Klimakompensation: Projekte bringen weniger als gedacht

Ernüchternde Ergebnisse zur Wirksamkeit von CO2-Kompensation: Im Durchschnitt würden nur etwa 16 Prozent der angestrebten Emissionsminderungen tatsächlich erreicht.

Die identifizierte Lücke zwischen versprochenen und tatsächlichen Einsparungen entspricht damit etwa den jährlichen Emissionen Deutschlands.

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Viele Versprechen halten nicht, was sie für den Klimaschutz versprechen. Für effektiven Klimaschutz und Vertrauen in die Maßnahmen sind bessere Kontrollen notwendig. Bild von CapeCom

Nur ein Fünftel der Emissionsziele erreicht: Wie wirksam sind CO2-Kompensationsprojekte?

Eine neue Metastudie im Fachjournal Nature Communications zeigt: Klimaschutz-Projekte, die CO2-Emissionen ausgleichen sollen, erreichen ihre Ziele bei weitem nicht. Die Forschenden um Benedict Probst von der Universität Cambridge haben über 60 wissenschaftliche Studien zu verschiedenen Klimaschutzprojekten mit ernüchterndem Ergebnis ausgewertet.

Klimaschutz und CO2-Kompensation gehen oft Hand in Hand – zumindest in der Theorie. Ob beim Langstreckenflug, bei Produkten mit „klimaneutralem“ Label oder durch freiwillige Beiträge: Die Idee ist, Emissionen durch Maßnahmen wie Aufforstung, den Schutz von Wäldern oder erneuerbare Energien auszugleichen.

Die Studie zeigt, dass verschiedene Maßnahmen erhebliche Diskrepanzen zwischen den erwarteten und den tatsächlich erzielten Einsparungen aufweisen:

  • Effizientere Kochöfen in Entwicklungsländern erreichen nur elf Prozent der versprochenen Einsparungen.
  • Projekte zur Vermeidung von Abholzung kommen auf rund 25 Prozent.
  • Maßnahmen zur Zerstörung des extrem klimaschädlichen Gases HFC-23 erreichen lediglich 68 Prozent der geplanten Einsparungen.
  • Windkraftprojekte und verbessertes Waldmanagement zeigen laut der Studie oft gar keine statistisch nachweisbaren Effekte.

Besonders ernüchternd: Windkraftprojekte in China und verbessertes Waldmanagement in den USA zeigten laut Studie keinerlei statistisch nachweisbare Effekte auf die CO2-Bilanz.

Unzureichende Kontrolle ein grundlegendes Problem

„Das System setzt die falschen Anreize, da es auf einem marktbasierten Ansatz beruht“, erklärt Carsten Warnecke vom New Climate Institute. Statt ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen zu fördern, liege der Anreiz darauf, scheinbare Erfolge zu minimalen Kosten vorzuweisen.

Deswegen sei eins der Hauptprobleme der CO2-Kompensationsprojekte die mangelnde Überprüfung. Beispielsweise Aufforstungsmaßnahmen sind etwa schwer kontrollierbar. Werden gepflanzte Bäume nach wenigen Jahren abgeholzt oder durch Waldbrände zerstört, verpufft der ursprünglich errechnete Klimaeffekt.  Ein weiteres Problem: Manche Projekte wären auch ohne zusätzliche Finanzmittel aus Kompensationsprogrammen umgesetzt worden. Wenn mit diesen Geldern beispielsweise ein ohnehin geplanter Windpark gebaut wird, bleibt der Beitrag zur Emissionsminderung gleich null.

Prof. Jan Börner von der Universität Bonn sieht grundsätzliche Probleme: „Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass die von den untersuchten Initiativen tatsächlich reduzierten Emissionen im Durchschnitt deutlich unter den geplanten und durch Emissionszertifikate attestierten Emissionsreduktionen lagen.“

Für die Zukunft des Klimaschutzes habe dies weitreichende Konsequenzen, meint Dr. Gunther Bensch vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung: „Carbon Crediting ist ein wichtiges Instrument für den Klimaschutz, da es Emissionseinsparungen dort ermöglicht, wo sie am kostengünstigsten sind.“ Die Studie stelle diesen Ansatz nicht infrage, weise jedoch auf die Notwendigkeit hin, die Berechnung und Zuteilung von Emissionsgutschriften strenger zu gestalten.

Reformen dringend nötig

Strengere Vorschriften, mehr Transparenz und eine realistischere Berechnung der CO2-Einsparungen sind dringend erforderlich. Besonders vielversprechend sind Technologien und Projekte, die tatsächlich zusätzliche Effekte erzielen können, wie die Umrüstung von Kühlanlagen in ärmeren Ländern, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern. Die Forschenden fordern deshalb grundlegende Reformen der Anrechnungsmechanismen, um die Glaubwürdigkeit des Systems zu stärken.

Die identifizierte Lücke zwischen versprochenen und tatsächlichen Einsparungen ist enorm. Fast eine Milliarde Tonnen CO2, etwa so viel wie die jährlich Emission Deutschlands, wurde durch die analysierten Projekte nicht eingespart. Diese Zahlen zeigen, dass Klimaneutralität durch fehlerhafte Berechnungen und unzureichend kontrollierte Maßnahmen nicht erreichbar ist.

Die Reform der Anrechnungsmechanismen ist deshalb unverzichtbar, um die Glaubwürdigkeit des Systems zu stärken. Nur so kann Klimaschutz nicht nur als Werbeversprechen, sondern auch als wirkungsvolle Maßnahme zur Bewältigung der Klimakrise funktionieren.

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