Welche Elektrolyse wird den Markt beherrschen?

AEM – PEM oder alkalisch?

Alkalische und PEM-Elektrolyseure haben sich in der Produktion von grünem Wasserstoff etabliert. Doch jetzt rückt AEM in den Fokus. Elektrolyseur ist nicht gleich Elektrolyseur. Neben alkalischen und PEM-Elektrolyseuren (Proton Exchange Membrane Electrolysers) drängen Technologien in den Markt, die effektiv, flexibel einzusetzen und gut zu handhaben sind. So machen AEM-Elektrolyseure (Anion Exchange Membrane Electrolysers) den etablierten Technologien Konkurrenz, schreibt Fabian Kauschke am in Erneuerbare Energien, und fragt: Doch welche Vorteile stecken in der AEM-Elektrolyse und welche Rolle nimmt sie im Markt ein?

Elektrolyseur (Siemens, Detail) – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Günstige Materialien, breite Anwendungen

Bei der Wasserstoffelektrolyse werden mithilfe elektrischen Stromes in einer chemischen Reaktion aus zwei Wassermolekülen (2 H2O) je zwei Wasserstoffmoleküle (2 H2) und ein Sauerstoffmolekül (O2) gewonnen. Negativ geladene Ionen wandern bei einer Elektrolyse zur Anode, dem Pluspol, und werden daher Anionen genannt. Die AEM-Elektrolyse verwendet eine halb durchlässige Membran, die für die Leitung von Anionen ausgelegt ist. Da die Umgebung wenig korrosiv, also zersetzend, ist, bestehen die Bipolarplatten aus Stahl anstelle von Titan. Im Vergleich dazu müssen PEM-Elektrolyseure teure Edelmetall-Katalysatormaterialien aus Iridium oder Platin und große Mengen an Titan verwenden. Das liegt an der stark sauren und korrosiven Betriebsumgebung. Hierbei besitzen AEM-Elektrolyseure einen deutlichen Kostenvorteil. PEM-Elektrolyseure bieten zwar Flexibilität, schnelle Reaktionszeiten und eine hohe Stromdichte. Doch die breite Vermarktung bleibt eine Herausforderung, aufgrund der Kosten für die Materialien, die für eine lange Lebensdauer und Leistung erforderlich sind.

Ein weiterer Vorteil der AEM-Elektrolyse fällt im Vergleich mit flüssig-alkalischen Elektrolyseuren ins Gewicht. Letztere arbeiten herkömmlicherweise mit hochkonzentrierten Elektrolytlösungen und bei niedrigem Druck. Dadurch werden zusätzliche Reinigungs- und Verdichtungsschritte erforderlich, um hochwertiges Gas mit hohem Ausgangsdruck zu erzeugen. Das ist jedoch nur mit zentralisierten Projekten im Multi-­Mega­watt-­Maßstab kosteneffizient. Zwar verwenden alkalische Elektrolyseure ebenfalls kosteneffiziente Materialien, jedoch erzeugen AEM-Elektrolyseure gleichzeitig reineren Wasserstoff mit höherem Wirkungsgrad. Außerdem vertragen AEM-Elektrolyseure einen geringeren Reinheitsgrad des Wassers, was die Komplexität des Eingangswassersystems reduziert und gefiltertes Regen- und Leitungswasser ermöglicht.

Elektrolyse aus der Mikrowelle

Das Heidelberger Unternehmen Enapter hat als Ergebnis langjähriger Forschung Vorteile von PEM- und alkalischer Elektrolyse in einem AEM-­Elektrolyseur vereint, der gerade so groß wie eine Mikrowelle ist. Damit passt die kleine Box in den Hausgebrauch, genauso wie an Orte, wo durch Photovoltaik oder Windenergie erneuerbarer Strom erzeugt wird. Damit es nicht nur dabei bleibt, sind die Elektrolyseure modular kombinierbar. Werden Hunderte von AEM-Stacks innerhalb eines Containers verbunden, erreicht dieser die Megawatt-Klasse. Ein Vorteil der Modularität ist die Verfügbarkeit: Wenn einer der Stacks ausfällt, muss nur ein String, bestehend aus zehn Stacks, von der Versorgung abgeklemmt werden. Somit können alle anderen Einheiten in der Wechselzeit weiterarbeiten und eine Mindestverfügbarkeit von 97 Prozent wird erreicht. Mithilfe der Multicore-Container ist für Enapter aktuell eine gesamte Leistung von bis zu 20 Megawatt möglich. Nach vorläufigen Zahlen erreichte Enapter 2023 erstmals in der Unternehmensgeschichte ein positives Ebitda (ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern). Dabei stieg der Umsatz um 114 Prozent auf 31,5 Millionen Euro. Außerdem sei die Nachfrage nach der AEM-Multicore-Klasse erheblich gestiegen: Die Geräte im Megawatt-Bereich würden mittlerweile rund 95 Prozent der gesamten Anfragen ausmachen.

Alle Technologien haben ihre Einsatzfelder

Könnte sich also die AEM-Elektrolyse gegen die anderen Arten durchsetzen? „Wir haben das Potenzial, langfristig die günstigste Technologie zu sein“, sagt Enapter-CEO Jürgen Laakmann zur Rolle der AEM-Elektrolyse im Markt. Die alkalische Elektrolyse sieht Enapter derweil nicht als Konkurrenz zur AEM-Elektrolyse, da in den Megawatt-Stufen der Anodentechnologie der kosteneffiziente Betrieb von alkalischen Elektrolyseuren noch gar nicht beginnt. Er begrüßt zudem, dass viele Unternehmen, die bereits zu älteren Elektrolysearten geforscht haben, ebenfalls einen Blick auf die AEM-Technologie werfen. Eine Verdrängung der anderen Typen sieht Laakmann aktuell jedoch nicht: „Ich glaube nicht, dass sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine Technologie eindeutig durchsetzen wird.“ Dafür seien die Anwendungsfälle zu unterschiedlich. „Es kann sein, dass sich dann im Jahr 2050 vielleicht eine Technologie durchgesetzt hat. Aber bis dahin werden alle Technologien ihre Einsatzfelder haben.“ Außerdem entwickelt Enapter seine Technologie weiter, genauso wie Forschungseinrichtungen neue Wasserstoff-Gewinnungsarten untersuchen. „Es kommen zwar neue Verfahren auf, aber es sind eher Evolutionen und nicht Revolutionen“, ordnet Jürgen Laakmann ein.

Wie funktioniert die AEM-Elektrolyse?

Die Wasserstoffspaltungsreaktion findet in den AEM-Stacks statt. Die Anionen-Austausch-Membran (Anion Exchange Membrane, kurz: AEM) unterteilt die Einzelzellen in zwei Halbzellen. Jede Halbzelle besteht aus einer Elektrode, einer Gasdiffusionsschicht und einer Bipolarplatte. Mehrere Einzelzellen werden durch die Bipolarplatte miteinander verbunden und bilden so den AEM-Stack. Diese Anordnung lässt Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen. Zwischen den Halbzellen besteht ein Druckunterschied von 35 zu 1 Bar. Durch den Druckunterschied wird verhindert, dass der erzeugte Sauerstoff in die Hochdruck-Halbzelle übergeht, wodurch eine sehr hohe Reinheit des Wasserstoffs (99,9 Prozent) gewährleistet ist. Die Wassermoleküle wandern durch die Membran, werden an der Kathode reduziert und erzeugen so Wasserstoff. Der erzeugte Wasserstoff wird anschließend über die Gasdiffusionsschicht an die Ausgangsleitung abgegeben. In der mildalkalischen Umgebung des AEM-Elektrolyseurs kehrt das verbleibende Hydroxidion (OH–) über die Membran in die Anodenhalbzelle zurück. Das ausgetauschte OH– ist ein Anion – dieses gibt der AEM ihren Namen.

PEM-Elektrolyse (auch „saure E.“)

Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird destilliertes Wasser der Anode zugeführt und in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Die beiden Protonen (H+), die dabei entstehen, diffundieren durch die Membran (Proton Exchange Membrane – PEM )zur Kathode, wo sie mit Elektronen zu Wasserstoff kombiniert werden. Der PEM-Elektrolyseur besteht aus einer protonendurchlässigen Polymermembran (engl. „proton exchange membrane“ oder „polymer electrolyte membrane“). Diese ist kathodenseitig mit einer porösen Elektrode aus Platin und anodenseitig mit Edelmetallen (meist Iridium und Ruthenium) beschichtet. An diese Elektroden wird eine äußere Spannung angelegt. Die katalytische Wirkung der Edelmetall-Elektrode führt zur Zersetzung des Wassers an der Anodenseite: Es entstehen Sauerstoff, freie Elektronen und positiv geladene H+-Ionen. Die Wasserstoff-Ionen diffundieren durch die protonenleitende Membran auf die Kathodenseite, wo sie sich mit den Elektronen zu Wasserstoff kombinieren. Reversible Brennstoffzellen auf PEM-Basis können sowohl als Brennstoffzelle als auch als Elektrolyseur arbeiten und können damit in Kombination mit einem Gasspeicher als Energiespeicher dienen. (de.wikipedia.org)

Alkalische Elektrolyse (AEL)

Zwei nickelbasierte Elektroden sind durch ein Diaphragma voneinander getrennt. An der Kathode entstehen aus Wasser unter Elektronenaufnahme Hydroxidionen und Wasserstoff. Die Hydroxidionen wandern aufgrund ihrer negativen Ladung durch das Diaphragma zur Anode, wo sie unter Elektroden­abgabe zu Sauerstoff und ­Wasser reagieren.

Hochtemperaturelektrolyse (HTE oder Dampfelektrolyse)

ist ein Elektrolyseverfahren zur Gewinnung von Wasserstoff (H2) aus Wasser bei hohen Temperaturen zwischen 100 °C und 850 °C. Je nach Elektrolyseur können auch kohlenstoffhaltige und andere Verbindungen zersetzt werden. HTE ist als effizienterer Weg zur Herstellung von Wasserstoff, EE-Gas (Synthesegas), kohlenstoffneutralen Kraftstoff und Energiespeicherung interessant. Für den wirtschaftlichen Betrieb ist jedoch neben der Verfügbarkeit von günstigen, CO2-neutralen Energiequellen auch eine Reduktion der Kapitalkosten nötig. Es wird jedoch mit einem erheblichen Einsparungspotential gerechnet und nach Branchenumfragen sollen 2030 750 € / kWel, 2050 gar 153€/kWel (inflationsbereinigt, bezogen auf 2017) erreicht werden. Problematisch für die Verwendung von fluktuierenden Strom ist der im Vergleich zur alkalischen oder PEM-Elektrolyseure schmalere Betriebsbereich sowie die aufgrund der hohen thermischen Spannungen unvermeidbaren Materialbeanspruchungen bei Lastwechseln. Zusätzlich kann die für den Betrieb notwendige hohe Temperatur lange Aufheizphasen bedingen, sodass die Aktivierungszeit aus dem Stillstand relativ lang ausfällt. Insgesamt scheinen PEM-Elektrolyseure für den Betrieb von stark fluktuierenden Strom besser geeignet zu sein, während der höhere Wirkungsgrad der HTE günstigere Produktion bei Dauerbetrieb verspricht. (wikipedia.org/Hochtemperaturelektrolyse)

Hochtemperatur-Co-Elektrolyse

Bei der Hochtemperatur-Co-Elektrolyse werden Wasser und Kohlendioxid gemeinsam zu Synthesegas reduziert. Zum Verfahren erschienen ab 2010 vermehrt wissenschaftliche Publikationen und Studien. Die Festoxid-Elektrolyseurzelle (solid oxide electrolyser cell, SOEC) wurde 1980 zum Patent angemeldet, ab 2008 wurden diverse Patente zur Beschaffenheit vom Elektroden dafür eingereicht und später erteilt.

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