gremien G7-Ressourceneffizienzallianz (2015) und G20-Ressourceneffizienzdialog (2017) haben wir eine gute Grundlage für die internationale Kooperation gelegt. Die Dialoge zur Circular Economy, die dort bereits begonnen haben, werden wir weiter unterstützen und uns für deren Fortführung und Erweiterung einsetzen.
Die NKWS als Gemeinschaftswerk:
Entsprechend dem Koalitionsvertrag werden bestehende rohstoffpolitische Strategien in der NKWS gebündelt. Auf dieser Basis werden die Inhalte der NKWS in einem systematischen Ressortprozess Schritt für Schritt erarbeitet. Jedes Ressort soll dabei Maßnahmen und Programme für eine zirkuläre Wirtschaft in seiner Zuständigkeit und in seinen Handlungsfeldern beitragen. Das BMUV wird diese Arbeit u.a. durch die Formulierung von Leitfragen und Impulspapieren unterstützen. Parallel dazu werden Rechtsetzungsvorhaben und sonstige Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen der zirkulären Wirtschaft betrieben. Die Ergebnisse dieser verschiedenen Prozesse können in die NKWS einfließen, wie auch umgekehrt die im Strategieprozess gewonnenen Erkenntnisse in nationale Rechtsetzungsvorhaben oder die Positionierung der Bundesregierung in der Europäischen Union und im weiteren internationalen Kontext einfließen können. Die relevanten Akteure und Akteurinnen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Ländern und Kommunen sollen sich aktiv in die Erarbeitung der NKWS einbringen können. Dazu werden wir einen Stakeholder-Prozess einrichten, der im Jahr 2023 startet und die breite Beteiligung sowie Einbeziehung der Ideen gewährleistet. Ergänzt wird dies für zentrale Handlungsfelder durch „Runde Tische“ aus Experten und Expertinnen, in denen Vorschläge für die Kreislaufführung und Ressourcenschonung erarbeitet werden. Dabei werden vorhandene Initiativen einbezogen und unterstützt.
Der Dialog wird systematisch begleitet und ausgewertet, um die Ergebnisse für die NKWS nutzbar zu machen. In einer ressortübergreifenden Projektgruppe wird ein Austausch über den laufenden Prozess sichergestellt.
Zeitplanung:
Der Arbeitsprozess zur NKWS startete mit der Diskussion innerhalb der Bundesregierung im Jahr 2022. Die schrittweise Entwicklung der Ziele und Maßnahmen erfolgt im Jahr 2023, parallel zur breiten Einbeziehung der Akteur*innen im Dialogforum. Der Prozess wird wissenschaftlich begleitet und durch Vorschläge aus der Wissenschaft unterstützt. Ein Beschluss der Bundesregierung zur NKWS wird für Mitte 2024 angestrebt.
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