Nachhaltigkeitsinitiative von Wirtschaft und Gewerkschaft
Nicht übertrieben von der Öffentlichkeit wahrgenommen hat die chemische Industrie am 29.05.2013 ihre Kräfte unter einem Dach gebündelt, „um das Prinzip Nachhaltigkeit voranzutreiben“, so eine Pressemitteilung. Mit der gemeinsamen Initiative Chemie³ von Wirtschaftsverband (VCI), Gewerkschaft (IG BCE) und Arbeitgeberverband (BAVC) arbeite erstmals eine ganze Branche daran, Nachhaltigkeit als Leitbild zu verankern, teilten die Gründer bei einer Pressekonferenz in Frankfurt mit. Nachhaltigkeit werde als Verpflichtung gegenüber den jetzigen und künftigen Generationen verstanden – und als Zukunftsstrategie, in der wirtschaftlicher Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung verknüpft sei. Darauf hingewisen hat jetzt erneut Susanne Bergius in ihrem Handelsblatt-Newsletter Nachhaltige Investments.
„Unternehmen müssen für die Folgen ihres Handelns gerade stehen“, fordert Bergius im Hinblick zum Beispiel auf die „Plastiksuppe in den Ozeanen, das Problem der Mikropartikel im Meer“ im Vorwort ihres Newsletters. Bislang sei außer den Aktivitäten von NGOs nicht allzuviel geschehen. „Doch wenn auch Investoren drängen, steigt der Handlungsbedarf“. Denn „angesichts der – weithin ignorierten – Herausforderung sollten sich Anleger nicht auf den Druck verlassen, den NGOs ausüben, sondern kräftig am selben Strang ziehen und Unternehmen sowie Regulatoren auf ihre Verantwortung hinweisen.“
Mehr als gute PR-Veranstaltung?
Die Initative Chemie³ muss auch in diesem Zusammenhang kritisch beobachtet werden, ob sie mehr ist als eine gut gemachte PR-Veranstaltung zur Vorbeugung befürchteten wachsenden regulatorischen Drucks. Kern der Initiative sind laut gleichlautenden Selbstdarstellungen „die 12 Leitlinien zur Nachhaltigkeit für die chemische Industrie in Deutschland. Als branchenspezifischer Rahmen geben die Leitlinien den Unternehmen und ihren Beschäftigten Orientierung für ihr Handeln – ob es um Investitionsentscheidungen, Energiefragen oder beispielsweise Sozialpartnerschaft geht. Entstanden sind die Leitlinien in einem intensiven Dialog, unter anderem mit Vertretern aus Gesellschaft und Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.“
Susanne Bergius „wundert der deutsche Vorstoß etwas“, wo doch die Leitlinien der weltweiten Initiative „Responsible Care (des European Chemical Industry Council – S_Y) seit 1991 auch in Deutschland gälten. Deren Ziel sei die ständige Verbesserung der Leistungen für Umweltschutz, Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Produktverantwortung und Sicherheit für Werke und Nachbarschaft. Bergius: „Reicht das nicht? Offensichtlich nicht. Denn Responsible Care ist eine einseitige Industrieerklärung.“ VCI-Präsident Karl-Ludwig Kley betonte denn auch, die Nachhaltigkeitsinitiative sei keine „Kuschelaktion“ der drei Allianzpartner: „Wir ziehen alle an einem Strang, weil wir davon überzeugt sind, dass Nachhaltigkeit nicht verordnet werden kann. Nachhaltigkeit muss gemeinschaftlich umgesetzt werden.“
Einen erster gemeinsamer Branchenbericht soll über Ziele und Lösungen der Chemiebranche unterrichten. Beispiele, Daten und Fakten veranschaulichen den Beitrag der chemischen Industrie zur nachhaltigen Entwicklung. Den gesellschaftlichen Dialog möchte Chemie³ verstärken. „Beim Austausch mit der Politik wird aus Sicht aller drei Partner eine ressortübergreifende Diskussion über industriepolitische Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland für besonders notwendig erachtet,“ so die Initiative.
Folgt: Ganzheitlicher Ansatz – nicht nur Ökologie – und: „Initiative übt sich in Selbstlob – konkrete Ziele fehlen„