EU fördert Projekt in der Mikroelektronik: Innovativ, souverän und umweltfreundlich
Hersteller in der Europäischen Union seien mehr und mehr auf mikroelektronische Komponenten von außerhalb der EU angewiesen, so eine Medienmitteilung vom 06.06.2024 der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Das mache sie anfällig für Engpässe in der Materialversorgung. Um die Hightech-Entwicklung der EU zu unterstützen und ihre industrielle Unabhängigkeit zu stärken, seien neuartige Technologien mit radikal neuen Konzepten erforderlich. An solchen Konzepten arbeiten WissenschaftlerInnen – in den kommenden vier Jahren vom Europäischen Innovationsrat (EIC) im Pathfinder-Programm mit rund 3,9 Millionen Euro gefördert – im EU-Projekt OBELIX – „Orbital Engineering for Innovative Electronics“.
„Wir arbeiten hier Seite an Seite mit renommierten Einrichtungen aus Frankreich und Schweden sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg an sparsamen, umweltfreundlichen Technologien für die Mikroelektronik. Diese Thematik gehört in unserer Forschung zu den Highlights der nächsten Jahre“, betont Prof. Dr. Mathias Kläui von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).
Neue Techniken für innovative Mikroelektronik
Das Projekt OBELIX wird vom Centre national de la recherche scientifique (CNRS) koordiniert und hat eine Laufzeit von vier Jahren bis 2028. Für das Projekt ist entscheidend, dass die gesuchten neuen Technologien sowohl Nachhaltigkeit als auch Widerstandsfähigkeit gegenüber Unterbrechungen in den Lieferketten vorweisen. Gleichzeitig müssen sie den ökologischen Fußabdruck dieses wachsenden Sektors reduzieren. „Wir verfolgen konkret die Idee, besonders effizientes magnetisches Schalten beispielsweise von Speichern zu entwickeln, indem wir den Bahndrehimpuls als neue Quelle verwenden“, erklärt Prof. Dr. Mathias Kläui. Gegenüber der bisherigen Nutzung des Spindrehimpulses könnte damit eine Verbesserung um das Zehnfache erzielt werden: ein zehnmal geringerer Stromverbrauch oder zehnmal schnellere Schaltungen bei gleichem Energiebedarf. „Als zweiten Punkt legen wir einen Schwerpunkt auf Systeme, die weniger seltene Materialien benötigen“, so Kläui, Professor am Institut für Physik der JGU. Das betrifft vor allem Materialien mit Seltenen Erden, die tatsächlich selten sind oder großteils in China oder Russland lagern oder gefördert werden. „Wir wollen den Bahndrehimpuls mit Materialien erzeugen, die nicht selten und nicht umweltschädlich sind.“ Als Beispiel nennt der Physiker kupferbasierte Verbindungen.
EIC Pathfinder für visionäre und risikoreiche Projekte im frühen Entwicklungsstadium
Mit dem Pathfinder-Programm des Europäischen Innovationsrats sollen radikal neue Technologien identifiziert werden, die das Potenzial haben, ganz neue Märkte zu schaffen. Dazu werden visionäre und risikoreiche Projekte in einem frühen Entwicklungsstadium gefördert, bei denen über die Grundlagenforschung hinaus eine klare technologische Entwicklungsmöglichkeit besteht. Bei den Antragstellern, die an einem EIC-Pathfinder-Projekt teilnehmen, handelt es sich in der Regel um visionäre Wissenschaftler*innen und unternehmerisch denkende Forschende aus Universitäten, Forschungseinrichtungen, Start-ups, Hightech-KMU oder um industrielle Akteure, die an technologischer Forschung und Innovation interessiert sind.
An OBELIX sind neben dem CNRS, der JGU und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg auch das CNRS Innovation, die Aix-Marseille Université, die Universität Uppsala, das Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives in Frankreich und die französischen Unternehmen Imagine Optic und Thales beteiligt.
Prof. Dr. Mathias Kläui, der zusammen mit Prof. Dr. Yuriy Mokrousov für die JGU die Forschungen von OBELIX am Standort Mainz betreut, ist Direktor des Forschungszentrums TopDyn – Dynamics and Topology und Standortsprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio „Spin+X – Spin in its collective environment“ (SFB/TRR 173) der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) mit der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert die Forschungsteams aus der Physik und der Chemie nunmehr in der dritten Phase seit Anfang 2024 mit rund 11 Millionen Euro.