Kein Embargo
Deutschland will seit dem Überfall auf die Ukraine kein Gas mehr aus Russland. Trotzdem kommt es auf verschlungenen Wegen hier an, schreibt Theresa Martus am in der Berliner Morgenpost. Zwei Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine stehe hinter der vermeintlichen Endgültigkeit ein kleines Fragezeichen. Denn Deutschland nutze „noch immer Gas aus Russland“ – auf Umwegen.
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wollte Europa schnell unabhängiger von Gaslieferungen aus Russland werden (bis dahin mehr als 40 Prozent der EU-Gasimporte). Doch anders als bei Erdöl wurde laut Morgenpost nie ein Embargo gegen russisches Erdgas verhängt. So kamen 2023 nach EU-Angaben knapp 15 Prozent der gesamten Gas-Einfuhren aus Russland. Die europäische Gasversorgung ist eng vernetzt – was an den Flüssiggas-Terminals an der belgischen und niederländischen Nordseeküste ankommt, wird zu großen Teilen weitergeleitet – auch nach Deutschland.
Die Morgenpost stützt sich in ihrem Artikel auf ein Briefing der Naturschutz-NGO urgewald („Deutschlands dreckige Gasimporte“), die wiederum Zahlen von KPLR bezieht: „Deutsche Gasimporte bleiben auch nach dem Ende der russischen Pipeline-Lieferungen hochproblematisch“, heißt es in einer von urgewald zitierten KPLR-Ausarbeitung. Die deutsche Regierung wolle zwar „die Importe von fossilem Gas diversifizieren, trotzdem fließt weiter auch russisches Gas durch deutsche Pipelines“. Da sich im europäischen Pipelinenetz Gas unterschiedlicher Herkunft vermische, gebe es keine offiziellen Daten über die genauen Ursprünge. Für die prozentuale Schätzung von indirekten russischen LNG-Importen via Belgien nach Deutschland bezieht sich urgewald daher auf eine Analyse des Umweltverbands Bond Beter Leefmilieu.
Handelsblatt und Tagesspiegel schreiben am 24.02.2024 unter der Überschrift „Europa importiert noch Gas aus Russland“: Nach Angaben der EU-Kommission habe die EU 2023 fast 15 Prozent ihres Gases aus Russland importiert. Die Blätter berufen sich auf Daten der Denkfabrik „Institut forEnergy Economics and Financial Analysis (IEEFA)“. Weil es kein Embargo gebe, importierten einige Länder mehr Gas als vor dem Krieg – in Österreich seien es gar 98 Prozent. Dabei brauche Europa das russische Gas gar nicht mehr. (tagesspiegel.de/trotz-krieg-in-der-ukraine-warum-europa-immer-noch-so-viel-gas-aus-russland-importiert)
Die Ergebnisse veranlsssen Moritz Leiner, Energie-Campaigner bei urgewald, zur Schlussfolgerung: „Damit wir Putins Kriegskasse nicht immer weiter mit Geld füllen, muss die Bundesregierung Russlands Gaslieferwege nach Deutschland endlich konsequent versperren. Das gilt auch für die Gasgeschäfte des verstaatlichten Unternehmens SEFE [vormals Gazprom Germania GmbH] mit Russland. Auf europäischer Ebene muss sich Deutschland dafür einsetzen, dass russisches Gas nicht mehr in die EU importiert und re-exportiert werden darf.“
->Quellen:
- morgenpost.de/Putin-schickt-Gas-nach-Deutschland-auf-diesem-Umweg
- urgewald.org/2-jahre-russischer-ueberfall-deutschland-fuellt-putins-kriegskasse
- kplr.de
- tagesspiegel.de/trotz-krieg-in-der-ukraine-warum-europa-immer-noch-so-viel-gas-aus-russland-importiert
- handelsblatt.com/ukraine-krieg-warum-europa-immer-noch-so-viel-gas-aus-russland-importiert
- bondbeterleefmilieu.be