Mülltrennung: VerbraucherInnen brauchen Finanz-Anreize und Informationen
2050 wird es Schätzungen zufolge 33.000 Millionen Tonnen Plastikmüll auf der Erde geben. Gleichzeitig übersteigt der Bedarf an hochwertigen Rezyklaten seit Jahren das Angebot am Markt. Bislang wird noch zu viel hochwertiger Kunststoff als Müll verbrannt, statt ihn zu recyceln. Das will das Berliner Start-up Circleback ändern, indem es ein Pfandsystem für Kunststoffverpackungen aus dem Badezimmer aufbaut. Der erste Pfandautomat soll laut einer Medienmitteilung vom 04.04.24 im Lebensmittelmarkt Moch am Berliner Alexanderplatz stehen – und dort leere Shampoo- und Duschgel-Flaschen, Zahnpasta-Tuben und Creme-Dosen „schlucken“. Eine Untersuchung der Uni Hohenheim zeigt zudem: VerbraucherInnen sind gewillt, ihren Müll zu trennen. Doch Fehlinformationen und Wissenslücken stehen dem oft entgegen.
Der darin gesammelte Wertstoff wird zu Rezyklat verarbeitet, das die Markenhersteller für neue Verpackungen nutzen können. Anbieter des Pfandsystems ist das Startup Circleback, das den Aufbau eines bundesweit flächendeckenden Pfandsystems für Plastikverpackungen aus dem Badezimmer plant.
„Plastikverpackungen sind ein wertvoller Rohstoff, der bislang nur zu einem Bruchteil genutzt wird“, so Unternehmensmitgründer Brett Dickey. „Wir wollen allen VerbraucherInnen die Möglichkeit geben, mit ihrem Handeln echte Kreislaufwirtschaft zu unterstützen.“ Der Aufbau eines bundesweit flächendeckenden Pfandsystems ist geplant, der Aufbau in europäischen Ländern wie Österreich, Luxembourg oder auch in der Türkei.
Allerdings trennen viele Privathaushalte ihren Müll nicht korrekt, weshalb sich nur ein geringer Anteil des Plastikmülls zur Wiederverwertung eignet. Die bereits zitierte Studie am Fachgebiet Verbraucherverhalten in der Bioökonomie der Universität Hohenheim, Stuttgart, zeigt: VerbraucherInnen in Deutschland sind gewillt ihren Müll korrekt zu trennen, wünschen sich aber mehr Aufklärung zu den Themen Mülltrennung, Plastikherstellung und Recycling. Auch ein erweitertes Pfandsystem und Strafzahlungen für das Falschsortieren könnten einen Anreiz zur Mülltrennung bieten.
Allein 2017 entfielen 46 % (152 Millionen Tonnen) der globalen Plastikerzeugung auf Verpackungen – Tendenz steigend. Der Grund: Plastik ist vielseitig einsetzbar und eignet sich vor allem dazu, Lebensmittel haltbar zu machen und beim Transport zu schützen, wird demzufolge immer mehr eingesetzt. „Wird Plastikabfall separat entsorgt, kann er wiederverwertet werden“, erläutert Ellen Mielinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Verbraucherverhalten in Hohenheim. Daher sei es ein großes Problem, dass viele Privathaushalte ihren Müll falsch oder gar nicht trennten.
Befragung von Verbraucherinnen und Verbrauchern
„Wir wollten herausfinden, warum Privatpersonen ihren Müll häufig nicht richtig trennen und welche Anreize sie bräuchten, um sich näher mit dem Thema Mülltrennung zu beschäftigen“, so Mielinger. Gemeinsam mit Jun.-Prof. Dr. Ramona Weinrich, Leiterin des Fachgebiets Verbraucherverhalten in der Bioökonomie, führte Mielinger eine qualitative Untersuchung durch: In zwei Diskussionsrunden erhielten jeweils sieben Privatpersonen die Möglichkeit, ausführlich über ihre Gewohnheiten und Herausforderungen bei der Mülltrennung zu sprechen. „Die Methode hat den Vorteil, dass die Teilnehmenden eigene Vorschläge und Wünsche äußern können“, führt Mielinger aus. „Zu wissen, welche Anreize Privatpersonen benötigen, kann beispielsweise für die Abfallpolitik nützlich sein.“ Auch das Verpackungsdesign könne so verbessert werden.
Wissenslücken und Fehlinformationen erschweren korrekte Mülltrennung
Falsche Annahmen und Gerüchte stehen der Motivation, den Haushaltsmüll korrekt zu trennen, häufig im Weg. Vor allem die Entsorgung von Verbundverpackungen sei problematisch: „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben Schwierigkeiten, die unterschiedlichen Materialien dieser Verpackungen zu identifizieren.“ Außerdem sei unklar, ob Joghurtbecher und andere Plastikverpackungen vor der Entsorgung ausgespült werden müssten. BewohnerInnen kleinerer Wohnungen in Stadtzentren hätten zudem mit Platzproblemen zu kämpfen: „Fehlt der Platz, um mehrere Müllbehälter aufzustellen, erschwert das auch die Müllsortierung“, so Mielinger.
Motivationsfaktoren: Pfandsysteme, Strafzahlungen und Infos zur Mülltrennung
Die Studie ergab zudem, dass sich VerbraucherInnen mehr Informationen zur korrekten Mülltrennung wünschen. „Bei der Informationssuche sind vor allem die Social-Media-Kanäle und das Internet gefragt“, so Weinrich. „Zudem besteht der Wunsch, die Themen Abfallentsorgung und Recycling stärker in die Stundenpläne von Schulkindern zu integrieren“. Auch finanzielle Faktoren bieten einen Anreiz, den Haushaltsmüll korrekt zu sortieren. Die Teilnehmenden schlugen vor, das Pfandsystem für Einwegflaschen auf andere Plastikverpackungen auszuweiten. Auch Strafzahlungen für falsch sortierten Abfall böten einen Anreiz, sich mit dem Thema Mülltrennung zu beschäftigen.
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