Rahmenwerk für eine Welt ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle verabschiedet
Unter dem Vorsitz Deutschlands haben in Bonn Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen aus der ganzen Welt, aus der Zivilgesellschaft, Zwischenstaatlichen Organisationen, der Wirtschaft und von UN-Organisationen ein neues Globales Rahmenwerk für Chemikalien beschlossen. Wie das BMVU am 30.9.2023 mitteilte, bekennen sich die Staatengemeinschaft und alle anderen Akteure dazu, den Umgang mit Chemikalien weltweit sicherer zu machen, möglichst aus der Verwendung der gefährlichsten Chemikalien auszusteigen beziehungsweise für einen sicheren Umgang mit solchen Chemikalien zu sorgen, deren Verwendung derzeit ohne Alternative ist.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke: „Nach acht Jahren intensiver Arbeit haben wir es geschafft, gemeinsam die Weichen für eine Welt ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle zu stellen. Das ist eine gute Nachricht für den Schutz der Menschen, der Umwelt und für die Kreislaufwirtschaft. Es ist uns gelungen, fortschrittliche Ziele und effektive Schritte für ein sicheres Chemikalienmanagement weltweit zu vereinbaren. Die Produktion von Chemikalien steigt rasant an. Daher ist es allerhöchste Zeit, die globale Verschmutzung einzudämmen. Nach einer Studie der Weltbank starben 2019 allein 5,5 Millionen Menschen weltweit vorzeitig durch Bleiverschmutzung. Die Verschmutzungskrise betrifft alle Aspekte unseres Lebens. Umso wichtiger ist es, dass wir mit dieser Vereinbarung eine Grundlage geschaffen haben, um überall die erforderlichen Rahmenbedingungen, Anreizsysteme und behördlichen Kapazitäten zu schaffen. Nun kommt es darauf an, die beschlossenen Ziele weltweit mit wirksamen Maßnahmen umzusetzen.“
Die Beschlüsse der fünften Weltchemikalienkonferenz sendeten ein wichtiges Signal gegen die Verschmutzung unseres Planeten, heißt es in der Pressemitteilung des BMVU vom 30.09.2023. Sie trügen zur Erreichung der Ziele der Nachhaltigkeitsagenda 2030 bei und zielten darauf, weltweit einen wirksamen Schutz von Gesundheit und Umwelt zu erreichen. Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft hätten sich zu ihrer gemeinsamen Verantwortung bekannt, die negativen Effekte durch den Einsatz von Chemikalien über den gesamten Lebenszyklus zu reduzieren und den Rahmen dafür zu schaffen, weltweit ein grundlegendes Chemikalienmanagement aufzubauen.
Das Rahmenwerk gelte für alle Chemikalien und daraus hergestellte Produkte und zwar von Anfang bis zum Ende, also von der Herstellung, über den Gebrauch bis zum Abfall. Es sehe unter anderem vor, in den etwa 100 Ländern, die noch keine ausreichende Erfahrung im Umgang mit teilweise hochgefährlichen Chemikalien hätten, wichtige Grundlagen zu schaffen. So bestehe seit 2002 das Global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS), durch das Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Verbraucherinnen und Verbraucher unter anderem durch gut erkennbare Gefahrensymbole gewarnt würden. In etwa 100 Ländern sei dieses System noch nicht umgesetzt. Durch konkrete Projekte solle zum Beispiel Unterstützung bei der Einführung des GHS angeboten werden, heißt es weiter.
Das Rahmenwerk für Chemikalien sieht die Einrichtung eines neuen Fonds zur Unterstützung solcher Projekte vor. Bundesumweltministerin Lemke kündigte einen Beitrag Deutschlands in Höhe von 20 Millionen Euro an, damit dieser neue Fonds schnellstmöglich mit seiner Arbeit beginnen könne. Auch die Industrie kündigte Beiträge in diesen neuen Fonds an.
In der ebenfalls auf der Weltchemikalienkonferenz auf Ebene von Ministerinnen und Ministern, Vorstandsvorsitzenden und Leiterinnen und Leitern internationaler Organisationen verabschiedeten Bonn Deklaration wurde unter anderem unterstrichen, dass es für die Umsetzung des neuen Rahmenwerks nun vor allem auch einer Integration in anderen Politikbereiche bedürfe (zum Beispiel Arbeitsschutz, Landwirtschaft, Gesundheitssektor). Zahlreiche Leiterinnen und Leiter von internationalen Organisationen haben am High Level Segment der Weltchemikalienkonferenz teilgenommen und diese Umsetzung der Beschlüsse der Konferenz zugesagt.
Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft solle aktiv gefördert und unterstützt werden, unter anderem durch die Entwicklung sicherer chemischer und nicht-chemischer Alternativen und Ersatzstoffe, die die Gesundheit und die Umwelt schützen und zu weniger Abfall, zu Recycling ohne schädliche Chemikalien und zu effizienter Ressourcennutzung führten. Damit würden Innovationsanreize für die Industrie geschaffen, um bei der Entwicklung, der Herstellung und der Nutzung von Chemikalien, nach sichereren und nachhaltigeren Alternativen zu suchen, so das BMVU.
Die Bekämpfung der Verschmutzung der Erde sei auch aus wirtschaftlichen Gründen wichtig. Fehlendes Chemikalienmanagement könnte bis zu zehn Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts betragen (Umweltprogramm der Vereinten Nationen, UNEP, Glaobal Chemicals Outlook II, 2019).
Mit der Verabschiedung des Globalen Rahmens werde die Verschmutzungskrise neben der Klimakrise und der Krise des Artenaussterbens als dritte planetare Krise anerkannt. Diese sind eng miteinander verknüpft. Es sei unterstrichen worden, die Synergien zwischen Klima-, Natur- und Ressourcenschutz noch effektiver nutzen zu wollen. So trage der sichere Umgang mit Chemikalien und Abfällen wesentlich dazu bei, die Klimaziele des Pariser Abkommens und die Ziele des Weltnaturschutzabkommens von Montreal zu erreichen, so das BMVU.
Hintergrund
Bereits im Jahr 2002 hat die Staatengemeinschaft ein globales Chemikalienziel vereinbart: Im Jahr 2020 sollten Chemikalien so produziert und eingesetzt werden, dass signifikante negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt möglichst vermieden werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein globales Politikinstrument geschaffen: der Strategische Ansatz zum Internationalen Chemikalienmanagement (SAICM). Die Weltchemikalienkonferenz ist das dazugehörige Beschlussgremium. SAICM war für den Zeitraum bis 2020 ausgelegt, konnte sein Ziel in diesem Zeitraum aber nicht erreichen. Die ICCM5 sollte eigentlich im Oktober 2020 stattfinden, wurde aber wegen der Pandemie verschoben.
Die fünfte Weltchemikalienkonferenz (ICCM) habe nun einen neuen globalen Rahmen für Chemikalien geschaffen – für eine Welt ohne Schäden durch Chemikalien und Abfälle, heißt es abschließend.